An der Carnegie Mellon University in Pittsburgh hat ein Forscherteam unter Leitung der Deutschen Tanja Schultz ein neuartiges Dolmetschsystem entwickelt. Dabei werden über Sensoren Muskelbewegungen im Gesicht und am Hals erfasst. Das System erkennt einzelne Laute, die es zu Wörtern zusammensetzt. Diese werden von einem Computerprogramm in die Fremdsprache übertragen und über einen Lautsprecher ausgegeben.
Das Funktionsprinzip entspricht also in etwa der Lippenlesetechnik der Gehörlosen. Eine tatsächliche Aussprache ist nicht notwendig; es reicht, die entsprechenden Mundbewegungen zu machen. Die Forscher sprechen hier von subvokaler Spracherkennung (sub-vocal voice recognition).
Dabei werden zunächst nicht Wörter erkannt, von denen es im Englischen rund 600.000 geben soll, sondern Phoneme, von denen es im Englischen nur 45 gibt. Erst in einem zweiten Analyseschritt wird versucht, in der Lautfolge Wörter zu erkennen.
Das System steckt noch in den Kinderschuhen. Zurzeit können lediglich rund 200 Wörter sicher erkannt und mit einer 62-prozentigen Trefferquote aus dem Chinesischen ins Englische und aus dem Englischen ins Spanische und Deutsche übersetzt werden.
200 Wörter entsprechen dem Vokabular von sprachtrainierten Affen, Hunden, Delfinen und Papageien. Eine „gepflegte Konversation“ sei „noch schwierig“, bemerkt treffend das Nachrichtenmagazin Focus.
Entwicklungsstand und Nutzwert dieses kleinen, feinen Projekts der universitären Grundlagenforschung werden von den Medien – wie immer – maßlos übertrieben. Hier eine kleine Auswahl der dümmsten Schlagzeilen:
- „Bald Realität: Michael Schumacher spricht deutsch und Fernando Alonso hört ihn auf Spanisch“ (Bildunterschrift im Focus)
- „Das Ende der Sprachbarrieren“ (wissenschaft.de)
- „Universal-Dolmetscher erfunden“ (Netzeitung)
- Den vernünftigsten Artikel können Sie im Online-Magazin Telepolis lesen.
[Text: Richard Schneider. Quelle: Netzeitung, 2006-10-26; wissenschaft.de, 2006-10-26; Telepolis, 2006-10-26; Focus, 2006-10-26. Bild: Carnegie Mellon University.]