Dolmetsch-Pensionär Werner Zimmermann vom Auswärtigen Amt: „Ich vermisse meine Arbeit“

Merkel, Hollande, Dolmetscher
Auf dem Hocker neben der mächtigsten Frau der Welt: Arbeitssituationen wie diese im Elysée-Palast machen Polit-Dolmetscher regelmäßig high und arbeitssüchtig. Hier trifft sich die Kanzlerin mit dem französischen Präsidenten, um einen EU-Gipfel zur griechischen Staatspleite vorzubereiten.

Werner Zimmermann ist pensionierter Französisch-Dolmetscher. Er hat knapp 30 Jahre lang für das Auswärtige Amt gearbeitet und dolmetschte schon für die Kanzlerin, Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher“, schreibt Focus Online in einem Porträt.

Als die EU-Regierungschefs am 12.07.2015 in Brüssel zum Thema Griechenland konferierten, war der 66-Jährige wieder in seinem Element. Weil eine Kollegin ausgefallen war, hatte man ihn gebeten, als Dolmetscher für Merkel und Hollande zu fungieren. „Die Bundeskanzlerin hat mich sofort erkannt und herzlich begrüßt“, so Zimmermann.

„Ich war im Laufe meiner Karriere zum Beispiel im Weißen Haus, im Buckingham-Palace und bei Wladimir Putin“, schwärmt Zimmermann. „Ich habe es sehr genossen, dabei gewesen zu sein, wenn Politik gemacht wurde. Ich habe die Eindrücke aufgesogen.“

Trotzdem habe er zu den in- und ausländischen Politikern, für die er häufig tätig war, keine persönliche Beziehung aufgebaut: „Es waren immer sehr höfliche und professionelle Verhältnisse. Wir Dolmetscher sind auf dem politischen Parkett Statisten.“

Trotz guter Vorbereitung habe er vor jedem Einsatz Lampenfieber verspürt. „Bei meinem ersten Auftrag als Dolmetscher habe ich für den ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher übersetzt. Da war ich sicherlich noch etwas nervöser als ich es heute wäre.“

Besonders unbeliebt sei das Flüsterdolmetschen aus der zweiten Reihe, zum Beispiel bei Banketten. „Wir nennen das auch ‚Stühlchensitzen'“, so Zimmermann. Die Dolmetscher hocken dabei auf einem Stuhl schräg hinter den Politikern. Das sei besonders anstrengend, weil man oft akustisch nur schwer verstehe, was gesprochen wird. „Ich erinnere mich an so manch ein Abendessen, bei dem ich als Dolmetscher mit knurrendem Magen hinter dem Banketttisch saß.“

Zimmermann ist in Belgien im deutschsprachigen Gebiet um Eupen zweisprachig aufgewachsen. Gegenüber der dortigen Regionalzeitung hat er aus Anlass seiner Pensionierung erklärt, warum ihn die Arbeit im Ministerium stets so gereizt habe: „Ein Angebot des Auswärtigen Amtes ist für einen Dolmetscher das, was für einen Fußballer die Berufung in die Nationalmannschaft ist.“

Trotz Ruhestand spricht er auch privat noch regelmäßig Französisch und liest die Literatur des Landes. „Ich vermisse meine Arbeit als Dolmetscher“, sagt Werner Zimmermann. „Aber meine Nachfolgerinnen im Auswärtigen Amt leisten eine hervorragende Arbeit.“

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[Text: Richard Schneider. Quelle: Focus Online, 2015-07-18. Bild: Bergmann / Bundesregierung.]