Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache hält vom 10. bis 12. März 2020 im Congress Center Rosengarten in Mannheim seine 56. Jahrestagung ab. Sie steht dieses Jahr unter der Überschrift „Deutsch in Europa – Sprachpolitisch, grammatisch, methodisch“.
Die deutsche Sprache hat sich innerhalb Europas als Teil einer europäischen Sprachengemeinschaft entwickelt. Heute besteht ein ständiger Austausch zwischen diesen Sprachen, und die politischen Rahmenbedingungen in der Europäischen Union und darüber hinaus werfen konkrete sprach- und bildungspolitische Fragen auf.
Große Bedeutung besitzen Themen wie der Umgang mit Sprachenvielfalt, der Mehrsprachigkeit in Deutschland und Europa oder der Erwerb des Deutschen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Voraussetzungen der Lerner. Von besonderem wissenschaftlichen Interesse ist die Frage, wie sich Sprachen einander unter diesen Bedingungen beeinflussen und in welcher Weise sie sich langfristig verändern.
Im Kontext einer solchen Sichtweise des Deutschen in Europa sind Ansätze zu einer sogenannten Eurolinguistik oder zum Konzept eines europäischen Sprachbundes entstanden. Welche Rolle spielt die deutsche Sprache in derartigen Modellen, welche Konvergenzen und Divergenzen sind im Vergleich mit anderen Sprachen Europas festzustellen und wie wirkt sich dies auf die Deutung der Dynamik des Wandels aus?
Derartige Fragen berühren unmittelbar auch die Dimension der methodischen Zugänge und der in der Forschung verwendeten Sprachressourcen. Darüber hinaus ist das Thema für Lehre und Forschung in der internationalen germanistischen Linguistik von großem Interesse, insbesondere in Hinsicht auf sprachvergleichende oder -kontrastierende linguistische Untersuchungen und den Nutzen, den man aus diesen für die Sprachvermittlung ziehen kann.
In den einzelnen Beiträgen der Tagung werden deshalb unter anderem die folgenden Forschungsfragestellungen behandelt:
- Wie stellt sich das Deutsche in sprachpolitischer Hinsicht heute in Europa dar?
- Welchen Status hat das Deutsche als Studienfach in Europa?
- Die gestaltet sich der Erwerb des Deutschen vor dem Hintergrund verschiedener Lerner-Profile?
- Zeigen Sprachen Europas systematische und vergleichbare Dynamiken des Wandels?
- Erfasst der Wandel die Standardsprache?
- Mit welchen theoretischen Konzepten und Modellen lassen sich Konvergenzen und Divergenzen erarbeiten?
- Welche methodischen Zugänge können als Desiderate für die kontrastive Forschung gelten? Welche Fortschritte sind zu verzeichnen?
- Kann man über eine kontrastive Herangehensweise an den Unterricht von Deutsch als Fremdsprache auch Erkenntnisse zur Ausgangssprache erzielen?
- Wie sollten Lerner-Grammatiken für Deutsch als Fremdsprache auf der Basis kontrastiver Studien aufgebaut sein?
- Welche Sprachressourcen stehen für vergleichende Untersuchungen zur Verfügung und auf welchen Infrastrukturen beruhen sie?
- Wie beeinflusst die maschinelle Übersetzung die Entwicklung?
Diese und weitere Fragen werden in Vorträgen thematisiert und von einem internationalen Auditorium diskutiert. Darüber hinaus werden im Rahmen einer Projekt-Methodenmesse innovative methodische Zugänge zur kontrastiven Forschung vorgestellt.
Im Rahmen der Jahrestagung wird der Peter-Roschy-Preis für eine herausragende Dissertation verliehen, die am IDS oder in seinem Umfeld entstanden ist, und erstmalig auch der Preis des IDS-Direktors für das Lebenswerk in der internationalen germanistischen Linguistik.
Den Abschluss bildet in diesem Jahr eine Podiumsdiskussion mit Vertretern der internationalen Germanistik zum Thema der Tagung.
Die Vortrags- und Diskussionsthemen im Einzelnen
Dienstag, 10. März 2020
- Per Anhalter durch die Deutsch-Galaxis: Zur Situation der deutschen Sprache in Europa
- Deutsch als Objekt sprachenpolitischer Interessen in Europa: Akteure, Strategien und Hindernisse
- Der Platz des Deutschen im Phonologischen Atlas Europas
- Erwerbsprofile des Deutschen im mehrsprachigen Kontext
- Präpositionalobjektsätze im europäischen Vergleich
- Graphematik des Deutschen im europäischen Vergleich
Mittwoch, 11. März 2020
- Multilinguale Sprachressourcen für die linguistische Forschung
- Sprachdaten und automatische Übersetzung in Europa
- Von monolingualen Korpora über Parallel- und Vergleichskorpora zum Europäischen Referenzkorpus EuReCo
- Lernerkorpora
- KorAP und EuReCo – Recherchieren in mehrsprachigen vergleichbaren Korpora
- Das grammatische Informationssystem grammis – eine Ressource für die Germanistik im In- und Ausland
- Rover und TüNDRA: Such- und Visualisierungsplattformen für Wordnetze und Baumbanken
- InterCorp: viele Sprachen – ein Korpus: Ein multilinguales Parallelkorpus (nicht nur) europäischer Sprachen
- Vorstellung des International Comporable Corpus (ICC)
- Das ZDL-Regionalkorpus: Ein regional ausgewogenes Korpus für die lexikographische Beschreibung der diatopischen Variation im Standarddeutschen
- Web Crawling zur Analyse von Unterschieden der deutschen Sprachvarietäten in Europa
- Multilingwis: eine webbasierte Suchmaschine zur Erforschung von parallelen und multiparallelen Korpora
- CoMParS: Eine Sammlung von multilingualen Parallelsequenzen des Deutschen und anderer europäischer Sprachen
- Verbundprojekt CLARIAH-DE: Eine nachhaltige Forschungsinfrastruktur für Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften
- Die Deutsche Sprachabteilung und die Mehrsprachigkeit in der Europäischen Kommission
Donnerstag, 12. März 2020
- Der deutsche Neostandard in seinem europäischen Kontext
- Deutsch als Fremdsprache in Europa: das „Ökosystem“ Germanistik und seine Nachhaltigkeit
- Über Grenzen – Deutschsprachige Minderheiten in Europa
- Die deutsche Sprache aus europäischer Perspektive
Konferenz findet auf jeden Fall statt
Durch die sich rasant ausbreitende Coronavirus-Welle werden zurzeit zahlreiche Messen und größere Veranstaltungen abgesagt. Die Jahrestagung des IDS, zu der einige Hundert Teilnehmer erwartet werden, findet aber auf jeden Fall statt. Kurzentschlossene haben die Möglichkeit, sich noch spontan vor Ort anzumelden (ein Tag 50 Euro, drei Tage 150 Euro).
Über das IDS Mannheim
Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim ist die gemeinsam vom Bund und allen Bundesländern getragene zentrale wissenschaftliche Einrichtung zur Dokumentation und Erforschung der deutschen Sprache in Gegenwart und neuerer Geschichte. Es gehört zu den über 90 Forschungs- und Serviceeinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.
Weiterführender Link
[Quelle: IDS.]