BDÜ-Konferenz: „Der Zuspruch war enorm.“ Neuauflage in drei Jahren geplant

Johann J. Amkreutz

„Die internationale Übersetzerbranche hat unsere Fachkonferenz begeistert aufgenommen. Der Zuspruch war enorm.“ Mit dieser positiven Bilanz von Johann J. Amkreutz (Bild oben), Präsident des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ), ging gestern die dreitägige internationale Fachkonferenz „Übersetzen in die Zukunft“ in Berlin zu Ende. Rund 1.600 Dolmetscher und Übersetzer aus über 40 Ländern informierten sich drei Tage lang in mehr als 80 Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops über die Herausforderungen der Globalisierung für den Beruf und die Branche. An die 30 Aussteller präsentierten auf der Fachmesse ihre Produkte und Organisationen. Im Rahmen der Stellenbörse sowie einer Kooperationsbörse konnten die Konferenzteilnehmer wertvolle berufliche Kontakte knüpfen. Veranstalter war der BDÜ, der mit über 6.000 Mitgliedern der größte Verband der Branche in Deutschland und Europa ist.

Es gibt viel zu tun für Dolmetscher und Übersetzer. Angefacht durch die Globalisierung steigt das Volumen des Übersetzungsmarktes und liegt in Deutschland derzeit bei etwa 750 Millionen bis 1 Milliarde Euro pro Jahr. Auch in Zeiten der Finanzkrise wächst der Übersetzungsbedarf um jährlich circa 10 Prozent. Das Wachstum bringt neue Anforderungen an den Beruf. BDÜ-Präsident Amkreutz: „Dolmetscher und Übersetzer müssen den Sprung in die Zukunft machen aufgrund der Technik, die ihnen zur Verfügung steht.“ Sie müssten sich Schritt für Schritt den neuen Herausforderungen anpassen – hinsichtlich der technischen Hilfsmittel, der Zusammenarbeit in virtuellen internationalen Teams und des erforderlichen Tempos, mit dem umfangreiche Übersetzungen in mehrere Sprachen verlangt würden. So könnten sie, gemäß dem Motto der Konferenz, „in die Zukunft übersetzen“. Auch wenn es leistungsfähige Übersetzungssoftware gibt: „Die Arbeit von Dolmetschern und Übersetzern ist unverzichtbar“, so Amkreutz. „Weder Wirtschaft, Politik noch Kultur kommen ohne qualifizierte Sprachdienstleistungen aus.“

Juhani LönnrothDiese Meinung teilte Juhani Lönnroth, Generaldirektor der Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission. In seiner Rede auf der Fachkonferenz am Samstag, dem 12. September, sagte der Leiter des größten Sprachendienstes der Welt: „Der Übersetzer wird zwar nicht von der Maschine abgelöst, doch wird er sich mehr und mehr auf Hilfsmittel verlassen müssen.“ Dies sei insbesondere bei umfangreichen Übersetzungen der Fall. Dort helfe der Einsatz von Maschinen bei der Qualitätssicherung und Kohärenzkontrolle. Für anspruchsvolle Übersetzungen sei der gut ausgebildete Übersetzer, der kritisch mit der Technik umzugehen versteht, unentbehrlich. „Wir brauchen ihn dringender denn je.“ Lönnroth weiß aus der Praxis, dass der Beruf einem raschen Wandel unterliegt und neue Berufsbilder entstehen. So brauche nach seiner Erfahrung ein Übersetzer heutzutage neben sprachlichen auch analytische und intellektuelle Fähigkeiten sowie Informatikkenntnisse.

Die Sprache Deutsch ist in Lönnroths Behörde gefragt. „Als Zielsprache steht Deutsch bei uns nach Englisch und Französisch an dritter Stelle.“ Die Deutsche Sprachabteilung sei mit 126 Übersetzerinnen und Übersetzern nach der französischen und noch vor der englischen die zweitgrößte Abteilung seiner Behörde. Um das Übersetzungsaufkommen in allen 23 Amtssprachen und 506 Sprachkombinationen für die EU überhaupt zu bewältigen, sei seine Behörde auf freie Mitarbeiter angewiesen. Er forderte die Freiberufler unter den Zuhörern auf, sich bei der Europäischen Kommission zu bewerben.

Jutta LimbachEin Höchstmaß an Feingefühl

Um die Sprache Deutsch ging es in der Rede von Professorin Jutta Limbach. Die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, des Goethe-Instituts und des Deutschen Sprachrats, sprach in ihrem Vortrag „Eine neue sprachliche Weltordnung“ über die Bedeutung der Sprache Deutsch in der globalisierten Welt. Eingangs zollte sie dem Berufsstand der Dolmetscher und Übersetzer Respekt. Limbach: „Die Kunst des Dolmetschens und Übersetzens verlangt ein Höchstmaß an Feingefühl.“ Dolmetscher und Übersetzer müssten mit der Seele lesen und zuhören können. „Geisteskraft muss mit geduldiger Empathie gepaart sein, soll das Verstehen und Übersetzen glücken.“ Die Konferenzteilnehmer, von Berufs wegen sensibel für Sprache und Kultur, folgten gespannt ihren Ausführungen über den Stellenwert der deutschen Sprache in einer „entgrenzten Welt“.

„Die hohe Resonanz auf diese erste Fachkonferenz zeigt, dass die Branche den Bedarf an einer solchen Zusammenkunft hat“, resümiert BDÜ-Präsident Amkreutz. Der Verband denkt über eine Fortsetzung der Konferenz in drei Jahren nach. Informationen zur Fachkonferenz und den Vorträgen stehen im Internet unter www.uebersetzen-in-die-zukunft.de.

[Text: Birgit Golms. Quelle: Pressemitteilung BDÜ, 2009-09-14. Bild: Christof Rieken.]

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