Der Literaturübersetzer Stefan Moster und sein finnischer Autor Pajtim Statovci werden 2024 mit dem „Internationalen Literaturpreis – Preis für übersetzte Gegenwartsliteraturen“ ausgezeichnet. Das gab das Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin bekannt, das den Wettbewerb organisiert.
Finanziert wird die mit insgesamt 35.000 Euro dotierte Ehrung von der Stiftung Elementarteilchen mit Sitz in Hamburg. Der Autor erhält 20.000 Euro, der Übersetzer 15.000 Euro.
„Schlicht, aber umso wirkungsvoller ins Deutsche übersetzt“
Aus der Begründung der Jury:
Meine Katze Jugoslawien ist ein eigensinniger und wichtiger Roman, sprachlich leicht zugänglich und doch dicht gefüllt mit all den Komplexitäten, die menschliche Gefühlswelten zu bieten haben.
Im Wechsel folgen wir einer Mutter und ihrem Sohn durch unterschiedliche Zeiten und Situationen in ihren Leben, beide durch das verbunden, was sie trennt: die Gewalt eines Mannes, die patriarchale Gewalt.
Pajtim Statovci traut sich, seine Leser*innen zu verunsichern, indem er mit den Konventionen des autofiktionalen Migrationsromans bricht. Dabei durchstreift er sprachlich mühelos verschiedene Zeiträume und Sujets, bringt souverän das Gewöhnliche und das Surreale, das Banale und Existentielle zusammen. Auf diese Weise führt er uns durch das sehr konkrete Erleben dessen, was im Abstrakten wohl als transgenerationales Trauma beschrieben werden kann. Zuweilen rührend, oftmals komisch und durchweg schonungslos.
Statovcis zurückhaltende Sprache wurde von Stefan Moster schlicht, aber umso wirkungsvoller ins Deutsche übersetzt. Seine Übertragung ist geschmeidig, sowohl in den poetischen Beschreibungen als auch in den lakonischen und humorvollen Passagen und zeugt von einer tiefen Vertrautheit mit den Sprachen, zwischen denen er operiert.
Pajtim Statovci ist mit Meine Katze Jugoslawien nichts Geringeres als ein europäischer Roman gelungen – ein Exilroman, ein Generationenroman, ein queerer Roman, keiner der Begriffe allein würde ihm gerecht. Ein literarisches Werk, das dank der Übersetzung von Stefan Moster nun auch im Deutschen zu lesen ist.
Stefan Moster bereits vielfach ausgezeichnet
Stefan Moster, geboren 1964 in Mainz, ist Schriftsteller und Übersetzer. Er war Dozent an Universitäten in München und Helsinki und übersetzte unter anderem Werke von Hannu Raittila, Ilkka Remes, Kari Hotakainen, Markku Ropponen, Petri Tamminen und Daniel Katz ins Deutsche.
2009 gab Moster sein literarisches Debüt mit dem Roman Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels. Er wurde unter anderem 2001 mit dem Finnischen Staatspreis für ausländische Übersetzer, 2018 mit dem Martha-Saalfeld-Förderpreis und 2022 mit dem Helmut-M.-Braem-Übersetzerpreis ausgezeichnet.
Pajtim Statovci – ein finnischer Schriftsteller mit Wurzeln im Kosovo
Pajtim Statovci, geboren 1990, ist ein finnisch-kosovarischer Schriftsteller. Im Alter von zwei Jahren zog er mit seinen Eltern aus dem Kosovo nach Finnland, wo er Vergleichende Literaturwissenschaft studierte. Statovcis Werk wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Helsinki Writer of the Year“-Preis. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Helsinki.
68 Verlage hatten 132 Übersetzungen aus 29 Sprachen vorgeschlagen
Der Internationale Literaturpreis zeichnet sich durch seine besondere Anerkennung von Schriftstellern und Übersetzern aus, die in ihrer Arbeit über kulturelle und nationale Grenzen hinweg denken.
Dieses Jahr wurden Stimmen und Perspektiven aus verschiedensten Teilen der Welt eingereicht. Insgesamt haben 68 Verlage 132 Bücher vorgeschlagen, die aus 29 verschiedenen Sprachen ins Deutsche übersetzt wurden. Dazu die Jury:
Die diesjährige Shortlist des Preises ist ein beeindruckendes Zeugnis der Vielfalt und reichen literarischen Verflechtungen weltweit. Die von der Jury nominierten Werke knüpfen an kanonische Bezüge an und setzen die Kunst des Übersetzens gekonnt in Szene. Sie öffnen Türen zu unterschiedlichen literarischen Traditionen und erweitern unseren Horizont durch ihre facettenreichen Erzählungen.
Jedes Werk auf der Shortlist ist ein Meisterwerk der Übersetzungskunst, das die Komplexität und Nuancen der Originaltexte einfängt und in die deutsche Sprache überträgt. Diese Übersetzungen sind nicht bloße Wortübertragungen, sondern wahre kreative Leistungen, die es den Lesern ermöglichen, in die Welten und Gedanken der Autor*innen einzutauchen, unabhängig von ihrer Muttersprache oder Herkunft.
Insgesamt spiegelt die diesjährige Shortlist die transnationale Natur der Literatur wider und betont die Bedeutung des Dialogs zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen. Sie erinnert uns daran, dass Literatur eine universelle Sprache ist, die Menschen auf der ganzen Welt verbindet und bereichert.
Gefördert durch die Stiftung Elementarteilchen
Die Stiftung Elementarteilchen wurde 2007 gegründet. Sie unterstützt als Förderstiftung gemeinnützige Organisationen und Projekte im Klima und Umweltschutz, im Kampf gegen die Mädchenbeschneidung, die Landminenräumung sowie insbesondere im Raum Hamburg weitere gemeinnützige Organisationen aus verschiedenen Bereichen.
Gemeinsam mit dem HKW hat sie 2009 den Internationalen Literaturpreis entwickelt, der – getragen vom gemeinsamen Interesse an der Förderung internationaler Literaturen und ihrer Übersetzungen – seither mit ihrer maßgeblichen finanziellen Unterstützung jährlich verliehen wird.
Bibliografische Angaben
- Pajtim Statovci (2024): Meine Katze Jugoslawien. Berlin: Luchterhand Literaturverlag. Aus dem Finnischen von Stefan Moster. 320 Seiten, 24,00 Euro, ISBN 978-3630877679.
red