Die „Gespräche“ des Konfuzius – neu übersetzt von Hans van Ess

Konfuzius: Gespräche
"Der Meister erklärt seinem Jünger Zilu die Weisheit der Fasanenhenne", Holzstich aus dem 16. Jahrhundert. Konfuzius lebte vermutlich von 551 bis 479 v. Chr. und wurde in der Stadt Qufu im chinesischen Staat Lu (der heutigen Provinz Shandong) geboren, wo er auch starb.

Die „Gespräche“ des Konfuzius sind ein Grundtext des Konfuzianismus und ein weltweit gelesener Leitfaden der Menschenbildung.

In Zeiten politischer Wirren und persönlicher Schicksalsschläge lehrt Konfuzius, auch in schwierigen Situationen Haltung zu bewahren und respektvoll mit anderen umzugehen. Er erklärt, was wahre Höflichkeit ist, und kritisiert die Mächtigen, denen die notwendige charakterliche Stärke für ihr Amt fehlt.

Der Sinologe Hans van Ess geht mit seiner kommentierten Neuübersetzung weit über die bisherigen Übertragungen hinaus, indem er die Schlüsselbegriffe des Konfuzius neu deutet, den Texten ihren historischen Kontext zurückgibt und sie dadurch nur umso klarer und direkter zu uns sprechen lässt.

Seine meisterhafte Übertragung lässt einen Lehrer der Persönlichkeitsbildung und des richtigen Umgangs mit Menschen neu entdecken, der in seiner Geradlinigkeit und Klarheit erstaunlich zeitgemäß ist.

Konfuzius: Gespräche
Die Neuübersetzung hat 816 Seiten mit 24 Abbildungen und einer Karte. – Bild: C. H. Beck

Doch keine Sprüchesammlung, sondern ein durchkomponierter Text?

Die „Gespräche“ des Konfuzius, eines der berühmtesten Werke der chinesischen Literatur, geben viele Rätsel auf: Wer hat die Sätze zusammengestellt? Stammen sie alle vom Meister Kong Qiu selbst, der um 500 v. Chr. im Staate Lu lebte?

Bisher war man sich weitgehend einig, dass es sich um eine eher zufällig entstandene Sammlung von mehr oder weniger verständlichen Sprüchen handelt. Hans van Ess zeigt dagegen, dass sich die Bedeutung am klarsten erschließt, wenn man von einem durchkomponierten Text ausgeht und konsequent den historischen und inhaltlichen Kontext beachtet.

Erstmals in deutscher Sprache überwindet er so die christliche und humanistische Rede von „Güte“, „Tugend“ oder „Riten“, die auch noch jüngeren Neuübersetzungen anhaftet, und lässt uns ein Werk neu verstehen, dem es stattdessen um Sensibilität, Persönlichkeit und Höflichkeit ging.

Seine instruktiven Kommentare erklären die Übersetzung und lassen die Lehre des Konfuzius in neuem Licht erscheinen.

Konfuzius: Gespräche
Bild: C. H. Beck

Warum eine neue Übersetzung der Gespräche des Konfuzius?

In der Einleitung erläutert Hans van Ess, warum er eine Neuübersetzung für notwendig hielt und welchen Ansatz er dabei verfolgt hat:

Konfuzius-Sprüche sind Legion. Sei es im Journalismus, sei es in politischen Sonntagsreden oder in christlichen Predigten: Der chinesische Philosoph wird in der deutschsprachigen Öffentlichkeit gerne zur Bestätigung der Richtigkeit eigener Auffassungen herangezogen.

Dabei spielt es zumeist keine Rolle, ob die Sprüche historisch belegbar sind. In der großen Mehrzahl sind sie frei erfunden oder durch freie Wiedergabe bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet, so dass man sie in China nicht wiedererkennen würde.

Aber auch in der traditionellen chinesischen Literatur sind viel mehr Worte des Konfuzius überliefert, als in den Gesprächen des Konfuzius (Lunyu) zu finden sind. Diese sind allerdings die wichtigste Quelle zu den Gedanken des Konfuzius, und sie sind einer der am häufigsten aus dem Chinesischen übersetzten Texte, die es gibt. […]

Warum also sollte es notwendig sein, sich an einer neuen Übersetzung zu versuchen? Grund ist, dass die neuen Übersetzungen fast ausnahmslos wissenschaftlich keine wirklich neuen Erkenntnisse liefern. Vielmehr spiegeln sie die persönlichen Vorlieben der Übersetzer bei der Wiedergabe der schwierigen Begrifflichkeiten des Altchinesischen und uneindeutiger Sätze wider, die aber selten durch eine wissenschaftliche Argumentation abgesichert sind.

Überdies zeichnen sich die neuen Übersetzungen generell durch Kürze aus. Das ist eigentlich eine Tugend, doch im Fall eines so häufig übersetzten Textes wie des Lunyu wären genauere Begründungen für Übersetzungsentscheidungen eben doch angebracht. Die Selbstverständlichkeit, mit der viele moderne Übersetzer über die Notwendigkeit hinweggegangen sind darzulegen, warum ihre Neuübersetzung noch erforderlich sein soll, hat manch berechtigten Spott auf sich gezogen. […]

Bisher sind Übersetzer zumeist davon ausgegangen, dass die Gespräche aus weitgehend unzusammenhängenden Sentenzen bestehen. […] Die vorliegende Übersetzung verfolgt den umgekehrten Ansatz: Sie geht davon aus, dass die Gespräche des Konfuzius, so wie sie heute vorliegen, ein bis ins kleinste Detail durchkomponierter Text sind. […]

Im Gegensatz zu früheren Übertragungen ist der Leitgedanke dieser Übersetzung, dass der Text von vorne bis hinten durchkomponiert ist. Den Übersetzungen der einzelnen Kapitel sind deshalb jeweils Einleitungen und Zusammenfassungen beigegeben, die die in den Kapiteln selbst dargelegten Nachweise dieser Zusammenhänge weiter verdeutlichen sollen. Liest man die Gespräche so, dann erschließt sich oft, wie ein Satz zu übersetzen ist und wie nicht. […]

Ein weiterer Punkt, der diese neue Übersetzung der Gespräche von ihren Vorgängern unterscheidet, ist die Tatsache, dass sie in viel stärkerem Maße versucht, die einzelnen Sprüche und Dialoge zu kontextualisieren. Der historische Zusammenhang ist dabei genauso wichtig wie der inhaltliche.

Zu fast allen Textstellen liegen Parallelen in anderen Texten vor. Da man traditionell davon ausgegangen ist, dass zumindest im Normalfall die anderen Texte die Gespräche zitierten, ist oft übersehen worden, dass es sich auch umgekehrt verhalten haben kann. Wo Letzteres der Fall ist, wird der Kontext in den Paralleltexten besonders wichtig. Dieser legt wiederum häufig ein Verständnis nahe, das von demjenigen späterer Kommentatoren, auf die sich die Übersetzer oft stützten, abweicht.

Rezensionen

„Der Sinologe Hans van Ess geht mit seiner kommentierten Neuübersetzung weit über die bisherigen Übertragungen hinaus, indem er die Schlüsselbegriffe des Konfuzius neu deutet.“ – Sachbuch-Bestenliste von WELT, NZZ, RBB Kultur und ORF im Juni 2023

„Ein Meilenstein in der deutschsprachigen Rezeption der großen chinesischen Weisheitslehren.“ – OE1 Salzburger Nachtstudio

„Nichts weniger als eine, doch, man darf es so sagen: Sensation.“ – OE1 Kontext, Günter Kaindlstofer

„Das Unterfangen dieser Neuübersetzung verdient jedenfalls Applaus, die Lektüre verspricht auch ohne einschlägiges Vorwissen Erkenntnisgewinn.“ – Die Presse

„Die Gespräche lassen sich wie ein großer Katechismus lesen, und man ist verblüfft, wie überzeugend dieses Lektüreangebot ist.“ – Fachbuchjournal, Helwig Schmidt-Glintzer

Bibliografische Angaben

  • Konfuzius (2023): Gespräche. Neu übersetzt und erläutert von Hans van Ess. München: C. H. Beck. 816 Seiten mit 24 Abbildungen und einer Karte. Buch 48,00 Euro, E-Book 36,99 Euro, ISBN 978-3-406-79734-7. Bei Amazon bestellen.

PM C. H. Beck