Evangelische Kirche steigt aus ökumenischer Bibel-Übersetzung aus

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird sich nicht an einer Neuauflage der Einheitsübersetzung der Bibel beteiligen. Sie stößt sich an der vatikanischen Instruktion Liturgiam authenticam und dem für Streitfälle vorgesehenen Mehrheitsprinzip.

Die Anweisung Liturgiam authenticam zum „Gebrauch der Volkssprache bei der Herausgabe von Büchern der römischen Liturgie“ aus dem Jahr 2001 schreibt vor, bei Übersetzungen im Zweifel die überlieferte Tradition zu beachten und „den Wortlaut von Bibelstellen beizubehalten, die man allgemein in der Katechese und in Gebeten gebraucht“. Die Übersetzung solle „demjenigen Verständnis biblischer Schriftstellen angeglichen werden, welches durch den liturgischen Gebrauch und durch die Tradition der Kirchenväter überliefert ist“.

EKD-Pressesprecher Hans-Christof Vetter erklärte, dadurch habe die katholische Kirche „ihre Tradition über die moderne Exegese gestellt“. Die evangelische Kirche wolle sich hingegen allein nach dem Urtext der Bibel richten.

Der zweite Grund für den Ausstieg der EKD liege darin, dass entgegen früherer Zusagen im Streitfall „die Anwendung des Mehrheitsprinzips nicht ausgeschlossen“ werde. Da das Übersetzungsprojekt finanziell und personell von der katholischen Kirche dominiert wird, sehen die Protestanten die Gefahr, in allen Streitfällen zu unterliegen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, bedauerte die Entscheidung und kritisierte, dass diese einseitig und ohne weitere Rücksprache getroffen worden sei. Lehmann sprach von einer „erheblichen Belastung, wenn gerade im Land der Reformation, wo wir über ein Vierteljahrhundert schon auf eine gemeinsame Übersetzung zurückgreifen konnten, dieses gemeinsame Zeugnis unterbrochen wird, während viele Nachbarn in anderen Ländern inzwischen ökumenisch vereinbarte Übersetzungen geschaffen haben“. Es sei auch „keineswegs so, dass die Bindung der katholischen Seite an die Instruktion Liturgiam authenticam einen Rückgang auf den Urtext und den Ruf ,Zurück zu den Quellen’ (,ad fontes’) verhindert hätte“.

Dr. Martina Höhns, Pressesprecherin der Deutschen Bischofskonferenz, ergänzte, dass es auch bei der ersten Einheitsübersetzung bereits Richtlinien des Vatikans gegeben habe. Dies sei damals kein Problem gewesen.

Die Deutsche Bischofskonferenz werde nun gemeinsam mit der Österreichischen und der Schweizer Bischofskonferenz sowie den Bischöfen von Bozen-Brixen, Lüttich, Luxemburg, Straßburg und Vaduz zügig die Einheitsübersetzung überarbeiten.

Die Einheitsübersetzung entstand zwischen 1962 und 1980. Da an der Übersetzung auch evangelische Theologen beteiligt waren, wurden die Psalmen und das Neue Testament sowohl von katholischer als auch von evangelischer Seite anerkannt.

Richard Schneider