Österreich: „Schattenkanzler“ Wort des Jahres 2021, Unwort: „Querdenker“, Jugendwort: „Cringe“

Wörter des Jahres 2021, Österreich
Bild: ÖVGD

Die Gesellschaft für Österreichisches Deutsch (ÖVGD) hat soeben die Wörter des Jahres 2021 bekannt gegeben.

Wörter des Jahres 2021

1. Schattenkanzler
2. 3G
3. Klimaticket

Schattenkanzler: Ironischer Ausdruck, der nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Kurz aufkam und unterstellt, dass Kurz, als ÖVP-Parteiobmann weiterhin die Politik der Regierung bestimmen wird und nicht der neue Bundeskanzler Schallenberg.

Zugleich drückt das Wort auch aus, dass über der derzeitigen Regierung ein Schatten liegt – bedingt durch die besonderen Umstände, unter denen der Kanzlerwechsel stattfand. Das Wort entstand in Anlehnung an die existierende Bezeichnung „Schattenkabinett“.

3G: Abkürzung für „genesen“, „geimpft“, „getestet“. Wesentliche Grundlage zur Bekämpfung der COV19-Pandemie, indem damit der Zugang zu öffentlichen und privaten Institutionen geregelt wird. Mittlerweile ist aufgrund der hohen Infektionszahlen und der vielen Mutationen des Virus von der Regierung 2G bzw. 2G+ (genesen / geimpft / negativer PCR Test) eingeführt worden.

Auf den zweiten Platz kam neben 3G ex equo auch der Ninja Pass, der als Impfnachweis für Kinder und Jugendliche verwendet wird.

Klimaticket: Neu eingeführte Fahrkarte, mit der man alle öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Österreich zu einem günstigen Preis benutzen kann. Es ist dies nicht nur eine Neuerung zum Zwecke der günstigen Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern zugleich eine zentrale Maßnahme für den Klimaschutz gemäß den internationalen Vereinbarungen.

Unwörter des Jahres 2021

1. Querdenker
2. Erinnerungslücke
3. Impfskeptiker

Querdenker: Ursprünglich positiv besetzte Bezeichnung für Personen, die unkonventionell denken. Heute sind in dieser neuen Gruppe von Querdenkern jedoch überwiegend Coronaleugner, Impfverweigerer und Verschwörungstheoretiker zu finden.

Der Begriff leitete sich ursprünglich vom Begriff „Quereinsteiger“ ab und war mit der Bedeutung „kritischer Geist“ verbunden. Im Kontext der derzeitigen Pandemie hat das Wort jedoch hauptsächlich die Bedeutung „Querkopf/Wirrkopf“ (ohne fundierte Meinung) angenommen und bezeichnet als Eigen- und Fremdbezeichnung Personen, die die Ergebnisse der Wissenschaft negieren bzw. sich über diesen stehend betrachten.

Erinnerungslücke: Ironische Untertreibung für den Umstand, dass sich Finanzminister Blümel bei der Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss 86 Mal nicht an Fakten erinnern konnte. Kommentatoren hielten das für eine Missachtung des Parlaments. Die Befragungen im Untersuchungsausschuss haben jedoch gezeigt, dass der Finanzminister nicht die einzige Auskunftsperson mit einem stark reduzierten Erinnerungsvermögen ist.

Impfskeptiker: Beschönigender Ausdruck, der eine Person beschreibt, die die Coronaschutzimpfungen strikt ablehnt und wissenschaftliche Erkenntnisse negiert. Der Begriff „Skeptiker“ war ursprünglich positiv besetzt, hat sich jedoch hin zur völligen Ablehnung von Erkenntnissen der Wissenschaft gewandelt.

Weitere Wörter, die in die engere Wahl kamen, waren „Kaufhaus Österreich“ und „zur Seite treten“.

Jugendwörter des Jahres 2021

1. Cringe
2. Geringverdiener
3. Gäistig

Cringe: Das Wort steht für „peinlich“, „fremdschämen“. Es ist zugleich Jugendwort des Jahres in Deutschland und eine Entlehnung aus dem Englischen, was ein Hinweis auf die weiterhin ungebrochene Internationalisierung und Amerikanisierung der Jugendkultur ist.

Geringverdiener: Scherzhaft verwendet für „Verlierer“ bzw. „Loser“. Das Wort ist im deutschen Sozialsystem ein Fachausdruck, der Personen bezeichnet, die ein besonders niedriges Gehalt beziehen (Praktikanten, Teilzeitbeschäftigte usw.), was oft auf Jugendliche zutrifft.

Gäistig: Für Personen verwendet, die geistig außerordentlich bewegliche Menschen und Schnelldenker sind. Die Schreibung ist aus dem Schweizerischen entlehnt, um die schweizerische Aussprache anzudeuten.

Sprüche des Jahres 2021

1. „Eli, es ist vorbei!“
2. „Sie fragen sich in diesen Stunden vielleicht: ,Was ist denn jetzt schon wieder passiert?‘“
3. Alles gurgelt!

Eli, es ist vorbei!“ – Feststellung von Bundespräsident Van der Bellen gegenüber Elisabeth Köstinger in einer Fernsehsendung am 08.10.2021 betreffend den Skandal um die Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), nach den Enthüllungen durch die Chatprotokolle. Köstinger ist zurzeit Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus.

Sie fragen sich in diesen Stunden vielleicht: ,Was ist denn jetzt schon wieder passiert?‘“ – Feststellung von Bundespräsident Van der Bellen in einer TV-Rede am 08.10.2021 betreffend den Skandal um die Regierung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), nach den Enthüllungen durch die Chatprotokolle. Der Bundespräsident verwendet dabei eine ähnliche Formulierung wie jene, mit der die Kriminalromane von Wolf Haas eingeleitet werden.

Alles gurgelt! – Positiv besetzte Parole der Pandemiebekämpfung in den Schulen, da dort die Nasenbohrertests durch Gurgeltests ersetzt wurden. Mittlerweile werden diese Tests auch in verschiedenen Bundesländern angewendet.

Unsprüche des Jahres 2021

1. „Bitte. Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ (Sebastian Kurz, 2017)
2. „Wer zahlt, schafft an! Ich liebe das!“
3. „Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war!“ (Blümel)

Bitte. Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“ – Aussage von Ex-Kanzler Kurz 2017 in einem Chat mit dem Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid. Es ging darum, die geplante Milliarde für die Förderung der Kinderbetreuung durch die Regierung Kern/Mitterlehner zu verhindern. Die Absicht dahinter war, Mitterlehner schlecht dastehen zu lassen, damit Kurz selbst die Macht in der ÖVP übernehmen kann. Dabei nahm er als amtierender Außenminister in Kauf, dass er damit seiner eigenen Partei Schaden zufügt.

Wer zahlt, schafft an! Ich liebe das!“ – Aussage in einem Chatbeitrag von Thomas Schmid (Ex-Generalsekretär im Finanzministerium) im Jahre 2017 über die gekaufte Berichterstattung im Boulevardblatt „Österreich“, die laut WKStA mit Steuergeld finanziert wurde.

Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich erinnern kann, dass das ein Thema war!“ – Eine von 86 Aussagen von Finanzminister Blümel vor dem Ibiza-Ausschuss, mit dem dieser behauptete, über die befragten Sachverhalte nichts zu wissen.

Allgemeine Informationen zur Wahl 2021

Die heurige Wahl fand vom 15.09.-29.11.2021 statt. An der Vorwahl nahmen 2.441 Personen teil, die insgesamt 5.362 Vorschläge für die Wörter, Unwörter, Jugendwörter, Sprüche und Unsprüche des Jahres eingesendet haben. An der eigentlichen Wahl nahmen 11.406 Personen teil, die 57.028 Einsendungen in den 5 Kategorien vornahmen. Insgesamt haben also 13.846 Personen an der Wahl teilgenommen.

Wort des Jahres: 1.789 Einsendungen, 546 einzelne Begriffe

Unwort des Jahres 2021: 1.815 Einsendungen, 529 einzelne Begriffe

Jugendwort des Jahres 2021: 841 Einsendungen, 306 einzelne Begriffe

Spruch des Jahres 2021: 1.006 Einsendungen, 533 einzelne Vorschläge

Unspruch des Jahres 2021: 1.207 Einsendungen, 557 einzelne Vorschläge.

Die Jury tagte am 29.11.2021 zum zweiten Mal und bestimmte anhand der Abstimmungsergebnisse die Wörter und Sprüche des Jahres 2021, die am 02.12.2021 via Austria Presse Agentur (APA) bekanntgegeben wurden. Aus den Einsendungen der Vorwahl wählte die Jury am 23.10.2021 die Kandidatenwörter und Kandidatensprüche aus.

Über die GSÖD

Die GSÖD ist eine wissenschaftliche Gesellschaft, die sich das Ziel gesetzt hat, die Verwendung des Österreichischen Deutsch (ÖD) in Österreich zu dokumentieren, erforschen und zu fördern.

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