KI-basierte Sprachdienstleistungen aus der Schweiz: Supertext und Textshuttle fusionieren

Samuel Läubli, Fabian Dieziger
Samuel Läubli, Mitgründer von Textshuttle und neuer CEO von Supertext, und Fabian Dieziger, Mitgründer und Verwaltungsrat von Supertext. - Bild: Supertext

Die Schweizer Text- und Übersetzungsagentur Supertext AG fusioniert mit der ebenfalls in Zürich beheimateten Textshuttle AG, die maßgeschneiderte Übersetzungslösungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt.

In einer Mitteilung heißt es, durch den Zusammenschluss entstehe aus zwei Teilen ein größeres Ganzes: ein Unternehmen mit 120 Mitarbeitern, das kundenspezifische KI-Übersetzungsmodelle und professionelle Übersetzer unter einem Dach vereine und diese auf neue Weise interagieren und voneinander lernen lasse.

Supertext bringt rund 90 Mitarbeiter ein, Textshuttle rund 30. Hinzu kommt ein globales Netzwerk aus über 3.000 freischaffenden Sprachprofis.

Der neue, KI-basierte Full-Service-Sprachdienstleister beschränkt seine Geschäftstätigkeit nicht auf die Schweiz. Supertext unterhält bereits seit Langem Niederlassungen in Berlin und Los Angeles.

Neue Führungsstruktur und geplantes Rebranding

Den CEO-Posten der neuen Firma übernimmt Samuel Läubli, Mitgründer und bisheriger CTO von Textshuttle. Läubli erlangte seinen Master in Artificial Intelligence an der University of Edinburgh und doktorierte am Institut für Computerlinguistik an der Universität Zürich, von wo aus er 2016 Textshuttle als Spin-off-Unternehmen mitgründete.

Laura Fernández, ehemalige CEO von Supertext Corporate und Lucas Seiler, bisheriger CEO von Textshuttle, ergänzen die neu gebildete Geschäftsleitung.

Die beiden Supertext-Mitgründer und Verwaltungsräte Fabian Dieziger und Rémy Blättler begleiten die Integration der beiden Unternehmen und übernehmen aktive Rollen im strategischen Business Development.

Zunächst werden Supertext und Textshuttle unter ihren bisherigen Namen weiter agieren und parallel die Integration aller Geschäftsbereiche vorantreiben. Für Ende 2024 sind der Launch einer gemeinsamen, voll integrierten Plattform sowie ein transformatives Rebranding unter dem Namen Supertext geplant.

Hybrider Ansatz eröffnet neue Möglichkeiten

Zu den Beweggründen des Zusammenschlusses erklärt Läubli:

Mit der Kombination von KI-basierter und menschlicher Übersetzung auf einer Plattform schaffen wir ein einzigartiges Angebot, das den gesamten Sprachbedarf anspruchsvoller Teams und Unternehmen aus einer Hand abdeckt. Ich bin überzeugt, dass wir mit der Fusion die Weichen für ein nachhaltiges Wachstum gestellt haben und freue mich sehr, die Transformation in der Rolle als CEO aktiv mitzugestalten.

Das künftige Angebot von Supertext soll den kompletten Bedarf international tätiger Unternehmen abdecken: vom kundenspezifisch trainierbaren Online-Übersetzer bis zu ISO-zertifizierten Service-Lösungen für mehrsprachige Dokumente, Webseiten, Apps, Webshops und Multimedia-Kampagnen.

Fabian Dieziger und Samuel Läubli
Fabian Dieziger und Samuel Läubli. – Bild: Supertext

„Wir haben Großes vor! In mehr als 100 Sprachen.“

In einem Gespräch mit Fabio Schmuki, dem Chief Marketing Officer von Supertext, erläutern Läubli und Dieziger die Beweggründe, die zu dem Zusammenschluss geführt haben.

Das Wichtigste zuerst: Warum fusioniert ihr?

Samuel Läubli:

Unsere Kunden sind schuld. Fabian und ich haben lange über ihre Herausforderungen in der mehrsprachigen Kommunikation gesprochen – und dabei festgestellt, dass weder Supertext noch Textshuttle sie alleine ganzheitlich meistern können.

Von welchen Herausforderungen eurer Kundschaft sprecht ihr konkret?

Fabian Dieziger:

Heute haben fast alle Unternehmen mehrere Partner, um mehrsprachig aktiv zu sein: Sprachdienstleister wie Supertext, bei denen sie wichtige Publikationen professionell übersetzen lassen. Und mindestens ein KI-System für die schnelle Übersetzung, z. B. von Inhalten für die interne Kommunikation.

Übersetzungsbüros liefern verlässliche Qualität und Beratung, sind aber oft zu teuer, zu langsam und zu umständlich in der Administration. KI-Systeme sind schnell und nutzerfreundlich, haben aber oft Limitationen bei der Sprachqualität und der Datensicherheit.

Und wie packt ihr das Ganze jetzt gemeinsam an?

Fabian Dieziger:

Indem wir kundenspezifische AI-Translation-Systeme auf einer einzigen Plattform nahtlos mit dem Service der kreativsten Sprachprofis verbinden. Eine Lösung, bei der die KI laufend von den Expert*innen lernt – und umgekehrt. Ein One-Stop-Shop für jedes mehrsprachige Bedürfnis, von der internen E-Mail bis zum Skript für die internationale TV-Kampagne.

AI als Wundermittel preisen gerade viele. Was ist bei euch besser?

Samuel Läubli:

Wir verwenden AI nicht als Marketing-Buzzword, sondern um echte Probleme zu lösen und Unternehmen nachhaltig erfolgreicher zu machen. Der Weg dahin führt oft über Spezialisierung. Wir können Übersetzungsmodelle bis ins Detail auf spezifische Bedürfnisse und Feinheiten in der Corporate Language zuschneiden. Für Unternehmen bietet das massive Vorteile.

Kannst du ein Beispiel für so eine massgeschneiderte Lösung machen?

Mehr als eines. Für OBI haben wir ein System entwickelt, das es einem kleinen internen Team ermöglicht, den Webshop mit über 100’000 Produkttexten in 10 Sprachen laufend aktuell und „on brand“ zu halten. Für KUONI setzt unsere KI vollautomatisch einheitliche Reiseunterlagen zusammen, z. B. aus italienischen Hotelbeschreibungen und kryptischem Englisch der Fluggesellschaften. Und für Radiotelevisiun Svizra Rumantscha durften wir den allerersten KI-Übersetzer für Rätoromanisch entwickeln.

Und wo bleibt bei all der künstlichen Intelligenz Platz für die menschliche Kreativität?

Fabian Dieziger:

Sie ist nach wie vor wichtig – nur nicht für jeden Text. Wir sind überzeugt, dass AI Translation heute schon für 80 % aller Übersetzungen gut genug ist. In 10 Jahren werden es gegen 99 % sein. Aber auch in 50 Jahren noch nicht 100 %.

Unsere Rolle als Dienstleister ist es, zu wissen, welche Texte den menschlichen Touch brauchen. Und unseren Kunden dann mit Rat, Tat und den besten Spezialisten zur Seite zu stehen.

Was seid ihr denn nun: AI Company oder Übersetzungsbüro?

Samuel Läubli:

Beides – und weder noch. Wir sehen uns eher als Versicherung.

Übersetzen können heute alle. Im Unterschied zu Gratis-Technologie verkaufen wir Sicherheit. Zum einen beim Datenschutz, damit keine vertraulichen Informationen bei der Konkurrenz landen. Zum anderen beim Inhalt, damit Webshops keine Käufer mit fehlerhaften Produktbeschreibungen abschrecken und AGB und Verträge auch in Fremdsprachen niet- und nagelfest sind. Wir können beides, je nach Anspruch mit 0–100 % Technologie.

Was dürfen Kunden schon heute konkret von euch erwarten?

Fabian Dieziger:

Selbstverständlich bieten beide Unternehmen ihren bekannten Service nahtlos weiter. Gleichzeitig wollen wir möglichst viele Kunden auf die Reise mitnehmen, indem sie ihren gesamten Sprachbedarf bei uns konsolidieren.

Das bietet handfeste Vorteile: Massgeschneiderte AI Translation lebt vom Datenschatz aus professionellen Übersetzungen – und Übersetzer profitieren vom besseren KI-System als Arbeitsgrundlage. Eine perfekte Symbiose, die als schlanke Lösung aus einer Hand erst noch die Administration vereinfacht.

Und wohin soll es in Zukunft gehen? Welche Ziele habt ihr euch gesteckt?

Samuel Läubli:

Richtig gespannt sein darf man auf Ende 2024. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Integration aller Geschäftsbereiche. Bis Ende Jahr bauen wir unter dem gemeinsamen Namen Supertext eine Plattform auf, die eine völlig neue Art der Interaktion mit KI und menschlichen Experten ermöglicht.

Wir haben einen klaren Plan. Und gemeinsam das perfekte Setup, um den Markt kräftig aufzumischen. Mit rund 30 Entwickler und 90 Sprachprofis sind wir agil, um bei technischen Entwicklungen ganz vorne mitzuspielen und gleichzeitig gross genug, um anspruchsvolle internationale Kunden wie Swatch, Puma oder Generali zuverlässig glücklich zu machen.

Eines ist sicher: Wir haben Grosses vor! In mehr als 100 Sprachen.

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Richard Schneider