Die einzigartige Karriere der berühmtesten Ente der Welt begann am 9. Juni 1934, als Donald Duck in einer Nebenrolle im Zeichentrickfilm „The Little Wise Hen“ zu sehen war, tanzend und singend auf einem Hausboot. Damals rechnete niemand mit seinem bahnbrechenden Welterfolg über alle Altersklassen hinweg.
Dass diese Ente zum Superstar aufstieg, lag daran, dass sie sich mit der Zeit zur menschlichsten Disney-Figur entwickelte. Donald steht für den Wüterich, den Tausendsassa, das Stehaufmännchen in uns allen. Entweder ist er himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt und er durchlebt auch jede Emotion zwischen den beiden Extremen.
Ein Niemand, der ein Jemand sein will
Donald und die liebe Arbeit – ein Kapitel für sich. Oder um es mit den Worten von Tick, Trick und Track zu sagen: „Manche Leute bringen es zu etwas und manche nicht.“ Er mimt unter anderem einen Bahnhofsvorsteher und Gepäckträger, einen Tierfänger in der Antarktis, einen Polizisten, einen Farmer, einen Schulaufseher, einen Dorfschmied, einen Großwildjäger, einen Leuchtturmwärter, einen Imker, einen Handelsvertreter für Bürsten und einen Baggerfahrer.
Die Vielseitigkeit dieser Beschäftigungen lässt bereits die größte Qualität Donald Ducks erkennen: seine Flexibilität. Er gilt nicht nur als hervorragender Pilot, sondern beherrscht auch archaische Gefährte wie Pferde- oder Hundeschlitten.
Die Ankunft von Tick, Trick und Track markiert den Übergang von der fiktiven Sitcom-Existenz zum „wahren“ Leben Donalds. Die neue Familiensituation erweist sich vor allem für die Comics als ideales Füllhorn für eine endlose Zahl von Geschichten rund um Donalds Arbeitsleben. Die Sorge für seine drei Neffen Tick, Trick und Track hat Donald immer wieder zur Annahme auch unattraktiver Arbeitsplätze bewegen können. Leider blieb der Erfolg meistens aus.
Doch auf jedes Scheitern folgte ein neuer Anlauf, und in nicht wenigen Berufen brachte er es zu großer Meisterschaft – man denke nur an seinen legendären Ruf als Transportunternehmer, Glasermeister, Friseur oder auch Regenmacher.
Donald kann trotz seines notorischen Pechs auf eine Kette von Erfolgen zurückblicken, die in der Jugend mit einem vierten Platz beim Sackhüpfen auf dem Wiesenfest begann und schließlich im Sieg bei der Olympiaausscheidung seines Landes im 1500-Meter-Lauf gipfelte.
Sein größter Konflikt ist allerdings, dass er ein Niemand ist, der ein Jemand sein will.
Für Übersetzer gilt: Text muss in Sprechblase passen
Im weiter unten genannten Jubiläumsmagazin findet sich auch ein Interview mit den Übersetzern Dr. Reinhard Schweizer und Peter Daibenzeiher. Da es sich bei den Texten fast ausschließlich um direkte Rede handelt, darf auch die Übersetzung nicht in Schriftdeutsch verfasst werden, sondern muss wie gesprochene Sprache klingen.
Darüber hinaus muss die Übersetzung in die Sprechblase passen. Ein Eingriff in die Grafik, und sei es auch nur eine geringfügige Vergrößerung der Blase, kommt nicht in Frage.
Erika Fuchs hat Maßstäbe gesetzt
Reinhard Schweizer erläutert, dass es darauf ankomme, Donald in seinen Charakternuancen zu verstehen und im Deutschen Worte zu finden, die in der vom Original vorgegebenen Situation „wahr und authentisch“ seien.
Das kann gelegentlich eine wörtliche Übersetzung sein, weicht aber auch oft davon ab, ohne dabei den Lauf der Geschichte zu verändern. […] Außerdem ist es seit Frau Fuchs Tradition, Donald auch einmal ein Klassikerzitat oder gar die Arie einer Wagner-Oper in den Schnabel zu legen – obwohl dies zu seinem eigentlichen Bildungsgrad gar nicht passt.
Peter Daibenzeiher ergänzt:
Erika Fuchs war die erste Übersetzerin der Donald-Duck-Comics in Deutschland. Zu ihrer Zeit – und damit mit ihrer Sicht auf die Dinge – hat sie eine qualitativ hochwertige Sprachebene gefunden für ihre Übersetzungen. Natürlich war das die Basis, auf der die nachfolgenden Kollegen aufgebaut haben.
Beide Übersetzer sind sich einig, dass die Texte von Erika Fuchs bis heute nachwirken. Sie haben der deutschen Übersetzung eine besondere Note verliehen, auch wenn die enormen Freiheiten bis hin zur völligen inhaltlichen Umgestaltung einzelner Geschichten heute eher kritisch gesehen werden. Als gleichzeitige Chefredakteurin der Zeitschrift Micky Maus konnte sie sich das im Gegensatz zu den heutigen Übersetzern herausnehmen.
Reinhard Schweizer:
„Grübel grübel“, „Mein Gehirn käst“ und vieles mehr – das waren die frech-revolutionären Spracherfindungen von Frau Fuchs. Außerdem, wie bereits erwähnt, war sie es, die die Texte mit Kultur durchsetzte, mit Zitaten aus klassischer Literatur, Anspielungen auf berühmte Personen oder einer gebildeten, hochgestochenen, gedrechselten Sprechweise bei bestimmten Personen.
Ihr Credo war, die jungen Leser eher etwas zu überfordern, aber niemals zu unterfordern.
Carl Barks, Ideenlieferant und bester Donald-Zeichner
Einen besonderen Anteil am Erfolg des Erpels hat sicherlich Autor und Zeichner Carl Barks, der Donald in der Comicbuchwelt ein Zuhause gegeben hat. Rund um die 1940er Jahre erschuf Barks Donalds Heimatstadt Entenhausen und den größten Teil seiner Einwohner wie Dagobert Duck, Gundel Gaukeley, Daniel Düsentrieb, Gustav Gans und die Panzerknacker.
Geboren am 27. März 1901, aufgewachsen auf einer Farm in Oregon, versucht sich Carl Barks – nach eigener Aussage erfolglos – in einer Vielzahl von Berufen wie Cowboy, Schweißer, Drucker und Zimmermann. Von frühester Jugend an zeichnet er.
1928 beschließt er, seine Arbeiten Comic-Magazinen anzubieten. Sein Humor kommt an, und nach einiger Zeit als Freiberufler geht er für vier Jahre zum Calgary Eye-Opener nach Minneapolis. 1935 bewirbt er sich in den Walt-Disney-Studios.
Zunächst arbeitet er als „In-Betweener“ (Phasenzeichner) in den Trickfilmstudios, wo allerdings schnell seine Qualitäten als Gaglieferant und Story-Board-Schreiber erkannt werden. Bis 1942 entstanden während seiner Zeit als Story Director drei Dutzend Donald-Duck-Zeichentrickfilme. Für Dell Publishing & Co. erarbeitete er zusammen mit Jack Hannah die erste lange Donald-Geschichte, die 1942 unter dem Titel „Donald Duck Finds Pirate Gold“ erschien.
Die schlechte Luft in Los Angeles und die ihn ermüdende Routine im Trickfilmstudio waren der Grund – nach einem kleinen (und wiederum erfolglosen) Ausflug in die Landwirtschaft – 1943 ein Angebot von Dell Publishing anzunehmen.
Im Laufe der Jahre, bis zu seiner Pensionierung 1966, widmet sich Barks Donald und dessen gefiederter Sippschaft. Er bevölkert Entenhausen mit den bis heute dort auftretenden Figuren. 1952 „erfindet“ er Onkel Dagobert, der es an Popularität bald mit Donald aufnimmt.
Am Ende seiner aktiven Zeit blickt Barks auf ein Werk von rund 500 Donald-Geschichten auf genau 6.371 Seiten zurück.
Noch bis 1973 arbeitet er konzeptionell an einigen Donald-Geschichten mit, dann zieht er sich endgültig in seine Heimat Oregon zurück. Doch auch hier lassen ihn die Enten nicht los. Zunächst auf Wunsch von Freunden und Fans beginnt er Schlüsselszenen ihrer Abenteuer in Ölgemälden festzuhalten. Sie erzielen auf dem Sammlermarkt heute astronomische Summen.
Die amerikanischen Verlage, die Disney-Comics herausbrachten, hielten damals streng an der Maxime fest, dass die einzelnen Zeichner anonym zu bleiben hatten. Dass sein Name überhaupt bekannt wurde, ist der Hartnäckigkeit von Fans zu verdanken, die schon immer am „Strich“ der Comics den „guten Entenzeichner“ identifizieren konnten.
In Deutschland war es der Journalist und Comic-Autor Wolfgang J. Fuchs, der dem Grand Old Duck Man auf die Spur kam. Carl Barks hat erstmals eine Einladung der Egmont-Gruppe angenommen und im Juni 1994 auf einer ausgedehnten Europareise auch seinen deutschen Verlag (Ehapa) besucht.
Carl Barks ist im Jahr 2000 im Alter von 99 Jahren verstorben.
Großformatiges Donald-Magazin zum Jubiläum
Zum Jubiläum bringt Egmont Ehapa Media ein Magazin im A4-Zeitschriftenformat in goldenem Einband heraus (96 Seiten, 7,99 Euro).
Beleuchtet werden Donald Ducks wichtigste Stationen der letzten 90 Jahre – von seiner ersten Filmrolle bis hin zum weltbekannten Comic-Helden. Comic-Autoren und -Künstler
geben dem Leser einen seltenen Einblick hinter die Kulissen ihrer Arbeit und plaudern aus dem Nähkästchen.
Darüber hinaus darf der Leser sich auf Gespräche mit prominenten Weggefährten und Experten freuen. Da werden selbst Duck-Experten noch einiges über den Jubilar lernen können. Garniert wird das Heft mit kleineren Comic-Geschichten aus der Entwicklungsgeschichte des Erpels.
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- 2005-04-25: „Man kann gar nicht gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen.“ – Micky-Maus-Übersetzerin Dr. Erika Fuchs gestorben
Richard Schneider
mit Material von Egmont Ehapa Media