
„Eigentlich darf ich gar nicht hier sein“, so Klaus Jöken bei seinem Vortrag zum Thema „Asterix übersetzen – ein Abenteuer“ am 26. März 2025 in Dortmund.
Denn die Übersetzung des in sieben Monaten erscheinenden neuen Bandes Asterix in Lusitanien sei noch lange nicht abgeschlossen. Er verriet, dass sogar am Ausgangstext noch gefeilt werde und er seine Übersetzung deshalb manchmal nachträglich abändern müsse.

Gut besuchte Veranstaltung mit Frankreich- und Comic-Experten
Rund 50 Interessierte hatten sich in einem Vortragssaal der Auslandsgesellschaft eingefunden, deren Deutsch-Französische Gesellschaft (DFG) gemeinsam mit dem schauraum comic + cartoon zu dem Treffen geladen hatte.
Das Publikum teilte sich in Frankreich-Kenner der DFG, für die eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema Comics möglicherweise neu war, und in Angehörige der Dortmunder Comic-Szene, für die das Eintauchen in die Tiefen der französischen Sprache und die Tücken der Übersetzung möglicherweise Neuland darstellte.
Die etwas mehr als zwei Stunden des nie langweiligen Vortrags vergingen wie im Flug. Der Übersetzer beschrieb mit Dutzenden von Beispielen die besondere Problematik, die sich bei der Übertragung der Textsorte Comic und ganz besonders bei der Asterix-Reihe stellt.

Jöken selbst ein Gallier, da linksrheinisch geboren
Jöken wurde 1958 in Kleve am Niederrhein geboren. Das liegt links des Rheins. Somit sei er im Grunde genommen auch ein Gallier, denn die Römer hätten ganz grob den Rhein als Grenze zwischen Gallien und Germanien betrachtet, so Jöken.
Nach einem Studium der Geschichte und der niederländischen Sprache in Köln habe er sich – ähnlich wie sein Berufskollege Holperik aus dem Band Asterix und die Goten – gedacht, dass er sich mit seinen Sprachkenntnissen auch im Ausland niederlassen und einen Broterwerb finden könne.
Ende der 1980er Jahre lernte er im Dänemark-Urlaub eine Französin kennen – seine spätere Ehefrau – und zog mit ihr in deren Heimatort im Zentralmassiv. Französisch sprach Jöken damals noch nicht, lernte es aber schnell. Heute wohnt er ungefähr dort, wo sich auf der Gallien-Landkarte zu Beginn eines jeden Hefts die SPQR-Standarte der Römer in den Boden bohrt.
Als Übersetzer wollte er „mit etwas Einfachem“ anfangen – Comics
Am Übersetzen reizte ihn das unabhängige Freiberuflerdasein, das in der französischen Provinz ein bequemes Arbeiten von Zuhause ermöglicht. Als Einsteiger in die Branche habe er „mit etwas Einfachem“ anfangen wollen und sei so auf Comics gekommen. Deren Übertragung und Anpassung an einen anderen Kulturraum stellte sich aber schnell als gar nicht so trivial heraus.
Jöken übernahm die Asterix-Reihe mit dem Band Gallien in Gefahr, der 2005 erschienen ist. Davor übersetzte er bereits zehn Jahre lang Lucky Luke. Zum Œuvre des Comic-Routiniers zählen aber auch weniger bekannte Titel wie Buck Danny, Durango, January Jones (aus dem Niederländischen) oder Dan Cooper und viele weitere.

Übersetzung wird neun bis zehn Mal überarbeitet
Die Erstellung der Rohübersetzung für einen Asterix-Band nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Anschließend überarbeit Jöken die Übersetzung in neun bis zehn Durchläufen, sodass insgesamt mit einem Zeitaufwand von rund zwei Monaten zu rechnen ist.
Zur Veranschaulichung zeigte er einzelne Bilder, bei denen die Übersetzung von zwei Sprechblasen vier bis fünf Stunden gedauert habe, weil die Pointe im Deutschen völlig neu und ganz anders aufgebaut werden musste.
Auf die Frage, ob das nicht ein irrwitziger Zeitaufwand sei, sagte er: Ja, aber bei Asterix lohne sich das finanziell.
Mehrfach erhielt Jöken aus dem Publikum spontan Beifall, als er ein als unlösbar empfundenes Übersetzungsproblem zunächst im französischen Ausgangstext vorstellte und dann seine gelungene Übersetzung präsentierte.
Die Beispiele verdeutlichten auch, dass eine Aussage des 2020 verstorbenen Asterix-Zeichners Albert Uderzo voll ins Schwarze trifft: „Asterix kann man nicht übersetzen, man muss ihn adaptieren.“
Verlag verlangt Geheimhaltung
Auf die Frage, ob er seine Frau, eine französische Muttersprachlerin, manchmal um Rat frage, wenn er etwas nicht verstehe, antwortete Jöken, der inzwischen mehr als die Hälfte seines Lebens in Frankreich verbracht hat, dass er so gut wie nie etwas nicht verstehe. Außerdem dürfe er wegen der strikten Geheimhaltung auch mit seiner Frau nicht über neue Asterix-Projekte sprechen.
Jöken verzichtet auf Kontakt zu Asterix-Übersetzerkollegen
Jöken steht auch nicht in Kontakt mit den anderen Übersetzern, die derzeit an der Übertragung des neuen Bandes in mehr als ein Dutzend weitere Sprachen sitzen, obwohl dies keine Vorgabe des Verlags ist. Alle fremdsprachigen Ausgaben von Astérix en Lusitanie erscheinen europaweit gleichzeitig am 23. Oktober 2025.
Sein niederländischer Kollege habe einmal ein Arbeitstreffen vorgeschlagen, aber Jöken möchte sich nicht von den Ideen anderer beeinflussen lassen.

Übersetzungsgrundlage sind halbfertige Bleistiftzeichnungen
Klaus Jöken erhält den französischen Ausgangstext für seine Übersetzung nicht so wie oben dargestellt als druckreifes Album, sondern als provisorische Bleistiftzeichnung, bei der der Text manchmal nur schwer zu entziffern ist.
Deshalb tippt er die Dialoge meist erst einmal ab, um eine Textdatei als Arbeitsgrundlage zu haben.

Frankreich übernimmt deutsche Idee der Übersetzungen in Dialekte
Die Dialektbände sind übrigens eine deutsche Erfindung. Inzwischen gibt es rund 30 Asterix-Ausgaben in Mundarten wie Hessisch, Schwäbisch oder Ruhrdeutsch.
Wegen des kommerziellen Erfolgs hat man nach Angaben von Jöken jetzt auch im Mutterland der Comic-Reihe dieses Konzept aufgegriffen.
Allerdings wurde bislang lediglich die Kurzgeschichtensammlung Astérix et la rentrée gauloise (Asterix plaudert aus der Schule) in sechs Regionalsprachen übertragen: Pikardisch, Gallo (östliche Bretagne), Bretonisch, Elsässisch, Korsisch und Okzitanisch.

Tipp für deutsche Dialektfreunde: die elsässische Ausgabe
Die elsässische Ausgabe Astérix geht wieder dran ist so etwas wie ein Geheimtipp für deutsche Dialektfreunde. Den Band hat praktisch niemand im Regel stehen, weil er in Deutschland unbekannt ist und in Comicläden nicht angeboten wird. Die Ausgabe kann aber über das Internet problemlos bestellt werden (10,20 Euro bei Amazon).

Isnogud noch schwieriger zu übersetzen als Asterix
Die Asterix-Reihe ist wegen der sprechenden Namen und vielfältigen kulturellen Anspielungen zweifellos schwieriger zu übersetzen als etwa Lucky Luke. Für noch komplizierter hält Jöken aber die Comic-Reihe Isnogud (frz. Iznogoud), für die er ebenfalls übersetzt hat.
Die Geschichten um einen kleinen, gemeinen, bösartig-hinterlistigen Großwesir in Bagdad („Ich will Kalif werden anstelle des Kalifen!“) wurden ursprünglich ebenso wie Asterix von René Goscinny getextet. Die klassischen Goscinny-Ausgaben der 1960er und 1970er Jahre wurden von Gudrun Penndorf übersetzt. Klaus Jöken hat die jüngeren Bände übertragen („Die neuen Abenteuer des Großwesirs Isnogud“).
Die Reihe erschien immer auch auf Deutsch, wurde aber im deutschen Sprachraum nie so bekannt und beliebt wie in Frankreich.


Vorsicht bei der Veröffentlichung von Asterix-Panels im Netz!
Wir hätten in diesem Artikel gerne einige Beispiele aus den Asterix-Bänden angeführt, mit denen der Referent die Herausforderungen bei der Übersetzung von Eigennamen, Lautmalereien und Wortspielen demonstrierte. Präsentiert wurden auch viele schöne Beispiele der Darstellung von Fremdsprachen, von Dolmetschern (Holperik, Sekretaris) und des Dolmetschprozesses (Asterix und die Goten, Asterix als Legionär).
Aber wie Klaus Jöken selbst erklärte, kann man juristischen Ärger bekommen, wenn man dieses urheberrechtlich geschützte Material ohne Genehmigung im Netz oder den Sozialen Medien verbreitet. Deshalb müssen wir uns hier auf Material beschränken, das der Verlag selbst der Presse zur Verfügung gestellt hat.

- 2025-03-16: Asterix in Lusitanien, Asterix-Übersetzer Klaus Jöken auf Tour an Rhein und Ruhr
- 2005-10-21: „Erst einmal zwei Wochen lang die Haare gerauft“ – Neuer Asterix-Übersetzer Klaus Jöken im Interview
Richard Schneider