Österreichische Wörter des Jahres 2023: Kanzlermenü, Klimakleber, Bodenfraß

Wörter des Jahres 2023 Österreich
Bild: ÖVGD

Die Gesellschaft für Österreichisches Deutsch hat heute in Graz mitteilt, wie die Wörter des Jahres 2023 in Österreich lauten.

Wörter des Jahres 2023

  1. Kanzlermenü: Die Jury schreibt: „In prägnanter und ironischer Weise fasst dieses Wort den Inhalt einer Aussage des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP) zusammen, der bei einem Treffen mit Parteikollegen meinte, dass in Österreich die billigste warme Mahlzeit ein Hamburger bei McDonald’s sei und sich das jeder leisten könne. Er verstand das als Empfehlung für arme Familien, ihren Kindern einen Hamburger von McDonald’s als Standardessen zu geben, weil dieser so billig sei, was medial großes Aufsehen und Unverständnis erregte.“
  2. Klimakleber: Sammelbegriff für verschiedene Aktivistengruppen, deren Mitglieder sich angesichts einer angeblichen „Klimakatastrophe“ aus Protest auf der Straße ankleben, um gegen das aus ihrer Sicht unökologische Verhalten der Autofahrer sowie die Untätigkeit der Politik zu protestieren.
    Die Jury charakterisiert die Täter mit sehr viel Sympathie und Verständnis und wünscht sich einen zärtlicheren Umgang mit ihnen: „Sie [die Klimakleber] reagieren dabei auf die ständig wachsende Anzahl von dramatischen Klimaveränderungen wie Starkregen, Stürme, Überschwemmungen, abschmelzendes Polareis usw. Dem steht neuerdings die Verfolgung dieser Aktivistengruppen nach dem Mafia-Paragraphen durch die Staatsanwaltschaft gegenüber.“
  3. Bodenfraß: In „sehr anschaulicher Weise“ beschreibe dieser Begriff den überdurchschnittlich hohen Verbrauch von Grund und Boden für Neubauten in Österreich, das innerhalb der EU zu den Ländern mit dem höchsten Bodenverbrauch zähle.

Unwörter des Jahres 2023

  1. Klimaterroristen: Der Ausdruck sei „stark abwertend“ gegenüber „engagierten jungen Menschen“, die sich dafür einsetzten, dass die offizielle Politik Maßnahmen gegen die „Klimakatastrophe“ ergreife. Das Wort sei „der Leitbegriff all jener, die an der derzeitigen Situation nichts verändern wollen bzw. von ihr profitieren“, so die Jury.
  2. Volkskanzler: Diese Eigenbezeichnung von FPÖ-Chef Herbert Kickl für den Fall, dass er Bundeskanzler wird, stehe begrifflich „in der Tradition der 1930er Jahre“, so die Jury. Adolf Hitler habe sich vor der Machtergreifung ebenfalls als „Volkskanzler“ bezeichnet.
  3. Normaldenkende: Die Juroren schreiben, dies sei ein neuer politischer Kampfbegriff einer österreichischen Partei, die damit versuche, die „Normaldenkenden“ gegen die „anderen“ auszuspielen, die sich für Veränderungen einsetzten.

Jugendwörter des Jahres 2023

  1. Brakka: „Brakka“ steht an sich schlicht für „Hose“. Allerdings kommt der Begriff immer in Kombination mit einem Adjektiv vor: Unterschieden wird zwischen einer „normalen Brakka“ und einer „skinny Brakka“ (hauteng). Das Wort hat seinen Ursprung in einem TikTok-Video und wird seither häufig verwendet, vor allem für Hosen, aber auch einfach als lustiges Füllwort für andere Gegenstände und sogar Menschen.
  2. side-eye: „Jemandem ein Side-eye geben“ meint einen Gesichtsausdruck, mit dem die Person von der Seite aus missbilligend oder komisch angeschaut wird. Wird eingesetzt, wenn man an der Person etwas seltsam findet.
  3. delulu: Abgewandelte Schreibform von „delusional“. Bedeutet auf Deutsch so viel wie „wahnhaft“, z. B. um ein krampfhaftes Fan-Verhalten zu bezeichnen, wenn sich jemand in eine Situation hineinsteigert oder Unrealistisches anstrebt, zum Beispiel wenn sich Fans eine Beziehung mit ihrem Idol vorstellen.

Spruch des Jahres 2023

  1. Mit de Einmalzahlungen können’s scheißen gehen.“ – Der Metallgewerkschafter Reinhold Binder drückt drastisch aus, dass er von den Gehaltsangeboten der Arbeitgeber nichts hält. Nach einer Reihe von Warnstreiks und weiteren Verhandlungsrunden hat sich mittlerweile jedoch für alle ein akzeptabler Lohnabschluss ergeben.
  2. Bringen Sie Ihre Blase zum Platzen. Denn wir müssen uns nicht liken, um uns zu mögen.“ – Ein Ausspruch von Bundespräsident Alexander van der Bellen.
  3. Wir brauchen eine Politisierung der Politik. Mehr Mut, Ehrlichkeit und Verantwortung.“ – Aussage von Othmar Karas, dem 1. Vizepräsident des Europäischen Parlaments (ÖVP).

Unspruch des Jahres 2023

  1. Dann wäre Wien noch Wien.“ – Schlagfertige Antwort des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusl (FPÖ) auf die Frage einer jugendlichen Migrantin, was Wien ohne die vielen Zuwanderer wäre. Der Politiker habe damit in sehr eindeutiger Weise die Ablehnung der Zuwanderer zum Ausdruck gebracht, so die Jury.
  2. Wisst ihr, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Sie ist net gsund … Ein Hamburger bei McDonald’s.“ – Aussage von Bundeskanzler Karl Nehammer.
  3. Die Partei soll mehr Kante für die große Mehrheit der Normaldenkenden zeigen. Leistung, Vernunft und Hausverstand für die breite Mitte sollen ins Zentrum rücken.“ – Aussage eines Funktionärs der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der Partei des Bundeskanzlers.

Teilnehmerzahl gegenüber Vorjahr verdoppelt

Die heurige Wahl fand vom 10. September bis 4. Dezember 2023 statt. An der Vorwahl nahmen 1.268 Personen teil, die insgesamt 1.472 Vorschläge für die Wörter, Unwörter, Jugendwörter, Sprüche und Unsprüche des Jahres eingesandt haben. An der eigentlichen Wahl nahmen 18.660 Personen teil, die 93.300 Stimmen in den 5 Kategorien abgegeben haben. Insgesamt haben bei Vorwahl und Wahl 19.928 Personen teilgenommen, was eine Steigerung von fast 100 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

Aus den Einsendungen der Vorwahl hatte die Jury am 5. November 2023 die Kandidatenwörter und Kandidatensprüche ausgewählt. Die Jury tagte am 4. Dezember 2023 zum zweiten Mal und bestimmte anhand der Abstimmungsergebnisse die Wörter und Sprüche des Jahres 2023, die dann am 7. Dezember 2023 bekannt gegeben wurden.

Die GSÖD ist eine wissenschaftliche Gesellschaft, die sich das Ziel gesetzt hat, die Verwendung des Österreichischen Deutsch (ÖD) in Österreich zu dokumentieren, zu erforschen und zu fördern.

Die Jury besteht aus sieben Professoren, zwei Doktorinnen, dem stellvertretenden Chefredakteur der Nachrichtenagentur APA sowie der Generalsekretärin des Public Relations Verbands Austria (PRVA). Vorsitzender der Jury und Initiator der Aktion ist Prof. Dr. Rudolf Muhr vom Forschungszentrum Österreichisches Deutsch der Gesellschaft für Österreichisches Deutsch.

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