Warum „Sale“ statt „Schlussverkauf“? Wenn schon Ausländisch, dann richtig

Lieblings-Sale
Im Laden „ELB by KULT“ auf der Düsseldorfer Königsallee gibt es einen „Lieblings-Sale“ für die Taschen von „George, Gina & Lucy“.

Wenn in Deutschland Ladengeschäfte zum Saisonende auf den Schlussverkauf hinweisen, dann tun sie dies schon seit Jahren in den meisten Fällen mit Schaufensterplakaten, auf denen das Wort „Sale“ zu lesen ist. Das ist Englisch und bedeutet „Schlussverkauf“.

Mit dem Schriftzug möchte der Laden mitteilen, dass die letzten noch vorrätigen Artikel der ablaufenden Saison zu reduzierten Preisen angeboten werden. Damit in den Regalen und Lagern Platz für die neue Frühjahrs-, Sommer-, Herbst- oder Winterkollektion geschaffen wird. Der Kunde soll also darüber informiert werden, dass für wenige Wochen Sonderangebote gelten und er echte Schnäppchen finden kann.

„Schlussverkauf“, „Ausverkauf“, „reduzierte Preise“, „Sonderangebote“, „Schnäppchen“ – die deutsche Sprache kennt eine Fülle von Ausdrücken, mit denen man auf diesen Umstand hinweisen könnte. Warum werden diese Möglichkeiten nicht genutzt?

„Sale“ zum „nervigsten Wort des Jahres“ gewählt

Sale (reduziert)
Gesehen im Düsseldorfer Kaufhof: Der Haupthinweis in der Sprache der ehemaligen Besatzungsmacht Großbritannien, aber mit Übersetzungshilfe für die Ureinwohner.

„Warum sagt man es nicht in der Sprache der Kunden?“, fragte sich 2009 der Präsident des Deutschlehrerverbandes der Elfenbeinküste, Charles Antoine Djokouéhi. „Immer wenn ich nach Deutschland komme, wundere ich mich dort über die vielen überflüssigen englischsprachigen Wörter. Warum benutzen die Deutschen nicht ihre eigene Sprache, in der man alles ausdrücken kann? Die Verwendung von Anglizismen ist kein Zeichen für Internationalität und hohe Bildung, sondern genau das Gegenteil: Nur provinzielle, ungebildete Deutsche verwenden häufig Fremdwörter, weil sie die internationale Bedeutung ihrer eigenen Sprache nicht kennen und einen kleinen deutschen Wortschatz haben.“

Djokouéhi gab diese Stellungnahme für den Verein Deutsche Sprache (VDS) ab, dem er angehört. Dessen Mitglieder hatten 2009 das Wort „Sale“ zum „nervigsten und überflüssigsten Wort des Jahres“ gewählt.

Vorsitzender des Vereins ist der Dortmunder Statistik-Professor Dr. Walter Krämer. Er schimpfte 2011 im Gespräch mit der Bild-Zeitung: „Wenn irgendein Idiot aus Ausverkauf Sale macht, raste ich aus. Jede Oma kennt Ausverkauf, aber nicht Sale. Wer solche Wörter benutzt, will sich nur aufplustern. Das ist Imponiergehabe.“

Jetzt wird’s schmutzig: „Sale“ im französischsprachigen Umfeld

Mid Season Sale
Mit einem „Mid Season Sale“ versucht Takko in Soest, Kunden in den Laden zu locken.

Die Verwendung des englischen „Sale“ im französischsprachigen Umfeld wirft besondere Verständnisprobleme auf, denn im Französischen gibt es ein Adjektiv gleicher Schreibweise. Das französische „sale“ bedeutet aber „schmutzig“.

Die Regierung des französischsprachigen schweizerischen Kantons Neuenburg (Neuchâtel) will sich das nicht länger bieten lassen. Anfang 2013 hat sie eine Vorschrift erlassen, nach der die Geschäfte auf herabgesetzte Preise mit dem französischen Wort „Soldes“ hinzuweisen haben. Der Kantonsrat erklärt: „Obschon es durchaus berechtigte Anglizismen gibt, stellt dieser eine Beleidigung der französischen Sprache dar.“

Der Ständerat Didier Berberat hofft, dass andere Kantone dem Beispiel folgen werden. Die englischen Schlagwörter seien oft „ein Produkt von Zürcher Werbeagenturen“ und stammten somit aus dem deutschsprachigen Teil der Schweiz.

Vertreter der Werbebranche halten das „Sale“-Verbot für übertrieben. Hervé Devanthéry von der „SW Schweizer Werbung“ findet es aber ebenfalls „ein wenig lächerlich“, Kleidungsstücke mit einem Etikett zu versehen, auf dem die französischsprachigen Einheimischen das Wort „schmutzig“ lesen.

Vielsprachig in Thier-Galerie
Wenn schon Ausländisch, dann richtig – und vor allem einschließlich Deutsch. Vorbildlich weist dieses Geschäft in der Dortmunder Thier-Galerie auf den Schlussverkauf hin.

Wenn schon Ausländisch, dann richtig

Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass es einfach nur dämlich ist, in deutschsprachigen Ländern das Wort „Sale“ auf Schlussverkaufsschilder zu drucken. Dennoch wäre es durchaus sinnvoll, auch Touristen und vor allem die große Zahl der Einwanderer auf die alljährlichen Rabattschlachten hinzuweisen.

Erforderlich wären Hinweise in der Sprache der Nachbarländer Deutschlands sowie auf Türkisch, Kurdisch, Russisch, Bulgarisch und in weiteren Einwanderersprachen.

Wie man es richtig macht, zeigen zwei Geschäfte in Dortmund (Bild oben und unten), die in einer Vielzahl von Sprachen – einschließlich Deutsch und Englisch – die Schnäppchenjäger ansprechen.

Mehrsprachiges Schild
Warum nicht? Dieses Dortmunder Schuhgeschäft spricht die internationale Kundschaft ebenfalls mehrsprachig an.

[Text: Richard Schneider. Quelle: VDS, 2009-12-16, 2013-01; Bild, 2011-08-14; Berner Zeitung, 2013-01. Bild: Richard Schneider.]