Hermann Kusterer gestorben – Dolmetscher von Adenauer und de Gaulle wurde 93 Jahre alt

Hermann Kusterer, Orden
Hermann Kusterer erhielt 2012 für seine Verdienste um das deutsch-französische Verhältnis die Insignien eines Offiziers der französischen Ehrenlegion. Verliehen wurde ihm die Auszeichnung vom französischen Botschafter Maurice Gourdault-Montagne. - Bild: StBKAH/Frank Homann

Am 27. November 2020 ist in Bonn Hermann Kusterer gestorben, wie die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus mitteilt. Der frühere Leiter des Sprachendienstes im Auswärtigen Amt wurde 93 Jahre alt.

Kusterer erlebte die Zeit der deutsch-französischen Aussöhnung in der Ära Adenauer/de Gaulle hautnah mit. Der französische Staatspräsident, der selbst gut Deutsch sprach, attestierte ihm: „Sie verstehen den Kern meiner Gedanken, und wenn Sie sie übersetzen, bringen Sie sie manchmal noch besser zum Ausdruck.“

Das Verhältnis zu Frankreich stand auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst im Mittelpunkt seines Interesses und Engagements.

Die Stiftung hat auf ihrer Website den folgenden Nachruf veröffentlicht:

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Konrad Adenauers Dolmetscher verstorben

Hermann Kusterer: Der Kanzler und der GeneralWenn Konrad Adenauer und Charles de Gaulle miteinander konferierten, war er mit dabei. Hermann Kusterer dolmetschte mit Leidenschaft fast alle Begegnungen der beiden Staatsmänner, nur zum ersten Treffen 1958 in Colombey-les-deux-Eglises war Adenauer ganz ohne Dolmetscher angereist. Mit seinen persönlichen Betrachtungen Der Kanzler und der General setzte Kusterer den beiden Jahrhundertgestalten ein literarisches Denkmal.

Unzähligen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt begegnete Kusterer im Laufe seines langen Berufslebens aus nächster Nähe. Unter ihnen entwickelte sich mit de Gaulle ein besonderes Verhältnis. Die Wertschätzung beruhte auf Gegenseitigkeit, schließlich vertraute der französische Staatspräsident Kusterer die deutsche Übersetzung seiner ‚Memoiren der Hoffnung‘ an: „Sie verstehen den Kern meiner Gedanken, und wenn Sie sie übersetzen, bringen Sie sie manchmal noch besser zum Ausdruck.“

Nach Kriegsgefangenschaft, Abitur und Dolmetscherstudium in Germersheim sowie ersten Tätigkeiten für die französische und amerikanische Besetzungsmacht hatte Kusterer 1951 seinen Dienst im Auswärtigen Amt angetreten. Auf einen ersten Einsatz bei der Londoner Schuldenkonferenz war eine Verwendung in Paris gefolgt, zunächst bei den Verhandlungen über eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft, dann bei der deutschen NATO-Vertretung, bis Kusterer 1957 nach Bonn zurückberufen wurde und dort rasch zum Chefdolmetscher für Englisch und Französisch aufstieg.

In dieser Position begleitete er die Spitzen der Politik – Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Außenminister – im In- und Ausland. 1971 wurde Kusterer die Leitung des Sprachendienstes des Auswärtigen Amtes übertragen, die er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst 1992 innehielt.

Die deutsch-französische Verständigung blieb Hermann Kusterer zeitlebens ein Herzensanliegen. Im Ruhestand war er als Zeitzeuge gefragter Gast bei unzähligen Veranstaltungen und TV-Dokumentationen. Dabei gab er seine Erfahrungen besonders gerne an junge Menschen weiter.

Für seine großen Verdienste erhielt Hermann Kusterer die Insignien eines Offiziers der französischen Ehrenlegion. Diese Auszeichnung nahm der französische Botschafter Maurice Gourdault-Montagne 2012 persönlich im Adenauerhaus vor.

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Hermann Kusterer, Traueranzeige

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red