JVEG-Novellierung: Bundesjustizministerium veröffentlicht Marktanalyse zur Vergütungspraxis

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Das BMJV hat die Marktanalyse Ende 2017 in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse liegen seit Februar 2019 vor.

TitelseiteDas deutsche Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat auf seiner Website die Kurz- und Langfassung des Schlussberichts zur „Marktanalyse zum JVEG – Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern“ veröffentlicht.

Das Ministerium hatte im Dezember 2017 die Berliner InterVal GmbH beauftragt, eine Studie zu den Zeilenpreisen und Stundensätzen durchzuführen, die auf dem freien Markt von Übersetzern und Dolmetschern erzielt werden.

Die Marktforscher kontaktierten im April und Mai 2018 telefonisch und per E-Mail 3.012 Sprachmittler, von denen sich 713 (23,7 Prozent) an der Erhebung beteiligten. Auch die Sätze der Gebärdensprachdolmetscher wurden abgefragt. Die Ergebnisse liegen seit Februar 2019 vor.

Der Gesetzgeber will die jetzt ermittelten Markthonorare mit den im Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz von 2013 genannten Preisen vergleichen, um einschätzen zu können, ob diese angepasst werden sollten.

Ergebnisse in Stichpunkten

Übersetzer
  • Mehr als 80 Prozent rechnen auf Zeilenbasis ab
  • Mittlerer Zeilensatz über alle Sprachgruppen hinweg bei „Arbeitsübersetzungen“ 1,50 Euro, bei „rechtssicheren Übersetzungen“ 1,80 Euro
  • Zeilenpreise für osteuropäische Sprachen liegen leicht über denen für westeuropäische Sprachen
  • Drei Viertel der Befragten berechnen bei Eilaufträgen, Wochenend- oder Nachtarbeit prozentuale Zuschläge. Der mittlere Zuschlag liegt bei 25 Prozent.
  • 60 Prozent berechnen einen Mindestauftragswert, der im Mittel bei 40 Euro liegt.
  • Nebenkosten für Ausdrucke, Kopien, Porto und Verpackung werden meist in den Zeilen- oder Stundensatz integriert, nur 35 Prozent der Befragten führen diese Kosten gesondert auf.
Dolmetscher
  • Mittlerer Stundensatz beim Dolmetschen 90 bis 100 Euro
  • Nachtarbeit bei weniger als einem Viertel der Befragten
  • Meist keine Zuschläge für Wochenendarbeit
  • Mittlerer Stundensatz fürs Gebärdensprachdolmetschen liegt bei 75 Euro
Übersetzungsbüros (Übersetzungen)
  • Bevorzugte Abrechnungseinheit ist die Zeile
  • Zeilenpreise von 1,25 über 2,50 bis hin zu 4,00 Euro
  • Eilzuschläge von 10 bis 100 Prozent
  • Stundensätze von 40 bis 70 Euro
  • Versandkosten und Beglaubigung werden gesondert in Rechnung gestellt
  • Mindestauftragswerte zwischen 15 und 60 Euro
Übersetzungsbüros (Dolmetscheinsätze)
  • Abrechnung nach Tages- oder Halbtagessätzen. Diese entsprechen Stundensätzen von 112 bis 137 Euro.
  • Meist Einheitssätze für alle Sprachen, vereinzelt höhere Preise für außergewöhnliche Sprachen.

Novellierung soll bis Ende der Legislaturperiode abgeschlossen sein

Die Berufsverbände für Übersetzer und Dolmetscher hatten bis 1. März 2019 Zeit, ihre Vorstellungen zur Überarbeitung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes schriftlich beim Ministerium einzureichen. Diese Möglichkeit wurde von BDÜ, ADÜ Nord sowie den im Bundesforum Justizdolmetscher und -übersetzer (BFJ) kooperierenden Verbänden ATICOM, BGN, VbDÜ, VVDÜ und VVU genutzt. Der BFJ-Stellungnahme schlossen sich auch AIIC Deutschland und VGDÜ an.

Am 7. März 2019 fand im Ministerium eine Beiratssitzung statt, an der einzelne Verbandsvertreter teilnahmen. Ein weiteres Treffen ist bereits in Planung.

Im Raum steht nicht nur eine Anpassung von Zeilensatz, Stundensatz und zum Beispiel der Kilometerpauschale, sondern auch die Abschaffung oder Änderung einzelner Vorschriften, bei denen sich gezeigt hat, dass sie ihren Zweck nicht oder nur unzureichend erfüllen. Ein besonderes Ärgernis ist in den Augen der Verbände der § 14 des JVEG. Dieser sieht die Möglichkeit vor, Rahmenverträge unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Vergütungssätze abzuschließen.

JVEG Grundlage für Vergütung aller Übersetzer und Dolmetscher, die von Justiz beauftragt werden

Das JVEG ist Grundlage für die Vergütung aller von der Justiz beauftragten Übersetzer und Dolmetscher. Auftraggeber sind vor allem die Gerichte, aber auch die Staatsanwaltschaften sowie in geringerem Umfang Finanz- und sonstige Behörden sowie Gerichtsvollzieher. Die derzeit geltende Fassung stammt aus dem Jahr 2013.

Da es sich um den einzigen Gesetzestext handelt, der konkrete Zeilen- und Stundensätze nennt, kommt ihm eine wichtige Leit- und Orientierungsfunktion auch für andere Teilbereiche der Übersetzungsbranche außerhalb der Justiz zu.

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Weiterführender Link

Die Kurz- sowie die Langfassung des Abschlussberichts (13 bzw. 392 Seiten) zur „Marktanalyse zum JVEG – Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern“ kann unter dem folgenden Link heruntergeladen werden:

[Text: Richard Schneider.]