Mit „Grün ist das neue Rot“ kommentierte die Bild-Zeitung das Ergebnis der bayerischen Landtagswahl am 14. Oktober 2018. „Was früher die Volkspartei SPD war, ist heute die einstige grüne Nischenpartei.“ Obwohl es in einem anderen Kontext schon ein Taschenbuch mit dem gleichen Titel gibt, hat dieser Platz- und Farbwechsel die Jury für die Schlagzeile des Jahres überzeugt, sie hat diese Überschrift auf Platz eins gesetzt.
Knapper Zweiter wurde der Spiegel mit „Liba mit Fibl“, einem Bericht zur Überlegenheit des klassischen Orthografieunterrichts beim Schreibenlernen.
Mit einigem Abstand auf Platz drei folgen gleich vier Schlagzeilen mit identischer Punktzahl: „Loch und Löcher“ (der Tagesspiegel zur Finanzkrise beim BER-Flughafen), „Junge, komm nie wieder“ (die Süddeutsche Zeitung zu einer möglichen Rückkehr von Silvio Berlusconi in die Politik), „Brüllende Stille“ (die Börsen-Zeitung zur internen Kommunikation bei der Deutschen Bank nach der Enthüllung, dass deren Aufsichtsrat einen neuen Vorstandsvorsitzenden suche) sowie „Der wüste Sohn“. So überschrieb die Hannoversche Allgemeine einen großen Bericht zu den Machenschaften des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der unter anderem eines Auftragsmords an dem Journalisten Jamal Khashoggi bezichtigt wird.
Insgesamt gingen bei der Jury 92 Vorschläge aus 22 Quellen ein. „Eine solche Auswahl hatten wir noch nie“, erklärt der Jury-Sprecher Walter Krämer, Wirtschaftsprofessor an der TU Dortmund und Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS). Weiter gehören zur Jury der Tübinger Rhetorikprofessor Gert Ueding, die Journalisten und Autoren Wolf Schneider und Franz Stark sowie die Sprachwissenschaftler Horst Haider Munske und Helmut Glück.
Die 30 von der Jury am höchsten bewerteten Schlagzeilen
- „Grün ist das neue Rot„, zur Landtagswahl in Bayern, Bild
- „Liba mit Fibl„, Studie zur Überlegenheit des klassischen Orthographieunterrichts, Spiegel
- „Junge, komm nie wieder„, Artikel über Rückkehr Silvio Berlusconis in die Politik, Süddeutsche Zeitung
- „Loch und Löcher„, Der BER-Flughafen steuert auf eine gefährliche Finanzkrise zu, Tagesspiegel
- „Brüllende Stille„, Seit der Enthüllung, dass der Aufsichtsrat der Deutschen Bank einen neuen Chief Executive Officer sucht, war die den Konzern umgebende, brüllende Stille kaum zu überhören, Börsen-Zeitung
- „Der wüste Sohn„, Bericht über den umstrittenen saudischen Kronprinzen, Hannoversche Allgemeine Zeitung
- „Sterben wird riskanter„, Viele Menschen möchte lieber zuhause sterben, aber das klappt oft nicht, Augsburger Allgemeine Zeitung
- „Zimmer ohne Aussicht„, Artikel über Belastung durch hohe Mieten, Süddeutsche Zeitung
- „Auf Immerwiedersehen„, Merkel trifft Putin, digitale Ausgabe der Süddeutschen Zeitung
- „Im Leererzimmer„, Deutschland braucht viel mehr Pädagogen, Die Zeit
- „Der Widerspenstigen Zähmung„, Theresa May und die Brexitverhandlungen mit der EU, Süddeutsche Zeitung
- „Abschied von der Ess-Bahn„, Wiener Linien wollen das Essen in den U-Bahnen verbieten, Hannoversche Allgemeine Zeitung
- „Golf im Schafspelz„, Der VW Polo ist erwachsen geworden, Augsburger Allgemeine Zeitung
- „Kurdischer Knoten„, Artikel über kurdische Bevölkerung in der Türkei, Süddeutsche Zeitung
- „Heils Versprechen für die Rentner„, Sozialminister Heil präsentiert sein neues Rentenpaket, Augsburger Allgemeine Zeitung
- „Graf Draghila„, Mario Drqghi saugt die Sparer aus, Cicero 10/2018, Titelseite
- „Muss sie denn wirklich jeden ins Land lassen?„, Artikel über Antrittsbesuch von Kanzler Kurz bei Merkel, taz
- „Hier gibt’s Nachschlag„, Prügelei im Boxring nach Kampfabbruch, Bild
- „Es war uns eine Ära„, Angela Merkel verlässt die Politik, Berliner Zeitung
- „Obdachlose werden jünger und weiblicher„, ARD Tagesschau
- „Zweite Wahl„, Es kommt doch zur Groko in Berlin, Augsburger Allgemeine Zeitung
- „Ganz reizend„, Jeder vierte bis fünfte Deutsche hat eine Allergie, Hannoversche Allgemeine Zeitung
- „Ostpolitik ohne Maas„, Neuer Kurs in der Außenpolitik, Frankfurter Allgemeine
- „Brot für die Welt„, Frankreichs Baguette soll Weltkulturerbe werden, Hannoversche Allgemeine Zeitung
- „Uber-bewertet„, Artikel über die groteske Bewertung des Börsenkandidaten Uber auf dem Kapitalmarkt, Süddeutsche Zeitung
- „Das Scheinhorn„, Artikel über das angebliche Zusammenleben von Menschen und Einhörnern seit 350.000 Jahren, Süddeutsche Zeitung
- „Die Lerche ist der neue Star„, Vogel des Jahres, Augsburger Allgemeine Zeitung
- „Bleib bei mir„, Selten haben zwei so unterschiedliche Politiker so reibungslos zusammengearbeitet wie Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir, Süddeutsche Zeitung
- „Mehr Schanzengleichheit„, Auch die Skispringerinnen träumen von weiten Flügen, Frankfurter Allgemeine
- „Belgien schluckt sich auf Platz drei„, Der Verbrauch von Antibiotika ist hierzulade so groß, dass Belgien in einem OECD-Ranking auf Platz drei landet, Grenzecho (deutschsprachige Tageszeitung in Ostbelgien)
Über die VDS-Aktion „Schlagzeile des Jahres“
Die VDS-Aktion „Schlagzeile des Jahres“ gibt es seit 2010. Sie will Zeitungsmacher für zwei Eigenschaften auszeichnen. Einmal dafür, dass sie das Wesentliche eines Beitrags in wenigen Worten zusammenfassen, und zweitens für ihre kreative Nutzung des wortspielerischen Reichtums, über den die deutsche Sprache nicht weniger als andere verfügt.
Bisherige Preisträger:
- 2018: Bild „Grün ist das neue Rot“ (14. Oktober 2018)
- 2017: Sueddeutsche Zeitung „1:0 verloren“ (25. September 2017)
- 2016: FOCUS „Macht. Wahn. Erdogan.“ (23. Juli 2016)
- 2015: Süddeutsche Zeitung „Der Mann, der die Mauer niederstammelte“ (2. November 2015)
- 2014: Frankfurter Allgemeine Zeitung u. a. „Fluchhafen Berlin“ (26. Juni 2014)
- 2013: Bild „Yes, we scan!„
- 2012: Stern „Politik. Macht. Einsam.“ (43/2012)
- 2011: taz „Brüderle bei Ehrlichkeit ertappt“ (25. März 2011)
- 2010: Zeit „Krieger, denk mal!“ (4. Februar 2010)
[Text: VDS. Quelle: Pressemitteilung VDS, 2018-11.]