„Das fliegende Klassenzimmer“ ins Saterfriesische übersetzt

Margaretha Grosser hat den Kinderbuchklassiker Das fliegende Klassenzimmer von Erich Kästner fast vollständig ins Saterfriesische übersetzt. Es fehlen nur noch zwölf Seiten. Allerdings räumt Grosser ein: „Hätte ich vorher gewusst, auf was ich mich da einlasse, ich hätte wohl abgelehnt.“ Ende 2012 wird das 172-seitige Buch unter dem Titel Die fljoogende Klassenruum erhältlich sein.

Erscheinen wird das Buch im Tintenfass-Verlag, das sich auf Minderheitensprachen spezialisiert hat. Die 77-jährige Ramsloherin hat während ihrer Übersetzerkarriere noch nie ein solch umfangreiches Buch aus dem Hochdeutschen ins Saterfriesische übertragen. Die Geschichte vom Struwwelpeter und dem kleinen Häwwelmann waren um einiges kürzer.

Gretchen Grosser hat mit zwei Wörterbüchern gearbeitet, die leider nicht immer alle Begriffe enthalten. „Wen soll ich fragen? Normalerweise kommen die Leute ja zu mir, damit ich ihnen den richtigen Begriff mitteile“, sagte Grosser.

Um die Probleme zu verdeutlichen, mit denen die Übersetzerin zu kämpfen hatte, folgt ein kleiner Auszug aus dem ersten Kapitel zunächst aus dem Ausgangstext (Hochdeutsch) und dann aus dem Zieltext (Saterfriesisch):

In diesem Augenblick wurde die Tür der Turnhalle stürmisch aufgerissen. Matthias blieb der Vers im Hals stecken. Die andern drehten sich erschrocken um, und Uli blickte neugierig aus der gemalten Wolke heraus, hinter der er seinen Auftritt erwartet hatte.

In düssen Oogenblik wurde ju Doore fon ju Turnhalle stoarmsk eepenrieten!“ Mathias bleeuw die Färs in n’Hoals sitten. Do uur troalden sik ferskräkt uume, un Uli keek ienkieks uut ju moalde Wulke hääruut, bääte ju hie sien Aptreeden ferwachtet waas.

Darüber hinaus sei sie einige Mal an ihre Grenzen gekommen und habe schlichtweg keine Lust mehr gehabt, das Werk zu übersetzen. Erst die Ehrung durch den Heimatbund Oldenburger Münsterland habe dies geändert. „Das hat mich motiviert. In der Nacht danach habe ich vier Seiten übersetzt.“

Obwohl sie das Werk noch nicht vollkommen vollbracht hat, hat sie schon das nächste Projekt in Angriff genommen. „Parallel übersetze ich das Märchen vom Fischer und seiner Frau.“ Sie sieht die Geschichte als sehr aktuell an: „Auch heutzutage sind die Menschen nie zufrieden. Sie streben nach immer mehr“, so Gretchen Grosser. Das Erscheinungsdatum ist noch nicht bekannt, aber wie es aussieht, habe der Verleger bereits „angebissen“.

Über das Saterfriesische
Bei der saterfriesischen Sprache, auch Seeltersk genannt, handelt es sich um die letzte verbliebene Varietät der ostfriesischen Sprache. Schätzungen zufolge wird Saterfriesisch noch von etwa 2000 Personen in der Gemeinde Saterland im Landkreis Cloppenburg gesprochen. Somit ist Seeltersk eine der kleinsten Sprachinseln Europas.

Seit 1999 die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Deutschland in Kraft getreten ist, genießt die saterfriesischen Sprache als anerkannte Minderheitensprache besonderen Schutz und Recht auf Förderung. Im Saterland ist die Sprache zum Amtsgebrauch zugelassen. Die Ortsschilder im Saterland sind zweisprachig ausgezeichnet.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: nwzonline.de, 19.04.2012.]

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