Corona-Wortbildungen gehen viral: GfdS zur Lage an der terminologischen Front

Coronavirus, Maske
Nicht nur für Virologen, sondern auch für Terminologen ist die Corona-Krise ein interessantes Forschungsfeld. - Bild: Tumisu / Pixabay

Auch in Deutschland kommt das öffentliche Leben durch die Corona-Krise mehr und mehr zum Erliegen. In den Medien sind die Pandemie und ihre Folgen weiterhin das beherrschende Thema. Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat im Netz, in den Zeitungen und im Rundfunk oder Fernsehen beobachtet, welche Wortneuschöpfungen rund um das Coronavirus bislang bereits entstanden sind.

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Zahlreiche Wortneubildungen, „-virus“ wird zunehmend weggelassen

Es gibt viele Dinge, die mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Zusammenhang stehen und entsprechend benannt werden. So entsteht eine Vielzahl von Wortneubildungen.

Dabei wird in den seltensten Fällen extra darauf verwiesen, dass es um ein Virus geht; der Wortteil -virus wird einfach weggelassen. So liest man vielfach vom Corona-Ausbruch, von Corona-Kliniken oder Corona-Folgen. Wer mit dem Virus infiziert ist, hat Corona.

Auffällig ist, dass bei den neugebildeten Wörtern sehr oft auf Bindestrichschreibungen zurückgegriffen wird, obwohl auch die Schreibung ohne Bindestrich zulässig wäre: Coronaferien ist genauso korrekt wie Corona-Ferien.

Ein möglicher Grund für die Schreibung mit Bindestrich: Die Teile eines zusammengesetzten Wortes bleiben so besser sichtbar; die Bindestrichschreibung tritt daher oft im Zusammenhang mit Fremdwörtern auf und ist ein typisches Merkmal für einen journalistischen Schreibstil.

Meist Substantive, gelegentlich auch Adjektive

Die meisten Corona-Neubildungen sind Substantive, andere Wortarten sind (noch) selten. Das Adjektiv Corona-geplagt (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 15.03.2020) ist ein Kompositum aus einem Substantiv und einem Adjektiv, wieder tritt Bindestrichschreibung auf und das Substantiv wird dementsprechend großgeschrieben.

Eher scherzhafte Adjektivbildungen wie coronös oder coronig (heuteshow, 06.03.2020) fallen natürlich besonders ins Auge. Mit Hilfe der Wortbestandteile -ös und -ig können im Deutschen ganz regulär aus Substantiven Adjektive abgeleitet werden – Stein wird zu steinig oder Skandal wird zu skandalös – und unsere Sprache verfügt noch über weitere sogenannter Adjektiv-Suffixe.

Vielleicht hören oder lesen wir in Zukunft noch von coronahaften Zuständen und werden irgendwann auch wieder coronalos glücklich.

„Koronar“ und „coronal“ sind bereits belegt

Corona-Adjektive auf -ar oder -al hingegen werden vermutlich nicht auftreten, denn sie sind bereits durch ähnliche Formen blockiert: In der Medizin kennt man koronare Herzerkrankungen, bei denen die Herzkranzgefäße verengt sind.

Und in der Fachsprache verschiedener anderer Disziplinen werden die Adjektive koronal und coronal verwendet, beispielsweise wenn es um die Korona (den Strahlenkranz) der Sonne oder um Objekte geht, die als Krone (lat. corona) bezeichnet werden oder an eine Krone oder Spitze erinnern. So werden Laute wie [t] oder [s] als koronale Laute bezeichnet, da sie mit Hilfe der Zungenspitze gebildet werden.

Viele Neubildungen stark emotionalisierend: -Panik, -Chaos, -Kampf

Unter den zahllosen Substantiven mit Corona- als Erstglied finden sich viele eher neutrale, beschreibende Ausdrücke: Corona-Virus, Corona-Pandemie oder Corona-Verdacht.

Andere Neubildungen aber sind stark emotionalisierend wie z. B. Corona-Panik, Corona-Chaos oder Corona-Kampf. Diese Tendenz ließ sich in der Vergangenheit bereits im Zusammenhang mit anderen verheerenden Krankheitsausbrüchen beobachten.

Über die Jahrzehnte hinweg konnte man lesen vom AIDS-Terror (Der Spiegel, 07.09.1987), dem Sars-Albtraum (Neue Zürcher Zeitung, 20.11.2003), dem Vogelgrippe-GAU (Mannheimer Morgen, 06.04.2006), dem Schweinegrippe-Alarm (Braunschweiger Zeitung, 10.09.2010) oder dem Ebola-Horror (die tageszeitung, 17.10.2014).

Heiße Kandidaten für die Wörter des Jahres

Wie gesellschaftlich und sprachlich prägend diese Epidemien und Pandemien waren, lässt sich auch an der Aktion Wörter des Jahres ablesen, die jährlich von der GfdS durchgeführt wird:

Das Akronym Aids war zweimal, 1985 auf Platz 6 und 1987 auf Platz 1, unter den Wörtern des Jahres, SARS (bzw. Sars) schaffte es 2003 Platz 4 und die Schweinegrippe wurde von der Jury der GfdS im Jahr 2009 auf Platz 3 der Jahreswörter gewählt.

Und da die Covid-19-Pandemie ebenfalls ein weltweit beherrschendes Thema ist und unseren Alltag und unsere Sprache schon jetzt nachhaltig beeinflusst, sind Wörter, die im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 stehen, natürlich heiße Kandidaten für die Liste der Wörter des Jahres 2020.

Zu denen zählen auch Wörter, die sonst eher selten Verwendung finden, durch das Virus aber gerade wieder ins sprachliche Bewusstsein treten: Quarantäne beispielsweise oder die Hamsterkäufe. Andere Ausdrücke, z. B. das Verb absagen, sind an sich nicht selten, stehen aber im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 besonders im Fokus.

Eine Wendung, die derzeit ebenfalls in aller Munde ist, ist natürlich: wegen Corona.

rs, GfdS