Polizeidolmetscher verklagt Niedersachsen, weil er im Einsatz schwer verletzt wurde

Messerangriff
(Bild: diy13 / Fotolia)

Mirsad A. ist Zerspanungsmechaniker. Wegen seiner guten Sprachkenntnisse arbeitet der 52-Jährige aber seit Jahren auch nebenberuflich für die Polizei als Dolmetscher.

Wie die niedersächsische Lokalzeitung Die Harke berichtet, wurde er 2015 im Polizeikommissariat Stolzenau bei der Vernehmung eines Mannes niedergestochen, den die Beamten in verwirrtem Zustand aufgegriffen hatten. Das Messer verfehlte seine Halsschlagader nur um drei Millimeter, die Verletzung wurde von einem Gutachter als „potenziell lebensgefährlich“ eingestuft.

Nach Angaben der Polizei war der Angreifer zuvor durchsucht worden. Dabei habe man aber kein Messer entdeckt.

Psychisch gestörter Täter in Klinik eingewiesen

Der Täter, ein Asylbewerber aus Montenegro, wurde im Strafprozess wegen einer „schweren psychischen Störung“ in eine Klinik eingewiesen. Dort griff er später einen Pfleger mit einer Gabel an. Schon 2006 war er in seiner Heimat wegen eines ähnlichen Delikts zu einer sechsmonatigen Zwangsunterbringung in einer psychiatrischen Anstalt verurteilt worden.

Dolmetscher gesundheitlich eingeschränkt und arbeitsunfähig

Drei Jahre nach der Tat leidet der damalige Dolmetscher nach eigenen Angaben immer noch unter Alpträumen, Nervosität, Vorhofflimmern und einem Zittern der rechten Hand. Er könne weder in seinem Hauptberuf noch als Dolmetscher arbeiten und befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung.

Nach Angaben seines Anwalts lebt A. zurzeit vom Krankengeld der Berufsgenossenschaft. Das habe erst eingeklagt werden müssen, weil die Berufsgenossenschaft angezweifelt habe, dass die gesundheitlichen Einschränkungen eine Folge des Messerangriffs sind.

Kein Anspruch auf Opferentschädigung, weil Dolmetscheinsatz nicht ehrenamtlich war

Der Geschädigte hat keinen Anspruch auf Zahlungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, weil der Angriff nicht bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit geschah, sondern der Dolmetscheinsatz bezahlt wurde.

Schadenersatzklage gegen Land Niedersachsen als Dienstherr der Polizei

Deshalb hat Mirsad A. das Land Niedersachsen als Dienstherr der Polizei auf Schadenersatz verklagt. Sein Anwalt sieht am Tattag eine „grob fahrlässige Pflichtverletzung der handelnden Beamten“. Nur deshalb habe der geistig verwirrte Täter seinen Mandanten trotz Leibesvisitation und Anwesenheit von zwei Beamten (und zwei Schülerpraktikanten) angreifen und schwer verletzen können.

Der Zivilprozess soll am 19.09.2018 vor dem Landgericht Verden beginnen (Aktenzeichen 5 O 20/18).

[Text: Richard Schneider. Quelle: Die Harke, 2018-09-15.]