Gebärdensprache in „Bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen

Gebärde Dolmetscher
Die Gebärde für den Begriff Dolmetscher (die Hände werden dabei noch gedreht). - Bild: Clker / Pixabay

Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) zählt jetzt zum „Immateriellen Kulturerbe“ in Deutschland. Das hat die Kulturministerkonferenz (nicht zu verwechseln mit der Kultusministerkonferenz) am 19. März 2021 gemeinsam mit Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, beschlossen. Damit zeugen nun insgesamt 126 Einträge im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes von der Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland.

Neben der Gebärdensprache wurden siebzehn weitere lebendige Traditionen in das Verzeichnis aufgenommen, darunter das Buchbinderhandwerk, das Uhrmacherhandwerk, die Weinkultur in Deutschland, der Streuobstanbau und die traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Bayern.

„Vollwertiges Sprachsystem, Nutzer verstehen sich als sprachliche Minderheit“

Die Deutsche UNESCO-Kommission erläutert im Zusammenhang mit der Entscheidung:

Rund 80.000 gehörlose Menschen nutzen die Deutsche Gebärdensprache. Aber auch Personen mit Cochlear-Implantat oder Kinder gehörloser Eltern drücken sich mit der Gebärdensprachen aus. Sie vermittelt erfolgreich zwischen gehörlosen und hörenden Menschen und sorgt für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Leben, unabhängig von technischen Kommunikationsmitteln.

Die Deutsche Gebärdensprache ist ein vollwertiges Sprachsystem, das sich verschiedener Einheiten zur Übermittlung von Bedeutungen bedient. Zu diesen Einheiten gehören Handformen, Mundbilder, Mimik oder Mundgestik. Die Einheiten werden nach grammatikalischen Regeln zu Äußerungen kombiniert. Damit folgt die Deutsche Gebärdensprache einer grundlegend anderen Grammatik als das Deutsche und ist simultan und räumlich aufgebaut.

Als Sprache ist die Deutsche Gebärdensprache mit allen linguistischen Merkmalen ausgestattet. In Deutschland gibt es mehrere regionale Dialekte und Soziolekte. Wie jede andere Sprache auch, wird sie im privaten Bereich und in der Öffentlichkeit genutzt. Die Deutsche Gebärdensprache kommt auch in Bildungseinrichtungen zur Anwendung. Sie ist Forschungsgegenstand der Sprachwissenschaft und versteht ihre Nutzerinnen und Nutzer als sprachliche Minderheit.

UNESCO-Übereinkommen zum immateriellen Kulturerbe

Zum Immateriellen Kulturerbe zählen lebendige Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, mündliche Überlieferungen, Naturwissen und Handwerkstechniken. Seit 2003 unterstützt die UNESCO den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt dieser Kulturformen. Bis heute sind 180 Staaten dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten. Deutschland gehört dem Vertrag seit 2013 an.

Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden. Das nationale Register würdigt kreative, inklusive und innovative Kulturformen, die von der Zivilgesellschaft beim Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission vorgeschlagen werden. Über Aufnahmen in das Verzeichnis wird regelmäßig in einem mehrstufigen Verfahren entschieden.

Möglichkeit der Aufnahme in internationales UNESCO-Register

Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes vorgeschlagen werden. Dazu gehören etwa die Saunakultur in Finnland und der Reggae aus Jamaika. Im vergangenen Jahr wurde das Bauhüttenwesen auf Vorschlag von Frankreich, Norwegen, Österreich, der Schweiz und Deutschland in das internationale UNESCO-Register zum Erhalt Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Kulturministerkonferenz besteht seit 2019

Die Kulturministerkonferenz (offizielle Abkürzung Kultur-MK) wurde 2019 eingerichtet und agiert unter dem Dach der Kultusministerkonferenz (KMK). Zweimal im Jahr – im Frühjahr und Herbst – treffen sich auf ihr die in den Bundesländern für Kultur zuständigen Minister und Senatoren mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

red