An den Münchner Kammerspielen läuft zurzeit ein Stück, in dessen Mittelpunkt Simultandolmetscher stehen. Regisseur Kevin Barz und Komponist Paul Brody haben für die Inszenierung mit dem Titel „Saal 600“ die Protokolle des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals auf eine Stunde Text und Musik komprimiert. Der dokumentarische Musikabend zeigt die Verhandlung aus der Sicht der Konferenzdolmetscher.
Der Titel des Theaterstücks nimmt Bezug auf den „Schwurgerichtsaal 600“, in dem die Verhandlungen stattfanden.
Die Dolmetscher sind an den Kammerspielen ausnahmsweise nicht „Statisten auf politischer Bühne“, wie sie Dr. Paul Schmidt in seinen Erinnerungen beschrieb, sondern Akteure. Vier Schauspieler schlüpfen abwechselnd in die Rollen der Prozessbeteiligten und deren Dolmetscher, woraus sich laut Pressemitteilung „ein vielstimmiger Chor“ ergibt.
SDI München war beratend tätig
Das Theaterteam hatte sich vorab am SDI München sachkundig gemacht. David Drevs, Dozent für Russisch und Englisch, und Prof. Dr. Katharina Wenzl, Professorin fürs Dolmetschen, informierten über die Techniken des Dolmetschens. Die Schauspieler konnten ihren Einsatz am Institut in echten Dolmetschkabinen proben.
Nur drei Aufführungen insgesamt
Die Uraufführung von „Saal 600“ fand am 02.03.2018 statt. Die nächsten Termine sind am 18. März um 17:00 Uhr (ausverkauft, eventuell vorhandene Restkarten an der Abendkasse) sowie voraussichtlich noch einmal im Mai.
Der oben zitierte Dr. Paul Schmidt war Chefdolmetscher der deutschen Regierungen von 1923 bis 1945 und später langjähriger Direktor des SDI Müchen. Unter dem Titel „Statisten auf politischer Bühne“ veröffentlichte er seine Erinnerungen, die sich zu einem Bestseller entwickelten.
Mehr zum Thema auf UEPO.de
- 2010-11-20: Nürnberger Prozesse: Nach 65 Jahren Gedenkstätte eingerichtet
- 2005-02-16: Europäische Verlagsanstalt will Paul Schmidts „Statist auf diplomatischer Bühne“ neu auflegen
Richard Schneider