Sprachlücken mit „Dingsbums“ stopfen: Am Anfang war das Ding, nicht das Wort

Pümpel, Saugglocke
Bild: Ricarda Mölck / Pixabay

Manche Dinge haben keinen Namen. Oder nur wenige kennen ihn. Oder aber ein bestimmtes Wort fällt der sprechenden Person gerade nicht ein. Dann sagt man Dings, Dingens, Dingsbums oder Dingsda.

In der gesprochenen Sprache werden diese Ausdrücke laut Duden „als Ersatz für ein beliebiges Substantiv, oft einen Namen verwendet“. Wenn man sich nicht sicher ist, woher etwas stammt, dann sagt man aus Dingsda“ oder Dingskirchen (Duden: „ugs. für einen unbekannten oder unbenannten Ort“).

Pümpel oder Saugglocke?

Wie wird das oben abgebildete Haushaltsgerät genannt, das der Beseitigung von Verstopfungen in Abflüssen dient? Jeder benutzt es ab und an und es verrichtet zuverlässig seine Dienste. Doch wenn jemand eine andere Person darum bittet, es ihm zu holen, versucht man zumindest das Aussehen und die Funktion der Sache zu beschreiben, da man nicht weiß, welchen Namen dieses Ding hat. Wie nennt man nun diesen langen Holzstiel mit einer roten Gummikappe, der sowohl Ober- als auch Unterdruck erzeugt?

Dieses Haushaltsgerät heißt Saugglocke. Dieses Wort ist zumindest im Duden eingetragen. In der Umgangssprache sagt man dazu allerdings auch Pümpel, Pumpfix, Stopfstecken, Klostampfer, Fluppi, Gummistumpen, Planscher oder Ausgussreiniger, ebenso Plömper, Hebamme, im norddeutschen Dialekt Pömpel oder Plümper, in Franken Siphonreiniger, in der Oberlausitz Prömpel und in Österreich auch Saug-Hektor (nach dem ersten Hersteller) oder Steßl (zu stoßen). Weitere Synonyme sind (Gummi-)Nupfer, Pömpel, Gummisauger, Klostopfer, SaugheberSaugstampfer und Toilettentoni.

Kaum jemand weiß, dass der Warentrenner Warentrenner heißt

Wie heißt das schmale Teil auf dem Warenband zur Supermarktkasse, mit dem der eine Kunde seinen Einkauf von dem des nächsten abtrennt? Dieses stabähnliche Gebilde von etwa 30 cm Länge? Laut einer kurzen, nicht repräsentativen Umfrage gaben Dresdner Verkäuferinnen an, nicht zu wissen, womit sie jeden Tag zu tun haben. „Das haben Kunden schon so oft gefragt“, so eine ratlos mit den Schultern zuckende Verkäuferin.

Die gebäuchlichste Bezeichnung ist Warentrenner, weitere sind Warentrennholz, Warentrennstab, Kundentrennstab, Kassentrenner, Kundentrenner, Separator, Holz, Reklameriegel, Kassentoblerone und Näkubi (für nächster Kunde bitte).

Der Grund dafür, dass sich keiner dieser Begriffe in der Alltagssprache durchgesetzt hat, liegt in der Sprachökonomie: Der Mensch benennt, was ihm zu benennen wichtig erscheint, da er ständig darüber reden muss. Für alles andere spart er sich den Aufwand. „Wir benutzen viele Dinge fast jeden Tag, haben aber selten die Gelegenheit, uns darüber auszutauschen“, erklärt der Sprachwissenschaftler Reinhard Fiehler vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Solche semantischen Lücken existieren nicht nur in Bezug auf Alltagsgegenstände.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: „Es gibt die Jugend und es gibt das Alter. Aber wie heißt die Generation dazwischen?“, fragt Reinhard Fiehler. TwentySomethings, Best Ager? Fiehler hat sich entschieden, diese Generation schlicht und einfach mittlere Generation zu nennen. „Für den Regelfall gibt es keinen prägnanten Begriff“, so der Linguist. „Häufiger benennen wir die Abweichung.“

Satt = nicht mehr hungrig, aber kein Wort für „nicht mehr durstig“

Wie lautet das Antonym zu durstig? Wohl kaum betrunken. Ein großer deutscher Eistee-Hersteller hat 1999 in Zusammenarbeit mit dem Duden nach einem passenden Adjektiv dafür gesucht. Mehr als 100.000 Vorschläge wurden an die Jury geschickt.

Darunter waren nimedu für nicht mehr durstig oder dulo für durstlos, außerdem gewässert, gelöscht und abgefüllt. Letztlich machte der Ausdruck sitt das Rennen. Die Begründung der Duden-Redaktion lautete: „Es ist leicht sprechbar und bildet außerdem mit seinem Kollegen satt einen Stabreim.“ Ferner bedeute das lateinische sitim sidare auf Deutsch den Durst löschen. In die Alltagssprache des 21. Jahrhunderts ist sitt aber nicht übergegangen. Sogar der Duden verwendet nicht mehr diese Wortneuschöpfung.

Doch wie die Menschen sind auch Sprachen nicht perfekt. „Sie weisen wie alles natürliche Mängel auf“, so Fiehler. Der Deutsche behilft sich, indem er umschreibend komponiert oder auch Markennamen zu Produktbezeichnungen macht. So sagt man häufig Tempo, wenn man ein Papiertaschentuch meint, Tesa zu Klebeband (in Österreich Tixo) oder Zewa für Küchenrolle. Zudem googelt jeder, wenn er im Internet etwas sucht.

Fazit: Am Anfang war das Ding, nicht das Wort.

Jessica Antosik