Prof. Dr. Hartmut Köhler ist am 9. Dezember 2012 überraschend im Alter von 72 Jahren verstorben. Der Romanist, der nach seiner Promotion über Paul Valéry in Tübingen zwanzig Jahre an der Freiburger Universität wirkte, wo er sich auch habilitierte, arbeitete schon seit Beginn seiner akademischen Laufbahn als Übersetzer der klassischen Literatur. Im Zeitraum von 1994 bis 2005 war er als Hochschuldozent und Professor für Romanistische Literaturwissenschaft an der Universität Trier tätig.
Seine Lehre und Forschung sowie vor allem seine exzellenten Übersetzungen französischer, italienischer und spanischer Klassiker (u. a. Racine, Gracián, Dante) haben das Fach Romanistik wesentlich geprägt. Des Weiteren hat er das kulturelle Leben der Stadt Trier ehrenamtlich mitgestaltet und bereichert.
In einer Pressemitteilung der Universität Trier zum Tod von Hartmut Köhler heißt es: „Sein Leben war bestimmt von der Überzeugung einer humanen und kulturgeleiteten Werteordnung und dem Glauben an die Wirkungsmacht des Wortes.“
Für die Cahiers/Hefte von Paul Valéry erhielt er im Jahre 1990 zusammen mit dem Übersetzerteam den Paul-Celan-Übersetzerpreis des Deutschen Literaturfonds. Seine Übersetzung des monumentalen Barockromans El Criticón von Baltasar Gracián wurde 2009 mit dem Johann-Friedrich-von-Cotta-Übersetzerpreis der Stadt Stuttgart ausgezeichnet.
Köhler war Mitglied des Vorstandes der Deutschen Dante-Gesellschaft. Vor einigen Monaten schloss er den dritten und letzten Band seiner grandiosen Übersetzung von Dante Alighieris Göttlicher Komödie ab, die im September 2012 erschienen ist.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Süddeutsche Zeitung würdigen in Nachrufen Werk und Wirken des 1940 in Kleinmachnow geborenen Übersetzers. Die FAZ bezeichnet ihn als „Dantes Gefolgsmann“, mit dem …
[…] wir nicht nur einen sehr guten Übersetzer, sondern auch einen Romanisten von Rang verloren haben, der in Dante den Mittelpunkt seines Schaffens und Forschens hatte, aber auch für seine Arbeit an der Vermittlung von Valéry und Garcían in Deutschland ausgezeichnet wurde und über lange Jahre hinweg an der Universität Trier die Nähe zum französischen Sprachraum nutzte, um grenzüberschreitend literarische Kontakte zu vermitteln.
Die Süddeutsche Zeitung lobt Köhler als „Schmied der Sprache“ für seinen „respektvollen und dienenden Umgang mit den Werken der Dichter“, die ein Kennzeichen seiner Arbeit gewesen sei. Weiter schreibt Maike Albath in der SZ:
Seine letzten Jahre gehörten Dante Alighieri und dessen Commedia. Köhler näherte sich Dante mit philologischer Genauigkeit, eindrucksvoller Gelehrsamkeit und großem stilistischem Gespür. Elegant bildet er in seiner Übersetzung syntaktische Strukturen nach, arbeitet die Vielfalt der Register heraus, spiegelt die charakteristische Mehrsprachigkeit des florentinischen Dichters und findet Entsprechungen für Wortschöpfungen.
In fundierten Kommentaren, die nicht nur die philosophischen, theologischen und historischen Hintergründe erläutern, sondern auch das Fortleben der Komödie bis zu T.S. Eliot und Heavy Metal aufzeigen, macht er Dante einem Leser von heute zugänglich und gewinnt ihm, trotz der rund 60 Vorläuferübersetzungen, überraschende Facetten ab.
Immer wieder mitreißend ist Köhlers Witz – wem sonst konnten Wörter wie „Schurkenzwinger“ und „Ruppelbart“ einfallen? Hartmut Köhlers Übersetzung der Komödie ist ein Meisterwerk. Dass es sie gibt, ist ein Trost für alle, die zurückbleiben.
Jessica Antosik