PONS übernimmt von Langenscheidt Titelrechte und Marke, aber nicht die Mitarbeiter – Standort München wird geschlossen

PONS, Langenscheidt

Die zur Klett-Gruppe gehörende PONS GmbH hat am 29.04.2019 eine Pressemitteilung herausgegeben, in der die weiteren Abläufe in Sachen Langenscheidt skizziert werden. Zuvor waren am Vormittag auf einer Versammlung in München die verbliebenen 50 Langenscheidt-Mitarbeiter informiert worden. (Die Langenscheidt-Belegschaft zählte 2007 noch 405 und 2010 rund 250 Köpfe.)

Das Bundeskartellamt hatte am 26. April 2019 nach einem siebenwöchigen Fusionskontrollverfahren PONS die Übernahme von „wesentlichen Vermögensteilen“ der Gesellschaften Langenscheidt und Langenscheidt Digital genehmigt.

Die Mitteilung im Wortlaut:

PONS erwirbt Titel aus dem Verlagsprogramm von Langenscheidt

Die PONS GmbH hat Rechte an Verlagstiteln der Langenscheidt GmbH & Co. KG und der Langenscheidt Digital GmbH & Co. KG erworben. Die Titel und Produkte werden in das bestehende Verlagsprogramm von PONS integriert. Die Marke Langenscheidt bleibt im Markt erhalten. Die Aufsichtsbehörden haben dem Kauf zugestimmt.

PONS hat sich an einem von Langenscheidt angestoßenen Verkaufsprozess beteiligt und den Zuschlag erhalten. Der Sprachenverlag erwirbt damit Rechte an ausgewählten Print- und Digital-Titeln, diese werden in der bestehenden Organisation verwaltet und vertrieben. Mit dem Erwerb der Titel sichert PONS das Weiterbestehen der Marke Langenscheidt. Die Vielfalt und die Qualität im deutschen Wörterbuchmarkt bleiben bestehen.

PONS ist seit Jahrzehnten neben Langenscheidt der Verlag für Sprachen lernen, Sprachen übersetzen und Sprachen nachschlagen. PONS hat in den vergangenen Jahren massiv in den Ausbau erfolgreicher, neuer und innovativer Reihen wie z.B. Bildwörterbücher und Apps investiert. Das Onlinewörterbuch mit seinen Services unter der www.pons.com hat sich ebenfalls erfolgreich entwickelt. Durch den Erwerb von Langenscheidt-Titeln kann PONS nun noch stärker im Markt agieren.

In den vergangenen 15 Jahren hat der Wörterbuchmarkt rund 70 Prozent verloren, da sich der Markt ins Internet verlagert hat.

Über die Klett Gruppe

Die PONS GmbH ist ein Unternehmen der Stuttgarter Klett Gruppe. Die Unternehmensgruppe Klett ist ein führendes Bildungsunternehmen in Europa und ist international in 16 Ländern vertreten. Das Angebot umfasst klassische und moderne Bildungsmedien für den Schulalltag sowie die Unterrichtsvorbereitung, Fachliteratur und Schöne Literatur. Darüber hinaus betreibt die Klett Gruppe zahlreiche Bildungseinrichtungen von Kindertagesstätten über Schulen bis hin zu Fernschulen, Fernfach- und Präsenzhochschulen.

Langenscheidt-Mitarbeiter werden nicht übernommen, Standort München wird geschlossen

Karen Rehberger
Karen Rehberger

Nachfragen von UEPO.de beantwortete Karen Rehberger, bei der Ernst Klett AG Leiterin der Unternehmenskommunikation, per E-Mail wie folgt:

(1) Werden nur ausgewählte Titel und die Marke übernommen?

Die PONS GmbH hat Rechte an ausgewählten Verlagstiteln von Langenscheidt erworben. Es handelt sich nicht um eine Übernahme der Firma. PONS wird nicht die Gesellschaften und nicht den Geschäftsbetrieb übernehmen, sondern ausgewählte physische und digitale Titel, die Rechte daran sowie die Marke.

(2) Werden auch Mitarbeiter von Langenscheidt übernommen?

Es wird keine Übernahme von Mitarbeitern geben. Ein Personalaufbau bei PONS ist nicht erforderlich, wir haben die Fachkompetenz im Haus und können die Produkte und Titel in der existierenden Organisation verwalten und vertreiben.

(3) Werden Räumlichkeiten oder sonstige Einrichtungen von Langenscheidt übernommen bzw. weiterbetrieben?

Es handelt sich nicht um eine Übernahme der Firma. PONS wird nicht die Gesellschaften und nicht den Geschäftsbetrieb übernehmen, daher werden wir auch keine Räumlichkeiten oder Einrichtungen weiterbetreiben.

Die Münchner Langenscheidt-Niederlassung hatte sich im Juni 2017 bereits kleiner gesetzt und war von den im Jahr 2000 bezogenen repräsentativen Räumlichkeiten in einem Neubau der „Parkstadt Schwabing“ (Mies-van-der-Rohe-Straße 1) unweit des Englischen Gartens in einen Zweckbau im Gewerbegebiet Neumarkter Straße in München-Ost umgezogen (Neumarkter Straße 59-61). Langenscheidt Digital ist in der Paul-Heyse-Straße 28 untergebracht.

In die früheren Langenscheidt-Räumlichkeiten in Schwabing ist inzwischen die Parteizentrale der CSU eingezogen, die von ihrem neuen „Vereinsheim“ (Seehofer) hellauf begeistert ist, wie man dem Bayernkurier entnehmen kann. An der Fassade, auf der noch vor wenigen Jahren ein riesiges blaues L auf gelbem Grund die Besucher schon von weitem begrüßte, prangen nun drei blaue Buchstaben.

München war Hauptsitz von Langenscheidt, weil der Verlag nach dem Zweiten Weltkrieg dort neu aufgebaut wurde. Die Gründung erfolgte allerdings 1856 in Berlin, wo es nach wie vor eine Langenscheidtstraße gibt. Am Nebenstandort Berlin waren schon 2005 die technischen Betriebe in der Crellestraße (Druckhaus und Schöneberger Buchbinderei) geschlossen und 51 Mitarbeiter entlassen worden.

Ehemaliger Langenscheidt-Sitz in München-Schwabing
Hier ging schon vor einigen Jahren das gelbe Licht aus: Der von Langenscheidt selbst geplante und im Jahr 2000 bezogene repräsentative Erweiterungsbau in München-Schwabing beherbergt jetzt eine Parteizentrale. Langenscheidt musste in ein Gewerbegebiet hinterm Münchner Ostbahnhof umziehen. – Bild: Langenscheidt; Laura Hoffmann/Lizenz CCBY2.0

Initiative für Verkauf ging von Langenscheidt aus – PONS ist keine Heuschrecke

Wie die Pressesprecherin gegenüber dem UEPO-Herausgeber in einem Telefongespräch erläutert, tritt die Kaufvereinbarung am 1. Mai 2019 in Kraft. Die Initiative für den Verkauf sei vom Langenscheidt-Verlag ausgegangen. Aus dem Bieterprozess, an dem sich mehrere Interessenten beteiligten, ging PONS letztendlich erfolgreich hervor. Wohl auch deshalb, weil Langenscheidt die eigenen Werke bei PONS in guten, kompetenten Händen weiß.

PONS will die Buchtitel und digitalen Produkte von Langenscheidt sowie die weltbekannte Marke in der bisherigen Form weiterführen und in deren Weiterentwicklung investieren. Ziel ist, die Vielfalt und Qualität des deutschen Wörterbuchmarktes zu erhalten. Nach außen hin und aus der Sicht der Endkunden (Wörterbuch- und Sprachkursnutzer) ändert sich nichts. Die Regale der Buchhandlungen werden in den kommenden Jahren nicht anders aussehen als heute. Dort werden auch künftig neben den grünen PONS-Produkten die gelben Langenscheidt-Angebote zu finden sein.

Die Zukunft der Wörterbücher und Sprachkurse liegt laut Karen Rehberger aber im Internet: „Die Konkurrenz ist digital und global.“ Zu einer ähnlichen Einschätzung kam schon im vergangenen Jahr Dr. Florian Langenscheidt auf dem Unternehmertag am Tegernsee: „Wer die Chancen der Digitalisierung nicht entschiedenst kreativ und konstruktiv wahrnimmt, wird simpel von der Bildfläche verschwinden.“

PONS betreibt unter der Adresse pons.com bereits seit 2008 sehr erfolgreich ein Online-Wörterbuch in mehreren Sprachen mit redaktionell geprüften Inhalten. Durch die hohen Zugriffszahlen (2,1 Mrd. Seitenaufrufe von 10,5 Mio. Nutzern pro Monat) und die im Umfeld geschaltete Werbung ist das für Nutzer kostenlose Angebot für den Verlag ein Umsatzbringer und kein Zuschussgeschäft.

Ein vergleichbares Online-Angebot wurde von Langenscheidt erst sieben Jahre später eröffnet, nämlich im Jahr 2015.

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[Text: Richard Schneider.]