Zuger Übersetzer-Stipendium 2021: Vera Bischitzky erhält höchstdotierten Übersetzerpreis

Zuger Übersetzer
Bild: Zuger Übersetzer

Der mit 50.000 Schweizer Franken (45.800 Euro) höchstdotierte Übersetzerpreis des deutschen Sprachraums geht an die in Berlin lebende Vera Bischitzky. Mit dem Preisgeld des Zuger Übersetzer-Stipendiums wird Bischitzkys in Arbeit befindliche Übersetzung des Romans Das Steilufer von Iwan Gontscharow unterstützt, die im Hanser Verlag erscheinen soll.

Den mit 10.000 Schweizer Franken dotierten Zuger Anerkennungspreis erhalten die in Düsseldorf lebende Katharina Meyer und Lena Müller in Berlin. Sie übersetzen gemeinsam den Roman La Danse du vilain von Fiston Mwanza Mujila, der 2022 herauskommt.

Die Besonderheit des in Zug, dem Hauptort des Schweizer Kantons Zug, vergebenen Preises besteht darin, dass es sich nicht um eine Belohnung für eine bereits abgeschlossene Übersetzung handelt.

Das Preisgeld ist tatsächlich als Stipendium gedacht und verpflichtet die damit bedachten Übersetzer, die geförderte Übersetzung anzufertigen. Deshalb findet die Preisübergabe auch erst nach getaner Arbeit im kommenden Jahr statt. Sie ist für den 12. Juni 2022 geplant.

Vera Bischitzky, Übersetzungen
Vera Bischitzky wird als Übersetzerin oft auf der Umschlagseite genannt.

Bischitzky ist Übersetzerin, Herausgeberin, Publizistin für russische Literatur

Die 1950 in Ost-Berlin geborene Vera Bischitzky hat an der Berliner Humboldt-Universität Russistik und Anglistik studiert und anschließend sieben Jahre als angestellte Lektorin in einem Verlag gearbeitet. Seit 1981 ist sie als freie Übersetzerin, Lektorin und Publizistin tätig.

1986 verließ sie mit ihrer Familie nach Aberkennung der Staatsbürgerschaft die DDR und übersiedelte nach West-Berlin, wo sie heute noch lebt.

Zuletzt erschien ihre Neuübersetzung von Gontscharows Eine gewöhnliche Geschichte (2021). Davor hat sie unter anderem Gontscharows Oblomow neu übersetzt (2012) sowie Aufzeichnungen eines Jägers von Iwan Turgenjew (2018).

Bischitzky wird nicht zum ersten Mal mit einer Auszeichnung geehrt. 2010 erhielt sie den Helmut-M.-Braem-Preis für die Übersetzung von Nikolai Gogols Tote Seelen sowie 2014 den russischen Gontscharow-Preis für Literatur.

Gontscharow – im Schatten seiner Zeitgenossen Gogol, Dostojewski, Tolstoi und Turgenjew

Zum Autor und dem Werk, dessen Übersetzung gefördert wird, schreibt die Jury:

Iwan Gontscharow (geboren 1812 in Simbirsk, gestorben 1891 in Sankt Petersburg), Sohn einer wohlhabenden, zum Landadel gehörenden Familie, bildete sich an der Handelsschule und später an der Universität Moskau aus. Danach arbeitete er in unterschiedlichen Positionen als Beamter in Sankt Petersburg. Er gehört zu den großen Klassikern der russischen Literatur, blieb aber trotz der Popularität seines Romans beziehungsweise Protagonisten Oblomow etwas im Schatten seiner Zeitgenossen Gogol, Dostojewski, Tolstoi und Turgenjew.

Das Steilufer (Obryv) erschien zuerst 1869. Das Buch bildet zusammen mit Eine gewöhnliche Geschichte und Oblomow eine Art Trilogie. Diese dokumentiert einen eigentlichen Epochenumbruch im russischen Alltag. Das althergebrachte, patriarchalische Gefüge in der Provinz wird einem modernen, europäischen Leben gegenübergestellt; beide Pole haben ihre je eigenen Ambivalenzen. Gontscharow schildert die Zerrissenheit der Protagonisten zwischen diesen beiden Welten und die Suche der Helden nach ihrem eigenen Platz.

Zuger Anerkennungspreis für Katharina Meyer und Lena Müller

Katharina Meyer und Lena Müller übersetzen gemeinsam den Roman La Danse du vilain von Fiston Mwanza Mujila.

Die 1979 geborene Katharina Meyer hat Literaturübersetzen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universidade de Santiago de Compostela studiert. Sie arbeitet als freie Übersetzerin in Düsseldorf und übersetzt aus dem Englischen, Französischen und Spanischen.

Lena Müller, Jahrgang 1982, hat Literarisches Schreiben und Kulturwissenschaften in Hildesheim und Paris studiert. Sie lebt als freie Übersetzerin aus dem Französischen sowie Autorin in Berlin.

Preis wird seit 1997 alle zwei Jahre vergeben

Das Zuger Übersetzer-Stipendium wird seit 1997 alle zwei Jahre vergeben. Es soll herausragende Übersetzungen eines literarisch und kulturell bedeutenden Werkes in die deutsche Sprache ermöglichen.

Getragen wird das Übersetzer-Stipendium vom Verein Zuger Übersetzer, finanzielle Zuschüsse leisten die Stadt Zug, der Kanton Zug, die Kulturstiftung Pro Helvetia sowie private Spender.

rs