Österreich: Wörter des Jahres 2020 lauten Babyelefant, Corona und verblümeln

Babyelefant
Bild: Clker / Pixabay

Die Gesellschaft für österreichisches Deutsch hat heute die österreichischen Wörter, Unwörter, Jugendwörter, Sprüche und Unsprüche des Jahres 2020 bekannt gegeben:

Wörter des Jahres 2020

  1. Babyelefant (3720 von 7742 abgegebenen Stimmen)
    Das Wort wurde von den Wählerinnen und Wählern mit großem Abstand auf den ersten Platz gewählt. Es ist ein anschauliches Bild für den Mindestabstand von einem Meter, der gegenüber anderen zum Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus eingehalten werden soll und diesen impliziert. Die Vorstellung des putzigen Jungtiers sollte helfen, das ungewohnte und stressvolle Abstandhalten erträglicher zu machen.
    Der Begriff geht auf ein Video einer Kreativagentur der Bundesregierung zurück, die ein lustiges Symbol für die Abstandsregel finden wollte. Das Wort hat mittlerweile Eingang in die Alltagssprache gefunden, vielfach mit einem Augenzwinkern.
  2. Corona (1029 von 7742 abgegebenen Stimmen)
    Corona ist das bestimmende Thema des Jahrs 2020: die Kurzbezeichnung für den global allgegenwärtigen COVID-19 Virus, der für die derzeitige Pandemie verantwortlich ist. Der Begriff steht für alle Bedrohungen, Einschränkungen und Änderungen, die seit dem Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 das öffentliche und private Leben aller in maßgeblicher Weise verändert haben und nach wie vor verändern.
  3. verblümeln (1087 von 7742 abgegebenen Stimmen)
    Ironisches Wortspiel mit dem Namen des derzeitigen Finanzministers Gernot Blümel in der Bedeutung „beschönigen“, „idealisieren“, „für dumm verkaufen“, aber auch „beim Budget verrechnen“. Im Ibiza-Untersuchungsausschuss hat er 86 Mal angegeben, sich nicht erinnern zu können und behauptet, für seine Arbeit als Minister nie einen Laptop benutzt zu haben.

Unwörter des Jahres 2020

  1. Coronaparty (1496 von 7646 abgegebenen Stimmen)
    Bezeichnung für das Beisammensein von Menschengruppen, die sich trotz der staatlich verordneten Ausgangssperre in privaten oder öffentlichen Umgebungen treffen, was in der Regel mit hoher Corona-Ansteckungsgefahr einhergeht und dabei das eigene Leben und von anderen in Gefahr bringen kann. Der Begriff wird in den Medien überwiegend negativ verwendet, sehr oft aber auch ironisierend und verharmlosend, obwohl es sich dabei um einen schweren Regelverstoß mit verwaltungs- und strafrechtlichen Folgen handelt.
    Zum Unwort macht es einerseits die Tatsache, dass damit pauschale „Verurteilungen“ ausgesprochen werden, andererseits eine Verharmlosung real existierender Gefahren ermöglicht wird.
  2. Social distancing (1250 von 7646 abgegebenen Stimmen)
    Sachlich falscher Anglizismus, der für viele unverständlich war/ist und so zur Verwirrung, Fehlinformation und auch zur Verärgerung beigetragen hat. Gemeint ist der räumliche Mindestabstand von einem Meter zur Vermeidung von Ansteckungen. Wörtlich genommen fordert der Begriff jedoch zum Einhalten sozialer Distanz auf, was nicht gegen Ansteckung hilft und in Zeiten der Ausgangssperre sogar schädlich ist, weil soziale Nähe zum Ertragen der Folgen der Pandemie beiträgt.
  3. coronabedingt (1001 von 7646 abgegebenen Stimmen)
    Harmlos scheinender Begriff, der eine gewisse Unausweichlichkeit ausdrückt. Er wird im privaten Umfeld daher oft auch als Ausrede verwendet und im öffentlichen Bereich zur Begründung verschiedenster Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona- Pandemie, was vielen schon auf die Nerven geht.

Jugendwörter des Jahres 2020

  1. Boomer (1029 von 4674 abgegebenen Stimmen)
    Bezeichnet die Generation der Babyboomer, d. h. jene, die nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der 1960er Jahre auf die Welt gekommen sind. Die Phrase „Ok, Boomer“ wird von Jugendlichen verwendet, um in zwei Worten ihre Sicht im derzeitigen Generationenkonflikt auszudrücken, indem den Boomern eine Reihe negativer Hinterlassenschaften vorgeworfen werden (Klimawandel, Umweltzerstörung, verminderte Einkommens- und Berufschancen etc.). Oft hat die Verwendung auch einen ironischen Unterton.
  2. lost (922 von 4674 abgegebenen Stimmen)
    Ist ebenfalls ein verbreitetes Schlüsselwort junger Menschen, das ein-sich-nicht-Auskennen, völliges Danebenstehen, Ratlosigkeit bzw. unentschlossenes Verhalten ausdrückt und damit sehr gut die derzeitige Befindlichkeit vieler junger Menschen beschreibt.

Sprüche des Jahres 2020

  1. Schleich di, du Oaschloch! (2310 von 7419 abgegebenen Stimmen)
    Ausspruch eines unbekannten Wieners, den er dem Terroristen nachrief, der am 02.11.2020 vier Menschen ermordet und 25 verletzt hat. Dieser spontane Ausspruch wurde in den sozialen Medien von vielen geteilt und ist kürzester Zeit zu einem geflügelten Wort geworden, das sich auf T-Shirts und Aufschriften wiederfindet.
  2. Wir kriegen das schon hin. (Bundespräsident van der Bellen) (2256 von 7219 abgegebenen Stimmen)
    Mut machende Aussage von Bundespräsident Van der Bellen in seiner Rede am 01.04.2020 zur Lage der Nation, angesichts der für viele Menschen aussichtslos erscheinenden Situation wegen der Corona-Pandemie.

Unsprüche des Jahres 2020

  1. Wir werden auch in Österreich bald die Situation haben, dass jeder irgendjemanden kennt, der an Corona verstorben ist.“ (Bundeskanzler Kurz) (2434 von 7423 abgegebenen Stimmen)
    Aussage von Bundeskanzler Kurz in einem Interview, mit der er die Corona- Maßnahmen im März 2020 rechtfertigte. Sie wurde allgemein als unnötige Angstmacherei kritisiert, die die Menschen zur Einhaltung der Quarantänemaßnahmen bringen sollte, tatsächlich aber vor allem Panik verbreitete. Da die drastische Prognose bisher glücklicherweise nicht eingetreten ist, wurden und können damit auch seriöse und ernste Warnungen als realitätsferne Panikmache diskreditiert werden.
  2. Die Behörden haben alles richtig gemacht.“ (1958 von 7423 abgegebenen Stimmen)
    Vom Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg in einem ORF-Interview mehrfach vorgebrachte (und mittlerweile durch eine Untersuchungskommission widerlegte) Behauptung. Seiner Meinung nach hat die Tiroler Politik richtig auf die Situation in Ischgl reagiert, obwohl sich dort viele Menschen angesteckt und den Virus damit europaweit verbreitet haben.

Kandidatenwörter und Kandidatensprüche

Aus den Einsendungen der Vorwahl wählte die Jury am 23.10.2020 die Kandidatenwörter und Kandidatensprüche aus. Die Kandidaten für die Wörter und Sprüche des Jahres waren:

  • Wort des Jahres: Ampelkommission, Babyelefant, Corona, Corona App, Kurzarbeit, Maskenpflicht, Quarantäne, Reisewarnung, Reproduktionszahl, verblümeln.
  • Unwort des Jahres: Abschiebepatenschaft, Absonderungsbescheid, coronabedingt, Coronaparty, Covid-Lockerungsverordnung, Fensterklatscher, Herdenimmunität, Maskenwahn, Social distancing, Superspreader.
  • Jugendwort des Jahres: Boomer, cringe, ghosten, lost, nice, no front, weird.
  • Spruch des Jahres: „Bleiben Sie gesund! / G’sund bleiben!“; „Der Weg von der Hirnlosigkeit Weniger zur Arbeitslosigkeit Vieler ist ein kurzer.“ (Mahrer); „Testen, testen testen!“ (Kurz); „Wir kriegen das schon hin.“ (Van der Bellen); „Schleich di, du Oaschloch!“.
  • Unspruch des Jahres: „Es wird bald die Situation kommen, dass jeder irgendjemand kennt, der aufgrund des Coronavirus gestorben ist.“ (Kurz); „Die Behörden haben alles richtig gemacht.“ (LR Tilg, Tirol); „Ich habe aber gar keinen Laptop gehabt. Ich habe [im Bundeskanzleramt] über das Handy gearbeitet …“ (Blümel über seine Zeit als Minister); „Das Virus kommt mit dem Auto.“

Wahlstatistik

Die heurige Wahl fand vom 05.09.-01.12.2020 statt. An der Vorwahl nahmen 1935 Personen teil, die insgesamt 5362 Vorschläge für die Wörter, Unwörter, Jugendwörter, Sprüche und Unsprüche des Jahres eingesendet haben.

An der eigentlichen Wahl nahmen 7.394 Personen teil, die 35.000 Einsendungen in den 5 Kategorien vornahmen.

  • Wort des Jahres: 1485 Einsendungen, 348 einzelne Begriffe
  • Unwort des Jahres 2020: 1586 Einsendungen, 384 einzelne Begriffe
  • Jugendwort des Jahres 2020: 584 Einsendungen, 268 einzelne Begriffe
  • Spruch des Jahres 2020: 740 Einsendungen, 268 einzelne Vorschläge
  • Unspruch des Jahres 2020: 967 Einsendungen, 452 einzelne Vorschläge

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