Straelener Übersetzerpreis 2019 für Olga Radetzkaja – Jan Schönherr erhält Förderpreis

Olga Radetzkaja, Jan Schönherr
Olga Radetzkaja und Jan Schönherr freuen sich über die Auszeichnung mit dem Straelener Übersetzerpreis. - Bild: Ebba Drolshagen, Philipp Jauch

Der Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW geht 2019 an die Literaturübersetzerin Olga Radetzkaja. Mit dem Förderpreis wird Jan Schönherr ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird am 26. Juni 2019 im Europäischen Übersetzer-Kollegium (EÜK) Straelen durch die Generalsekretärin der Kunststiftung NRW, Dr. Ursula Sinnreich, überreicht.

Der renommierte Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW gehört mit 25.000 Euro für den Hauptpreis und 5.000 Euro für den Förderpreis zu den höchstdotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum.

Olga Radetzkaja übersetzt aus dem Russischen

Olga Radetzkaja erhält den Preis für ihre Übersetzung aus dem Russischen von Viktor Schklowskijs Roman Sentimentale Reise (erschienen 2017 in Die Andere Bibliothek). Zugleich würdigt der Preis das übersetzerische Lebenswerk von Olga Radetzkaja.

„In seinen tagebuchartigen Aufzeichnungen aus den Jahren nach der russischen Revolution beschreibt Schklowskij eine durch und durch beschädigte Welt auf frappierend unsentimentale Weise. Die tiefe Ironie des Originals überträgt Olga Radetzkaja in ein Deutsch von karger Schönheit. Ihr gelingt das Kunststück, die Härte einer Katastrophenzeit spürbar zu machen und einen Ton zu finden, der bei aller distanzierten Lakonie Mitgefühl weckt“, so die Jury des Straelener Übersetzerpreises.

Olga Radetzkaja wurde 1965 in Amberg geboren. Sie studierte Slavistik, Amerikanistik sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der FU Berlin. 1988 arbeitete sie für ein Jahr bei dem russischsprachigen Verlag und Buchhandel Russica in New York, anschließend verbrachte sie insgesamt zwei Jahre in Moskau und begann parallel, Bücher aus dem mit der Einführung der Pressefreiheit explodierenden russischen Buchmarkt nach Deutschland zu importieren und aus dem Russischen zu übersetzen.

2003 drehte sie gemeinsam mit Gabriele Leupold, Eveline Passet, Anna Shibarova und Andreas Tretner den Dokumentarfilm „Spurwechsel – Ein Film vom Übersetzen“. Seit 2008 arbeitet sie neben ihrer übersetzerischen Tätigkeit als Redakteurin bei der Zeitschrift Osteuropa. 2009 gründete sie mit einer Reihe von Kollegen den Verein Weltlesebühne. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Förderpreis für Jan Schönherr

Mit dem Förderpreis zum Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW 2019 wird Jan Schönherr für den aus dem Englischen übersetzten Roman Neu-York von Francis Spufford ausgezeichnet. „Dieses Werk von rasanter Welthaltigkeit überträgt Jan Schönherr mit großer Souveränität und sprachgeschichtlicher Spürlust“, erklärt die Jury in ihrer Begründung.

Jan Schönherr, geboren 1979 in Weingarten, hat – nach einem kurzen Abstecher zur Marine – in München und Poitiers Philosophie studiert und anschließend den Aufbaustudiengang Literarisches Übersetzen aus dem Englischen absolviert. Er lebt in München, wo er Literatur und Sachtexte aus dem Englischen, Französischen und Italienischen übersetzt. Für seine Übersetzungen wurde er bereits unter anderem mit dem Bayerischen Kunstförderpreis (Literatur) ausgezeichnet.

Jurymitglieder 2019

Über die Preisvergabe entschieden fünf unabhängige Jury-Mitglieder: Ulrich Blumenbach, Marianne Gareis, Christiane Körner, Kristof Magnusson und Jan Wiele.

Über das Europäische Übersetzer-Kollegium (EÜK)

Atrium EÜK Straelen
Die Preisübergabe findet im Atrium des EÜK Straelen statt. – Bild: EÜK Straelen

Das Europäische Übersetzer-Kollegium Nordrhein-Westfalen in Straelen ist das weltweit erste und größte internationale Arbeitszentrum für professionelle Literatur- und Sachbuch-Übersetzer.

Seit der Gründung im Jahr 1978 ist es das erklärte Ziel des Europäischen Übersetzer-Kollegiums, durch Kooperationen wie mit der Kunststiftung NRW in seiner Vorreiterrolle als Kompetenzzentrum für den sprachgebundenen Wissens- und Kulturaustausch die Wichtigkeit der Literaturübersetzung zu untermauern, die öffentliche Wertschätzung und Anerkennung der Übersetzer zu fördern und die kulturelle Verständigungsleistung zu vermitteln, die Literaturübersetzer für die internationale Literatur und Kultur erbringen.

Übersetzungsförderung durch Kunststiftung NRW

Logo Kunststiftung NRWDer Kunst des Übersetzens widmet die Kunststiftung NRW seit Jahren besondere Aufmerksamkeit.

Die Überzeugung, dass nur gelungene Übersetzungen literarischer Texte die Begegnung mit Weltliteratur, die Einfühlung in das Fremde und einen internationalen Kulturtransfer ermöglichen, hat die Stiftung vor mehr als zehn Jahren bewogen, in Kooperation mit dem Europäischen Übersetzer-Kollegium Straelen den mit 25.000 Euro dotierten Straelener Übersetzerpreis ins Leben zu rufen. Er zeichnet neben herausragenden Literaturübersetzungen zugleich das Lebenswerk der Übersetzerin oder des Übersetzers aus und gehört zu den höchstdotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum. Seit 2012 vergibt die Stiftung zusätzlich einen Förderpreis in Höhe von 5.000 Euro.

Darüber hinaus fördert die Kunststiftung Aufenthaltsstipendien im Europäischen Übersetzer-Kollegium und finanziert die Straelener Atriumsgespräche zwischen Autoren und ihren Übersetzern. Seit 2014 ermöglicht sie auch eine individuelle Übersetzer- und Übersetzungsförderung.

Die Mittel der Kunststiftung NRW speisen sich aus Lottogeldern des staatlichen Anbieters WestLotto.

Weiterführender Link

[Text: EÜK Stralen. Quelle: Pressemitteilung EÜK Straelen, 2019-03-19.]

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