Versuchte Anstiftung zum Mord? Neuübersetzung führt nach einem Jahr Haft zu Freispruch

Die in Mönchengladbach wohnende Imane K. wurde Anfang 2012 angeklagt. „Versuchte Anstiftung zum Mord“ lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Als Beweis dafür dienten Telefonate, die bei dem 54-jährigen Jamal F. in Dresden abgehört wurden. Jamal F. war ein väterlicher Freund von Imane K. Seine Leitung wurde abgehört, da er unter Verdacht stand, eine Tunesierin bei der Ermordung ihres Ehegatten unterstützt zu haben. Er wurde bereits freigesprochen.

Da Imanes Mann sie vergewaltigt habe, hatte sie Jamal F. ihr Herz ausgeschüttet. Sie sagte, sie wolle „weg von dem Tier“. Sie weinte: „Ich halte das nicht mehr aus.“ Und sie bat: „Du musst mir helfen. Lass uns das planen.“ Im dritten Telefongespräch sprachen die beiden dann über „Kasino“ und „viel Geld“. Die Ermittler waren sich sicher: Imane K. wollte einen Mörder anheuern.

Die ersten beiden Gespräche ließen die Ermittler noch vollständig aus dem Arabischen übersetzen. Darin klang alles so, als suche die Frau einen Auftragsmörder. Vom dritten Telefonat lag dem Gericht in Mönchengladbach lange Zeit lediglich eine Zusammenfassung vor, die nahtlos an die ersten beiden anzuknüpfen schien. Deshalb wurde sie angeklagt und kam in Haft. Doch Jamals Verteidiger Mutlu Günal beharrte darauf, auch das dritte Telefongespräch wortwörtlich übersetzen zu lassen – mit Erfolg.

Am 9. Januar 2013, fast genau ein Jahr später, wurde sie vom Richter Lothar Beckers freigesprochen. Es habe sich herausgestellt, dass die beiden beim letzten Telefonat über den Kinofilm „Hangover“ sprachen, in dem es in der Tat um Kasinos und viel Geld geht. Möglicherweise hat die 22-jährige Marokkanerin also etwa ein Jahr unschuldig in Untersuchungshaft verbracht.

Die Staatsanwaltschaft blieb bei dem Vorwurf, sie sei auf der Suche nach einem Mörder gewesen. Der Richter sah dies jedoch anders: Das Gespräch, das zunächst nur als Zusammenfassung vorlag, habe „ein schiefes Bild“ ergeben. Ein Gutachter hatte der Angeklagten attestiert, hysterisch zu reagieren. Das erkläre ihre Aussagen, ihr Mann sei ein Tier – dies sei jedoch nicht strafbar.

Imane K. wird nun etwa 7.000 Euro Haftentschädigung erhalten. Nach einem Jahr im Gefängnis hat weder eine Wohnung noch eine Arbeit. Trotz allem ist sie optimistisch: „Alles ist besser, als unschuldig im Gefängnis zu sitzen.“

[Text: Jessica Antosik. Quelle: express.de, 9.01.2013; wz-newsline.de, 9.01.2013. Bild: Richard Schneider.]

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