„Bibel in der Sprache lesen, in der man träumt“: Fritz Goerling über die Bibelübersetzung

Im Jahre 1934 gründete der Amerikaner Cameron Townsend das Missionswerk „Wycliff“. Der Name „Wycliff“ ist auf John Wycliff zurückführen. Er ist das Vorbild des Missionswerks, da er der erste Übersetzer der Bibel in die englische Sprache war. Weltweit verfügt die Organisation „Wycliff“ über 6.000 Mitarbeiter. Ihr Ziel ist es, die Bibel auch unter kleinen Volks-Minderheiten zu verbreiten. Zurzeit arbeitet Wycliff in über 1.300 Volksgruppen daran, dass die Bibel für jeden verständlich ist. Allerdings gibt es oftmals für die Sprachen dieser Gruppen keine Schrift. In diesem Fall erarbeitet das Missionswerk eine Schrift sowie Schreibregeln und organisiert Leseunterricht. Es arbeitet eng mit einheimischen Kirchen, Universitäten und Einrichtungen zusammen.

Wycliff selbst betont die Wichtigkeit der Bibelübersetzung folgendermaßen:

So wie Jesus Christus in die Welt kam, so verteilen sich seine Nachfolger über die Welt, um die Gute Nachricht von dem einen Gott zu verbreiten, der sich selbst „übersetzt“ hat, damit wir ihn verstehen können. Im Zentrum dieser Guten Nachricht steht, dass erlöste Menschen aus allen Völkern und Sprachen durch ganz unterschiedliche Kulturen das Evangelium zum Ausdruck bringen und zusammen eine Symphonie des Lobpreises für unseren Gott erklingen lassen. Die Übersetzung der Bibel ist dafür ganz wesentlich. Übersetzung ist nicht nur eine Art, die Botschaft zu vermitteln –  Übersetzung ist die Botschaft.

Fritz Goerling, Mitarbeiter des Missionswerks Wycliff und Diplom-Übersetzer für Englisch und Französisch (Abschluss an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim) war an über 30 Übersetzungen des Neuen Testaments beteiligt. Er studierte in Paris die westafrikanische Sprache Jula, weil er einen Ruf bekommen hatte, als Bibelübersetzer unter den Julas an der Elfenbeinküste zu arbeiten. 1986 begannen das Jula-Team, zwei afrikanische Übersetzer und Goerling sowie ein Amerikaner mit der Übersetzung des Neuen Testaments ins Jula. Dies nahm insgesamt acht Jahre in Anspruch. Da die Nachfrage nach der Übersetzung enorm war, entschlossen sich die Wycliff-Übersetzer, auch das Neue Testament ins Jula zu übertragen. 2012 soll die Übersetzung in Druck gehen. In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet Goerling über die Bibelübersetzung. „Die Herausforderung ist, genau zu übersetzen, auch wenn die Wortschätze der Sprachen nicht übereinstimmen.“ Er hat auch mitgeholfen, eine Schrift für Jula zu entwickeln. Goerling sagt zudem : „Die Menschen sollen die Bibel in der Sprache lesen können, in der sie träumen.“ Ferner äußerte er sich in einem früheren Interview wie folgt: „Wir wollten die Leute mit der Muttersprache erreichen, da die Muttersprache die Sprache des Herzens ist.“

Stand der Bibelübersetzung (Februar 2011)
Ganze Bibel: 471 Sprachen
Neues Testament (+ weitere Teile): 1.223 Sprachen
nur Bibelteile: 1002 Sprachen
Gesamt: 2.696 Sprachen

Zahlen zu den Sprachen der Welt und Wycliff
Weltbevölkerung: 7 Mrd.
Derzeit weltweit gesprochene Sprachen: ca. 6.800
Sprachen, die möglicherweise noch eine eigene Bibelübersetzung benötigen: ca. 2.040
Neues Testament und ganze Bibeln, die ganz oder wesentlich durch Wycliff erstellt wurden: 781
Mitarbeiter bei Wycliff weltweit im Einsatz: > 7.000
Sprachen, in denen zurzeit in Bibelübersetzung, Alphabetisierung und/oder sprachwissenschaftlichen Projekten gearbeitet wird (alle Organisationen): 1.976
Davon Projekte mit Wycliff-Beteiligung: 1.476
Länder, in denen Wycliff-Mitarbeiter tätig sind: 98 (einschließlich der Arbeit unter Menschen, die außerhalb ihrer Herkunftsländer leben)
Wycliff-Mitarbeiter aus Deutschland: 145
Übersetzungen des Neuen Testaments, an denen deutsche Mitarbeiter wesentlich beteiligt waren: 32

[Text: Jessica Antosik. Quelle: wycliff.de; pro-medienmagazin.de, 03.12.2011; lr-online.de, 09.03.2011; christliche-gemeinde-nes.de. Bild: Raul654 (Wikipedia).]

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