Herr Edding ist tot – Aber sein Name lebt als Gattungsbegriff weiter

Carl-Wilhelm Edding
Carl-Wilhelm Edding - Bild: Edding

Nur wenigen Menschen ist es vergönnt, den eigenen Namen als Gattungsbegriff ins Wörterbuch wandern zu sehen. Carl-Wilhelm Edding ist einer von ihnen. Am 27. April 2021 ist er im Alter von 90 Jahren gestorben.

Sein Nachname ist im deutschen Sprachraum ein Synonym für dicke, schwarze Permanentmarker, die sich nicht nur zur Beschriftung von Warensendungen in der Wirtschaft großer Beliebtheit erfreuen. Gut, dass der Mann nicht Piepenkötter hieß …

Edding Duden
Der Online-Duden widmet der Bezeichnung „Edding“ einen eigenen Eintrag, nicht aber die gedruckte Fassung. – Bild: UEPO

In einer Liga mit Tempo und Tesa

Es gibt eine ganze Reihe von Beispielen für die Verwendung von Markennamen als Gattungsbezeichnung. Zu den bekanntesten gehören „Tempo“ für Papiertaschentücher, „Labello“ für Lippenpflegestifte und „Tesa“/„Tesafilm“ für Klebeband.

Verbreitung meist auf einzelne Sprachen und Regionen beschränkt

Ihre Verbreitung ist allerdings oft auf einzelne Sprachen oder sogar regionale Märkte beschränkt.

So wird in Österreich nicht „Tesa“, sondern „Tixo“ als Bezeichnung für transparentes Klebeband verwendet, weil diese Marke seit den 1950er Jahren den Markt in der Alpenrepublik beherrscht. Und in den Staaten bittet man nicht um ein „Tempo“, sondern um ein „Kleenex“, wenn die Nase läuft.

Extrem selten: Nachname als Marke und Gattungsbezeichnung

Für das Phänomen, dass Marken durch einen frühen Markteintritt als Innovator und eine marktbeherrschende Stellung generisch werden und sich als Gattungsbegriff etablieren, gibt es in allen Sprachen zahlreiche Beispiele.

Dass wie bei Edding ein Nachname zum Firmennamen, zum Markennamen und zur Gattungsbezeichnung wird, ist hingegen äußerst selten.

Vergleichbar ist allenfalls der Fall des Physikers Wilhelm Conrad Röntgen, dessen Name zum Synonym für das von ihm entwickelte bildgebende Verfahren wurde (Röntgenapparat, Röntgenbild). Darüber hinaus hat sich sein Name sogar als Verb „röntgen“ tief in die deutsche Sprache eingepflanzt.

Sharpie
Bild: Rafael Gutierrez / Pixabay

Im Englischen ist ein Edding ein Sharpie

In den USA wird das, was im deutschen Sprachraum als Edding bekannt ist, als „Sharpie“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine Markenbezeichnung, die 1964 von der Sanford Ink Company für die ersten Permanentmarker eingeführt wurde. Das Unternehmen gehört seit 1992 zum Konzern Newell Rubbermaid.

Eine besondere Vorliebe für Sharpies besitzt der frühere US-Präsident Donald Trump. Nicht nur Autogrammkarten, sondern auch offizielle Dokumente unterzeichnete er stets mit einem kräftigen schwarzen Filzstift.

Für das Präsidialamt fertigte der Hersteller gar eine Sonderausgabe an, die in edlem Schwarz daherkommt, statt der bei Sharpies üblichen und billig wirkenden Farbe Grau. Zusätzlich war auf der Seite des Stifts die Unterschrift des Präsidenten in Gold aufgedruckt.

Donald Trump Sharpie

Carl-Wilhelm Edding als Mensch bescheiden und philanthropisch

Edding, dessen Spitzname „Kuli“ war, wird im Nachruf des Unternehmens für seine menschliche, bescheidene Art gewürdigt. Per Ledermann, der heutige CEO der edding AG, schildert darin eine Anekdote vom gemeinsamen Check-in im Hotel:

Herr Edding nannte seinen Namen: „Carl-Wilhelm Edding“. Die Dame an der Rezeption fragte nach: „So wie der Stift?“ Kulis trockene Antwort: „Ja, genau wie der Stift.“

Das Unternehmen fasst in seinen Abschiedsworten auch den Lebenslauf von Carl-Wilhelm Edding kurz zusammen:

Edding, Ledermann
Die Unternehmensgründer Edding (links) und Ledermann in den 1960er Jahren. Sie kannten sich bereits aus der Schule. – Bild: Edding

Carl-Wilhelm Edding ist am 20. Juli 1930 in Hamburg geboren und aufgewachsen. Im Jahr 1960 gründete er mit seinem Schulfreund Volker D. Ledermann und einem Startkapital von 500 DM in Hamburg-Barmbek das Unternehmen edding.

Als früherer Mitarbeiter eines japanischen Schreibgeräteherstellers kommt er in den 1950er Jahren mit dortigen Filzschreibern in Kontakt, lernt viel und fasst früh das Ziel, schon bald seine eigenen Produkte zu entwickeln und zu gestalten.

Bald schon gelingt es, ein großes Handelsvertreternetz zu überzeugen und als die beiden Gründer den Markennamen in „edding“ umbenennen, finden die Marker über den deutschen Bürofachhandel flächendeckend zu deutschen Firmen- und Endkunden. Die Anwendungsbereiche werden rasch größer: Lagerwirtschaft, Speditionen, Büros und Werbeagenturen setzen immer häufiger auf die hochwertigen edding-Produkte.

Mit dem Börsengang der edding AG im Jahr 1986 scheidet Carl-Wilhelm Edding aus der operativen Unternehmensführung aus, bleibt aber noch eine Zeit lang Gesellschafter und dem Unternehmen bis zuletzt freundschaftlich verbunden.

Der passionierte Skipper kaufte sich ein kleines Segelboot und navigierte fortan einhand über Atlantik und Pazifik. Auch ein Schlaganfall, der ihn mit über 80 Lebensjahren ereilte und in den Rollstuhl zwang, konnte seine Neugier und Lebenslust nicht bremsen.

Den Großteil seines Vermögens brachte er in die Stiftung :do ein, die sich gegen Rassismus und für die Rechte von Migrant*innen einsetzt und von seinen Töchtern Miriam und Gesine Edding geführt wird.

Die edding AG in Ahrensburg bei Hamburg beschäftigt derzeit weltweit 679 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von 125,7 Millionen Euro.

Richard Schneider