Wegen Spardiktat der Politik: Goethe-Institut schließt neun Niederlassungen, vor allem in Frankreich und Italien

Goethe-Institut
Bild: GI

Durch die Kürzung finanzieller Mittel haben der Deutsche Bundestag und das Auswärtige Amt das Goethe-Institut (GI) gezwungen, ein Sparkonzept vorzulegen, dessen Umrisse nun veröffentlicht wurden.

„Um die Handlungsfähigkeit des Goethe-Instituts weiterhin zu gewährleisten und gleichzeitig den Ausbau der neuen Präsenzen zu ermöglichen“, sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Mittelfristige Einsparungen von rund 24 Mio. Euro pro Jahr
  • Schließung von 9 der derzeit 158 Institute und einem Verbindungsbüro: Rotterdam, Straßburg (Verbindungsbüro), Lille, Bordeaux, Triest, Turin, Genua, Curitiba, Osaka und Washington
  • Veränderung, Verkleinerung oder Zusammenführung von Strukturen sowie der Umzug von Präsenzen in günstigere Liegenschaften
  • Abbau von bis zu 110 Stellen im gesamten Netzwerk
  • Stellenabbau in der Zentrale des Goethe-Instituts in München

Der Vorstand plant, soziale Härten unter Berücksichtigung der jeweiligen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen nach Möglichkeit durch den Verzicht auf Nachbesetzungen, durch natürliche Fluktuation und die Nutzung von Vorruhestandsregelungen abzumildern.

„Wir haben uns die getroffenen Entscheidungen nicht leicht gemacht, denn viele der jetzt beschlossenen Maßnahmen sind schmerzhaft“, so Goethe-Generalsekretär Johannes Ebert. „Aber sie sind die notwendige Voraussetzung dafür, die Arbeit des Goethe-Instituts zukunftssicher und wirksam aufzustellen.“

In Deutschland ansässige Institute, die sich über die Gebühren für Sprachkurse und Prüfungen weitgehend selbst finanzieren und keine öffentliche Förderung erhalten, sind von den Maßnahmen nicht betroffen.

Das Goethe-Institut wird überwiegend aus dem Bundeshaushalt finanziert, vor allem durch Zuwendungen des Auswärtigen Amts aus den Mitteln für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik.

Carola Lentz
Muss die bittere Pille schlucken: Prof. Dr. Carola Lentz, Präsidentin des Goethe-Instituts. – Bild: Cordula Flegel / GI

Sprachkurse online statt in Präsenz

Teil der „Transformationsagenda“ ist außerdem, das Angebot an Sprachkursen, Prüfungen und Förderprogrammen „digitaler und effektiver“ zu gestalten. Im Klartext: Bisherige Präsenzkurse werden auf Online-Unterricht umgestellt.

Neue regionale Schwerpunkte: Im Westen wird gekürzt, im Osten aufgebaut

Das Goethe-Institut will sein Engagement in Mittel- und Osteuropa, im Kaukasus, im Südpazifik sowie in der Landesmitte der USA stärken.

Neben den Goethe-Instituten Warschau und Krakau soll eine weitere Präsenz in Polen aufgebaut werden. Weiterhin wird sich das Goethe-Institut stärker in der Republik Moldau und im Südpazifik engagieren. Auch in den USA wird die schon begonnene Arbeit in der Landesmitte durch Präsenzen in Texas und im Mittleren Westen intensiviert.

Diese Neuausrichtung geht nicht ohne Einschnitte an anderer Stelle: Die Schließung von Instituten, der Abbau von Stellen sowie Maßnahmen zur Effizienzsteigerung sollen zu den notwendigen Einsparungen führen.

Politik will GI für „Fachkräfteeinwanderung“ instrumentalisieren

Ralf Beste, Abteilungsleiter Kultur und Gesellschaft des Auswärtigen Amts, lobt das Institut für die jetzt beschlossenen Streichungen und Umstrukturierungen:

Es ist gut und wichtig, dass das Goethe-Institut jetzt diese Reform in die Hand nimmt und damit seine Handlungsfähigkeit stärkt. So können wir besser auf die Ziele eingehen, die wir mit unserer Kultur- und Bildungspolitik in der Zeitenwende erreichen wollen, darunter der verstärkte Austausch mit den Gesellschaften Osteuropas oder die Vorintegration von Fachkräften in Ländern des Globalen Südens.

Die Aktivitäten des Goethe-Instituts im Bereich der Fachkräfteeinwanderung sollen vor allem in Ländern „mit hohem Potenzial wie Brasilien, Indien, Indonesien und Mexiko“ ausgeweitet werden.

Johannes Ebert
Johannes Ebert ist Generalsekretär des Goethe-Instituts. – Bild: Bernhard Ludewig / GI

Präsidium macht gute Miene zum bösen Spiel

Die Präsidentin des Goethe-Instituts, Prof. Dr. Carola Lentz, weist darauf hin, dass die Arbeit des Goethe-Instituts „wichtiger denn je“ sei:

Sie ermöglicht, dass Menschen weltweit unser Land und unsere Sprache kennen lernen. Sie stärkt den Austausch zwischen Gesellschaften und schafft Netzwerke und Freiräume, in denen wir gemeinsame Antworten auf globale Herausforderungen entwickeln können.

Dennoch bleibt ihr nichts anderes übrig, als dem Spardiktat der Politik Folge zu leisten. Beschönigend spricht das Institut von „Reformen“ und einer „Neuausrichtung“ wegen veränderter „geopolitischer und finanzieller Rahmenbedingungen“. Der Kahlschlag wird als „Transformation“ schöngeredet.

Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, erläutert, das jetzt beschlossene „Transformationskonzept“ sei in Monaten intensiver Arbeit „in einem strategischen Dialog mit dem Auswärtigen Amt“ entwickelt worden:

Unser vorrangiges Ziel ist es, gerade in Zeiten finanzieller Herausforderungen neue Spielräume zu schaffen. Nur dann können wir unsere Kernaufgaben der Kultur-, Sprach- und Informationsarbeit stärken und neue Impulse in der internationalen Kooperation setzen. Deshalb werden wir Ressourcen anders verteilen, digitale Angebote verstärken, bestehende Strukturen ab- und neue Präsenzen aufbauen.

Zielsetzung der vom Vorstand angestoßenen Veränderungen sei, den Anteil der fixen Ausgaben am Gesamtbudget zu senken und so Mittel für die operative Kultur-, Sprach- und Informationsarbeit weltweit freizusetzen.

Bundestag hatte Mittel gesperrt und GI damit erpresst

Nachdem das Goethe-Institut die verlangten Sparbeschlüsse jetzt vorgelegt hat, gab der Haushaltsausschusses des Bundestages die Überweisung von 14 Mio. Euro an das Goethe-Institut frei. Dieser Anteil des Budgets 2023 war zuvor zurückgehalten und im Rahmen eines sogenannten Maßgabebeschlusses an die Vorlage eines Konzepts zur künftigen Entwicklung des Goethe-Instituts gekoppelt worden.

Auswärtiges Amt hat GI-Jahresbudget um 7,8 Mio. Euro gekürzt

Nach einem Jahresbudget von 239 Mio. Euro für das GI im Jahr 2023 sieht der Regierungsentwurf für 2024 im Rahmen der Konsolidierung des Bundeshaushalts eine Reduktion um circa 3,3 Prozent vor, das entspricht 7,8 Mio. Euro. Die Institutionelle Förderung fällt damit in etwa auf das Niveau von 2018 zurück.

Gleichzeitig treffen Entwicklungen wie die hohe weltweite Inflation und die gestiegenen Energiepreise das internationale Netz der Institute hart.

Größtes deutsches Kulturinstitut wurde 1951 gegründet

Das 1951 gegründete Goethe-Institut ist das größte weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit derzeit 158 Instituten in 98 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild.

Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen an zahlreichen weiteren Orten verfügt das Goethe-Institut insgesamt über rund 1.000 Anlaufstellen weltweit.

Richard Schneider