Führungsmitglied von verbotener Organisation arbeitet weiter als Gerichtsdolmetscher

Justitia Wuppertal
Die Justitia am Eingang des alten Rathauses von Wuppertal-Elberfeld. - Bild: Richard Schneider

„Sein Verein ist verfassungsfeindlich und verboten: Islamist arbeitet als Dolmetscher für deutsches Gericht“, lautet eine Schlagzeile in der Bild-Zeitung. Der 73-Jährige, der im Artikel mit vollem Namen genannt und im Bild gezeigt wird, sei in Berlin seit Langem als Übersetzer und Dolmetscher für Farsi (Persisch) tätig.

Das Problem: Der Mann war stellvertretender Vorsitzender des Vereins Islamisches Zentrum Berlin (IZB), einer Organisation, die nach einer Großrazzia im Juli 2024 vom Bundesinnenministerium verboten wurde. Der Focus erläutert:

Das „Islamische Zentrum Berlin“ ist eine Teilorganisation des „Islamischen Zentrums Hamburg“ (IZH). Dieses tauchte 2022 erstmals im Bericht des Verfassungsschutzes auf. Das IZH wurde im Juli 2024 von Innenministerin Nancy Faeser verboten – genauso wie weitere Teilorganisationen. Die Begründung: Das IZH ist eine extremistische, islamistische Organisation mit verfassungsfeindlichen Zielen. Der Verein gilt als verlängerter Arm des Iran.

Von Gerichten beauftragt, obwohl vom Verfassungsschutz beobachtet

Für die Dolmetschtätigkeit des Mannes im Dienst der Rechtspflege hatten dessen extremistische Umtriebe offenbar keine Konsequenzen. „Obwohl sein Verein vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, wurde er vom Gericht weiter für Dolmetscher-Dienste hinzugezogen“, schreibt der Focus.

Zwar erklärt eines der Berliner Amtsgerichte, dass er seit dem Verbot nicht mehr als Dolmetscher geladen wurde, aber es verweigert gegenüber der Bild-Zeitung eine Auskunft darüber, an welchen Verfahren er konkret mitgewirkt hat. Der Bild-Zeitung sind 15 Dolmetscheinsätze vor Gericht bekannt.

justiz-dolmetscher.de
Bild: OLG Frankfurt am Main

Mann wird weiterhin in amtlicher Gerichtsdolmetscher-Datenbank geführt

Das Land Hessen – genauer gesagt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – betreibt im Auftrag des Bundes und der Länder die bundesweite Online-Datenbank der Gerichtsdolmetscher, in der zurzeit 25.254 Personen gelistet werden. In dem unter justiz-dolmetscher.de erreichbaren Verzeichnis ist das Profil des Mannes nach wie vor aufrufbar.

Im Focus-Artikel heißt es, dass er seit 2015 als Dolmetscher und Übersetzer für eines der Berliner Amtsgerichte arbeitet. Den Angaben in der Datenbank ist aber zu entnehmen, dass er bereits seit mindestens 2006 für die persische Sprache allgemein beeidigt und ermächtigt ist – beim Landgericht Berlin II. Außerdem dürfte er nicht nur für die Amtsgerichte tätig geworden sein.

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Richard Schneider