„Uns Sproch es Heimat“ – So lautet das Motto beim Kölner Rosenmontagszug 2019

Prinz, Bauer und Jungfrau
Das Kölner Dreigestirn aus Jungfrau, Prinz und Bauer regiert das närrische Volk bis Aschermittwoch. - Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Die Kölner Karnevalssession steht 2019 unter dem Motto „Uns Sproch es Heimat“ (Unsere Sprache ist Heimat). Damit rückt die rheinische Mundart in den Fokus vieler karnevalistischer Aktivitäten – gerade auch beim heutigen Rosenmontagszug durch die Innenstadt, zu dem eine Million Besucher erwartet werden.

Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, erklärt dazu: „Sprache ist die Basis für das Miteinander in jeder Gesellschaft. Sie stiftet Identität und Gemeinschaftsgefühl. Gerade die kölsche Sprache lässt Sprecher und Zuhörer enger zusammenrücken. Gleichzeitig ist das Sessionsmotto eine Einladung an all jene, die kein Kölsch sprechen, unsere Sprache und damit auch unsere Lebensart besser kennen zu lernen.”

Uns Sproch es Heimat
Bild: Festkomitee Kölner Karneval

Zugleiter Alexander Dieper ergänzt: „Man muss gar nicht viel Kölsch können, um in Köln das warme Gefühl von Heimat zu spüren. Wer am Rand des Rosenmontagszuges steht und laut ‚Kamelle’ ruft, wird schnell das kölsche Lebensgefühl erleben. Die offene und direkte Art der Kölschen, die sich in der Sprache besonders intensiv zeigt, lässt auch Fremde schnell bei uns heimisch werden – und sei es nur für einige wunderbare Momente in der Karnevalszeit.”

Hinter dem Motto stecke auch die Aufforderung, die kölsche Sprache besser kennenzulernen. Das gelte gleichermaßen für Kölner, die im Alltag vielleicht eher Hochdeutsch sprächen, wie für Menschen, die nicht in Köln geboren seien. „Worte wie Alaaf, Kamelle und Fastelovend sind schnell gelernt”, sagt Festkomitee-Präsident Kuckelkorn. „Egal ob bei einer Sitzung oder im Straßenkarneval – wer sich ein bisschen auf die kölsche Sprache einlässt, wird sofort spüren, warum sie für die Menschen in Köln ein so wichtiges Stück Heimat bedeutet.”

In einem Gespräch mit dem Bonner Generalanzeiger sagt Dr. Georg Cornelissen, Leiter der Abteilung Sprachforschung im Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbands Rheinland:

Es gibt im Rheinland Menschen, deren Muttersprache ist der Dialekt. […] Der Dialekt ist immer die Heimatsprache, weil er die Nähe herstellt. Der Dialekt leidet ja unendlich darunter, dass er als minderwertig wahrgenommen wird. Für viele, die damit aufgewachsen sind, ist der Dialekt Teil der Identität und hörbare Heimat. Das ist die Sprache, in der ich zu Hause bin. Das ist die Sprache, die dort gesprochen wird, wo ich zu Hause bin.

Kölner Verkehrs-Betriebe verteilen 10.000 Kölsch-Wörterbucher

Bild: KVBDie Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) haben das Sessionsmotto aufgegriffen und 10.000 Exemplare eines Mini-Wörterbuchs drucken lassen. Unter dem Titel „Uns Sproch & uns KVB sin Heimat“ werden auf rund 390 Seiten im handlichen Streichholzschachtelformat 5.000 Ausdrücke des Kölner Dialekts auf Hochdeutsch wiedergegeben und umgekehrt.

Offenbar handelt es sich dabei um das 2017 bei Langenscheidt erschienene Lilliput-Wörterbuch „Kölsch“, das mit einem anderen Einband versehen wurde.

Das Büchlein wurde an vier Tagen im Februar an einer zentralen Haltestelle an kostümierte Jecken verteilt und lag an Fahrkartenschaltern der KVB aus.

Karnevalsmotto greift Erkenntnis von Humboldt und Heidegger auf

Wilhelm von Humboldt
Wilhelm von Humboldt auf einer Lithographie von Franz Krüger (gemeinfrei)

„Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache“, schrieb Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835) schon 1827 in einem Brief an eine Freundin. Der große Gelehrte war Mitbegründer der Berliner Universität und preußischer Staatsmann. In den letzten fünfzehn Jahren seines Lebens konzentrierte er sich auf seine sprachphilosophischen Studien in der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

Auch heute noch lesenswert sind seine auf Vorlesungen basierenden Abhandlungen „Ueber das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprachentwicklung“, „Ueber das Entstehen der grammatischen Formen, und ihren Einfluss auf die Ideenentwicklung“, „Ueber die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau“, „Ueber den grammatischen Bau der Chinesischen Sprache“, „Ueber den Dualis“, „Ueber die Sprachen der Südseeinseln“ oder „Charakter der Sprachen“.

Kölsch ist die einzige Sprache, die man trinken kann
Bild: UEPO.de

Auch der Philosoph Martin Heidegger (1889 – 1976) drückte sich in seinem „Brief über den Humanismus“ 1946 ähnlich aus:

Die Sprache ist das Haus des Seins. In ihrer Behausung wohnt der Mensch. Die Denkenden und Dichtenden sind die Wächter dieser Behausung. Ihr Wachen ist das Vollbringen der Offenbarkeit des Seins, insofern sie diese durch ihr Sagen zur Sprache bringen und in der Sprache aufbewahren.

Internationales Jahr der indigenen Sprachen

Besonders gelungen und sinnvoll erscheint die Wahl des Mottos „Uns Sproch es Heimat“ auch vor dem Hintergrund, dass die Vereinten Nationen 2019 zum „internationalen Jahr der indigenen Sprachen“ ausgerufen haben.

[Text: Richard Schneider.]