Statt CLAT oder Acrolinx: Qualitätssicherung mit Word und Excel

Time - Money - QualitySelten ist der erste Entwurf eines Textes druckreif. Professionelle Redakteure oder Autoren arbeiten meistens unter Zeitdruck und haben nicht immer die Zeit, ihren Text in Ruhe zu überarbeiten. Bei modular erstellten Dokumentationen ist eine Qualitätssicherung umso wichtiger, denn das Enddokument entsteht aus der Zusammenstellung unterschiedlicher Module. Wie kann man trotzdem eine vernünftige Qualität erreichen?

Es gibt am Markt sehr gute Softwarelösungen, die Texte analysieren und Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Marktführer auf diesem Gebiet sind die Produkte CLAT (www.iai-sb.de) und Acrolinx IQ (www.acrolinx.de). Sprache ist ein sehr komplexes Gebilde. Dadurch ist der Programmieraufwand für derartige Produkte mit linguistischer Intelligenz enorm und teuer. Heißt es also, dass Betriebe mit kleinerem Budget leer ausgehen müssen? Glücklicherweise nicht, auch wenn die hier vorgeschlagenen Lösungen nicht so umfangreich und effizient sind wie die professioneller Programme.

Welche sind die wichtigsten Fehler, die die Qualität von Texten beeinträchtigen?

  • Inkonsistenz der Formulierungen
  • Zu lange Sätze
  • Verwendung von Synonymen in technischen Texten 
  • Verstoß gegen Regeln der Corporate Identity oder gegen den Redaktionsleitfaden 
  • Rechtschreibfehler 
  • Verwendung von Füllwörtern 
  • Nicht übersetzungsgerechte Sätze oder Formulierungen.

Gegen die meisten dieser Fehler ist mit Standardwerkzeugen wie Word oder Excel ein Kraut gewachsen. Das Problem der Inkonsistenz tritt relativ häufig auf. „Hauptschalter ausschalten und gegen Wiedereinschalten sichern“ und „Hauptschalter auf ‚O‘ stellen und gegen Wiedereinschalten sichern“ bedeuten nicht nur das gleiche, sondern verursachen bei Übersetzungen zusätzliche Kosten und können u. U. beim Leser für Verwirrung sorgen.

Solche Sätze fallen schnell auf, wenn man den Text alphabetisch sortiert. Dazu speichert man eine Kopie des Dokuments in Textformat, um störende Formatierungen zu entfernen. Anschließend wird der Text in Sätze umgebrochen, indem ein Punkt + Leerzeichen durch einen Punkt + Absatzmarke ersetzt wird (unter MS-Word: „^p“ = Absatzmarke).

Das Ergebnis wird in einer Tabelle alphabetisch sortiert. Dadurch lassen sich inkonsistente Sätze erkennen und korrigieren. Wer die Konsistenz seiner Formulierung auf einer noch feineren Ebene prüfen möchte, kann sich beispielsweise über die Suchfunktion von Excel die Liste der Sätze anzeigen lassen, die bestimmte Schlüsselwörter enthalten. Somit finden sich inkonsistente Konstruktionen wie: „Es erscheint der Dialog Projekteinstellungen.“ – „Der Dialog Projekteinstellungen erscheint.“

Zu lange Sätze sollte man vermeiden, denn sie erschweren das Verständnis der Information, die man vermitteln möchte. Bei technischen Bedienungsanleitungen sollte man beispielsweise Sätze anstreben, die 12-15 Wörter nicht überschreiten. Es gibt mit Hilfe von MS-Excel eine Möglichkeit, die Länge der Sätze zu prüfen. Dazu kopiert man die Satzliste aus der vorher beschriebenen Konsistenzprüfung in eine Excel-Tabelle und misst die Länge des Satzes mit der Formel: „=LÄNGE(A1)“ (für die Länge der Zelle „A1“). Daraus ergibt sich, welche Sätze zu lang sind und gekürzt werden müssen.

Synonyme sind in der Regel in technischen Texten unerwünscht. Es ist verwirrend, wenn auf einer Seite „Basisgerät“ und auf der nächsten Seite „Grundgerät“ steht. Um diese unerwünschten Synonyme zu finden, muss der Autor eine Liste der unerwünschten Wörter pflegen. Leider erlaubt die Suchen-und- Ersetzen-Funktion der gängigen Programme nur eine Suche nach einzelnen Wörtern oder Ausdrücken. Bei längeren Synonymlisten kann es dann mühsam werden. Es empfiehlt sich, auf Makros oder auf kleinere Programme wie ChangeAssistant (99 Euro, www.multilingual-products.com) zurückzugreifen.

Über Listen aller im Text vorkommenden Wörter kann man seinen Text weiter optimieren. Eine solche Liste erhält man, wenn man alle Leerzeichen im Text durch eine Absatzmarke ersetzt (nach der o.g. Methode) und anschließend sortiert. Alternativ dazu kann man verschiedene Tools verwenden, die teilweise kostenlos im Internet verfügbar sind. Es sind sog. Concordancier wie Textstat (www.niederlandistik.fu-berlin.de) oder AntConc3.2 (www.antlab.sci.waseda.ac.jp).

Ein Blick auf solche Wortlisten verrät einiges. Sie sind zum einen ein Mittel, um der inkonsistenten Anwendung von Wortbildungsregeln auf die Spur zu kommen wie in „Gleichstrom-Magnet“ / „Gleichstrommotor“. Man kann damit auch Füllwörter („etwa“, „durchaus“, „nämlich“ usw.) oder die außergewöhnlich häufige Verwendung bestimmter Wörter oder Wendungen („untenstehend“, „ihrer Verwendung zuführen“) feststellen, die die Handschrift eines Autors ausmachen.

Nicht übersetzungsgerechte Sätze oder Formulierungen kommen beispielsweise vor, wenn Sätze in ihrer Mitte durch Absatzmarken o.ä. getrennt sind oder wenn Komposita auf das Grundwort (Messgerät –> Gerät) reduziert wurden. Ebenfalls ist die Verwendung von Bezugswörtern („dieses“ usw.) in Sätzen für den Einsatz in Übersetzungssystemen verpönt, denn diese Systeme speichern in der Regel Satzpaare ohne Zusammenhang. Über die Satz- oder Wortliste oder über eine Konkordanzsuche kann man diese Probleme leicht aufdecken.

All die beschriebenen Methoden sind kein vollwertiger Ersatz für professionelle Programme wie CLAT oder Acrolinx IQ, die an und für sich sehr empfehlenswert sind. Aber es muss nicht immer Kaviar sein, und man kann durch die systematische Anwendung dieser Methoden durchaus Dokumentationen sprachlich optimieren. Besonders wenn die Texte anschließend in mehrere Sprachen übersetzt werden, kann man spürbare Einsparungen erzielen. Wer regelmäßig seine Texte auf diese Art und Weise prüfen möchte, kann Synonymlisten pflegen und einige Schritte durch das Erstellen von Makros bzw. Skripten oder durch den Zukauf kleinerer Anwendungen wie ChangeAssistant bequemer machen.

[Text: D.O.G. GmbH. Quelle: D.O.G. news 3/2009. Bild: TimurD, Fotolia.de.]

Leipziger Buchmesse 2024