„Die millionenfach kolportierte Aussage des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ‚Israel muss von der Landkarte ausradiert werden‘ beruht auf einer ungenauen Übersetzung.“ Auf diesen schon länger bekannten Umstand weist die Schweizer Zeitung 20 Minuten in einem ausführlichen Artikel hin.
Interessant ist, dass die Fehlübersetzung nicht von MEMRI stammt, dem von einem früheren israelischen Geheimdienstoffizier organisierten Übersetzungsdienst, sondern von den Iranern selbst. Die Meldung „Ahmadinejad: Israel must be wiped off the map“ wurde von IRIB News verbreitet, dem staatlichen Rundfunk des Landes (Islamic Republic of Iran Broadcasting News Network).
Auf der Konferenz „Die Welt ohne Zionismus“ hat der iranische Präsident am 26. Oktober 2005 Folgendes gesagt: „In rhezim-e eshghalgar bayad az safhe-ye ruzgar mahv shavad.“ Unabhängige Sprachwissenschaftler übersetzen dies wörtlich so: „Dieses Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss von den Seiten der Zeit gelöscht werden.“
Es geht also nicht um Israel, sondern die Regierung und nicht um die Weltkarte, sondern darum, dass diese Regierung „Geschichte wird“. Die treffendste Übersetzung wäre also wohl: „Dieses Regime, das Jerusalem besetzt hält, muss Geschichte werden.“ So wie das Schah-Regime und die Sowjetunion Geschichte geworden sind, auf die Ahmadinedschad wenige Sätze vorher Bezug nahm.
Diese korrekte Interpretation der Aussage scheint allerdings niemanden zu interessieren. Stattdessen wurde die sinnverschärfende Fehlübersetzung von den westlichen Medien begierig aufgesogen und gilt heute allgemein als richtig. Obwohl selbst das israelische MEMRI darauf hinweist, dass das Wort „Landkarte“ bei Ahmadinedschad nicht vorkommt.
Das Gefährliche daran: Die verfälschte Formulierung lässt sich als Kriegserklärung an Israel werten und könnte einen Präventivschlag gegen die iranischen Atomanlagen rechtfertigen.
Warum die Atommacht Israel und auch die Möchtegern-Atommacht Iran nicht an einer Klarstellung interessiert sind und wie die beiden notorischen Streithanseln mit der sinnverschärfenden Übersetzung ihr eigenes Süppchen kochen, wird in dem Artikel auf 20min.ch beschrieben.
[Text: Richard Schneider. Quelle: 20 Minuten, 2008-10-26. Bild: José Cruz, Lizenz: CC BY 3.0 br.]