Die Königin von Saba verstehen – Uni Jena erstellt Online-Wörterbuch des Sabäischen

Forschergruppe Sabäisch, Uni Jena
Die Forschungsgruppe „Wörterbuch des Sabäischen“: (hinten von links) Heiko Werwick, Dr. Anne Multhoff und Mariam Kilargiani, vorne: Prof. Dr. Norbert Nebes. - (Bild: Jan-Peter Kasper / Uni Jena)

In der Bibel wird im ersten Buch der Könige geschildert, wie die Königin von Saba an Salomos Hof reist, um den Herrscher Israels mit Fragen auf die Probe zu stellen. Als Geschenke führt sie neben Gold und Edelsteinen auch Balsam mit sich.

Heute ist zwar unklar, ob die biblische Gestalt der Königin wirklich existiert hat. Sicher ist hingegen, dass der Reichtum der Sabäer auf dem Handel mit Weihrauch, Balsam und anderen Aromata beruhte.

Aufschluss darüber geben Inschriften in der sabäischen Sprache, die zwischen ca. 1.000 v. Chr. und 600 n. Chr. im Süden der Arabischen Halbinsel gesprochen wurde.

Orientalisten der Friedrich-Schiller-Universität Jena übersetzen diese Inschriften mit dem Ziel, ein Online-Wörterbuch des Sabäischen zu erstellen. Über eintausend Texte mit fast 80.000 Wörtern hat die Forschungsgruppe bereits übersetzt und online gestellt.

Weitere sollen in den kommenden drei Jahren dazukommen. Dafür erhielt das Projekt im Dezember 2018 eine Förderung in Höhe von 680.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Inschriften erzählen von Kultur des vorislamischen Arabiens

„Das Sabäische ist der wichtigste Dialekt des alten Südarabien, weil er über einen so langen Zeitraum gesprochen wurde und mit circa 6.000 bekannten Inschriften gut dokumentiert ist“, erklärt Prof. Dr. Norbert Nebes, der die Forschungsgruppe leitet. Die altsüdarabische Kultur stelle das Bindeglied zwischen Altem Orient und Islam dar und sei in ihrer Blütezeit im frühen ersten Jahrtausend v. Chr. bis nach Äthiopien vorgedrungen.

An der Beschäftigung mit dem Sabäischen fasziniert Nebes besonders, dass die zumeist in Stein und Bronze gehauenen Inschriften nicht nur die Sprache an sich vermitteln, sondern zugleich Einblicke in die komplexe Gesellschaft des vorislamischen Arabiens ermöglichen. Beispielsweise halten die Texte die Verordnungen und Erlasse der Gottheiten und Herrscher fest oder berichten von Kriegszügen gegen die südarabischen Nachbarn.

Schrifttafel Sabäisch
Interessantes Schriftbild: Ausschnitt aus dem Tatenbericht des Yitha’amar Watar (715 v. Chr.) in sabäischer Sprache. Die Schrifttafel befindet sich in Sirwah (Jemen). – (Bild: DAI, Norbert Nebes)

Online-Wörterbuch enthält vollständig übersetzte Inschriftentexte

Dem Wörterbuch des Sabäischen können Interessierte solche Informationen zu Kultur und Gesellschaft entnehmen. Denn als Belegwörterbuch leitet es die Nutzer über die Suchfunktion nicht nur unmittelbar zur deutschen Übersetzung des Stichwortes weiter, sondern bietet vollständig übersetzte Inschriftentexte mit Belegen an. Auf diese Weise erschließt sich zugleich der kulturelle Kontext eines Wortes.

Eine weitere Besonderheit des Online-Wörterbuches ist die Bearbeitung der Einträge, von denen bislang über 2.350 erfasst sind. Anders als bei herkömmlichen Wörterbüchern erfolgt sie nicht von A bis Z. Stattdessen werden nacheinander alle Texte einer Gattung – etwa der Widmungs-, Bau-, oder Gedenkinschrift – übersetzt und online gestellt.

Bereits hunderte Zugriffe im Monat

Damit Übersetzungen in solchem Umfang geleistet werden können, unterstützen die Orientalistinnen Dr. Anne Multhoff und Mariam Kilargiani Prof. Nebes bei der Arbeit. Außerdem ist Heiko Werwick Teil des Teams. Als Informatiker pflegt er die Website des Wörterbuches, die im September 2016 online gegangen ist und bereits 300 bis 400 externe Zugriffe im Monat verzeichnet.

„Das Wörterbuch dient nicht nur der Orientalistik, sondern ist auch für die Altertumswissenschaften und die Theologie nützlich“, erklärt sich Norbert Nebes den Erfolg. Mit der weiteren Finanzierung erhalten er und sein Team die Möglichkeit, diesen Nutzen noch auszubauen. Dazu soll bis zum Jahr 2021 ein Großteil der verbliebenen Inschriften übersetzt werden.

Weiterführender Link

[Text: Till Bayer / Uni Jena.]