
Wie viel NS-Sprache steckt noch in unserem heutigen Wortschatz? Diese Frage untersucht der Journalist, Historiker und Linguist Matthias Heine in der überarbeiteten und erweiterten Neuauflage seines Buchs Verbrannte Wörter: Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht.
Seit der Erstveröffentlichung im Jahr 2019 hat sich das gut lesbare Werk zu einem Nachschlagewerk für Medienredaktionen, Wissenschaftler und Sprachinteressierte entwickelt. Heine geht darin dem Ursprung von Wörtern nach, die im Verdacht stehen, aus der NS-Zeit zu stammen, und klärt, ob dieser Verdacht berechtigt ist.
Die überarbeitete Auflage enthält zahlreiche neue Begriffe, die in den letzten Jahren für sprachliche und gesellschaftliche Diskussionen gesorgt haben.
Sprache als Spiegel der Geschichte
Heines Verbrannte Wörter unterscheidet sich von früheren Werken zur NS-Sprache durch seine Benutzerfreundlichkeit, prägnante Darstellung und alltagsnahe Relevanz. Heine konzentriert sich auf Wörter, die aktuell in der Medien- und Alltagssprache verwendet werden. Dabei greift er auf moderne Forschungsergebnisse sowie auf eine breite Quellenbasis zurück – ermöglicht durch die Digitalisierung von Texten aus den Jahren 1933 bis 1945.
Begriffe wie „Schulmedizin“, „Mädel“ oder „asozial“ klingen auf den ersten Blick harmlos, haben aber eine Geschichte, die bis in die NS-Zeit zurückreicht. Heine analysiert rund 100 Wörter und ordnet ein, welche Wörter belastet sind, welche Missverständnisse bestehen und wie sich der Sprachgebrauch verändert hat.
Dabei zeigt er, dass die Auseinandersetzung mit Sprache wichtig ist. Ein verständnisvoller Umgang mit der Geschichte der eigenen Sprache hilft, bewusster zu kommunizieren.
Kein Verbotskatalog, sondern Nachschlagewerk
Matthias Heine setzt sich nicht nur kritisch mit dem historischen Erbe der deutschen Sprache auseinander, sondern ermutigt dazu, Sprache bewusster zu nutzen. Verbrannte Wörter ist kein Verbotskatalog, sondern ein differenziertes Nachschlagewerk, das durch historische Einordnung und wissenschaftliche Analysen Klarheit schafft.
Heine bekannter Sprachjournalist und Autor mehrerer Bücher
Matthias Heine, 1961 in Kassel geboren, hat in Braunschweig u. a. bei Helmut Henne, Jost Schillemeit und Joachim Ehlers Germanistische Linguistik, Literaturwissenschaft und Geschichte studiert. Er bearbeitete dort bei der 9. Auflage des Deutschen Wörterbuchs von Hermann Paul die Buchstabenstrecken N, O, R und Teile des E.
Seit 1992 lebt er als Journalist in Berlin und hat als freier Mitarbeiter für diverse Zeitungen und Zeitschriften geschrieben und Rundfunkbeiträge für den NDR und den SFB/RBB produziert. Von 1993 bis 1998 war er stellvertretender Leiter des Kulturteils der B.Z., seit 2010 ist er im Feuilleton der Welt fest angestellt.

Bibliografische Angaben
- Matthias Heine (2025): Verbrannte Wörter: Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht. Berlin: Dudenverlag. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. 256 Seiten, 22,00 Euro, ISBN 978-3411740109. Bei Amazon bestellen.
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red