Universitäten brechen Brücken zu Russland ab – Projekte, Kooperationen, Austauschprogramme liegen auf Eis

Köln, Hohenzollenbrücke
Alle Brücken nach Russland zu sprengen, lautet der Befehl aus der Politik. Widerstand gegen diese destruktiven Maßnahmen oder auch nur ein vorsichtiges Hinterfragen ihrer Sinnhaftigkeit ist an den Hochschulen nicht auszumachen. - Bild: Richard Schneider

Die Beziehungen zu Russland auf dem Gebiet der Wissenschaft und Kultur trotz der Waffenlieferungen an die Ukraine und eines noch nie dagewesenen Wirtschaftskriegs fortzuführen, das wäre ein starkes Signal für den Frieden gewesen.

Aber die Universitäten haben sich anders entschieden und legen alle gemeinsamen Projekte sowie sonstige Kooperationen und Austauschprogramme mit russischen Hochschulen und Wissenschaftlern auf Eis.

Wie lange diese Eiszeit dauern wird und was damit bezweckt werden soll, ist unklar. Klar ist nur, dass es Jahrzehnte dauern wird, die Brücken wieder aufbauen, die jetzt in der allgemeinen Kriegsbegeisterung innerhalb weniger Wochen gesprengt wurden.

Beispielhaft für das Verhalten der Hochschulen nachfolgend die Beschlüsse der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), zu der auch der Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) in Germersheim gehört. Dessen Austauschprogramme in der Slawistik sind dem Vernehmen nach ebenfalls betroffen.

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Umgang der JGU mit den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine

10.03.2022

Das Präsidium der JGU ist sehr besorgt über die Lage in der Ukraine und verurteilt den völkerrechtswidrigen Angriff auf das Land. Besonders sorgen wir uns um die Menschen, mit denen wir unsere wissenschaftlichen Partnerschaften pflegen.

Den beteiligten Studierenden und Wissenschaftler:innen wollen wir unsere volle Unterstützung zukommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für geflüchtete und gefährdete Personen aus der Ukraine. Die Unterstützungsmaßnahmen sind unter Die JGU unterstützt Hilfsaktionen für die Ukraine, sie sind unter JGU International (www.international.uni-mainz.de/hilfe-ukraine) zu finden. Die entsprechende Seite wird regelmäßig aktualisiert.

Mit Blick auf Russland hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) beschlossen, gemeinsame Förderprojekte mit sofortiger Wirkung auszusetzen (www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung_nr_01/index.html).

Hinzu kommt das Erfordernis der Umsetzung der durch die Europäische Kommission und die Bundesregierung verhängten Sanktionen gegen Russland.

Dies betrifft die Ausfuhr bestimmter Güter oder Technologien, die unter das Regime von Dual-Use-Vorschriften fallen. Im Zuge dessen sieht sich das Präsidium der JGU ebenfalls veranlasst, die Nutzung von wissenschaftlichen Infrastrukturen für russische Institutionen und in Russland ansässige Wissenschaftler:innen zu untersagen.

Der Haltung der DFG schließen wir uns insofern an, als wir ab sofort ebenfalls von einem Transfer finanzieller Mittel nach Russland absehen.

Neue Kooperationsabkommen mit russischen Institutionen werden wir derzeit nicht eingehen. Bei bestehenden Kooperationen sollte der aktive Austausch, so er nicht ohnehin durch die Kriegssituation eingeschränkt ist, bis auf Weiteres grundsätzlich ruhen.

Auch viele russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich trotz erheblicher Repressionen gegen den Krieg in der Ukraine positioniert. Es ist dem Präsidium der JGU deshalb wichtig zu betonen, dass im Einzelfall Kontakte zu russischen Wissenschaftler:innen nach wie vor möglich sein sollen, so dies die Kriegssituation überhaupt erlaubt.

Ausdrücklich weisen wir darauf hin, dass russische Studierende und Wissenschaftler*innen, die hier leben oder einen Forschungsaufenthalt in Mainz verbringen und die insbesondere in einem Beschäftigungsverhältnis mit der JGU stehen, von Sanktionsmaßnahmen ausgenommen sind. Auch entsprechende Stipendien können daher weiter finanziert werden.

Wir begrüßen, dass die DFG, der DAAD und andere Wissenschaftsorganisationen Fördermöglichkeiten bieten, Flüchtende aus den betroffenen Regionen kurzfristig in das deutsche Wissenschaftssystem zu integrieren.

Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir auch als JGU alles dafür tun, die Menschen, die bei uns studieren und arbeiten wollen, aufzunehmen.

Die JGU strebt die Balance an zwischen einem klaren Zeichen gegenüber der russischen Staatsführung im Einklang mit den bundesweiten Sanktionen einerseits und einem Aufrechterhalten des Dialogs auf persönlicher Ebene von Forschenden, Studierenden und Partnerschaftsbeauftragten andererseits. Von öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen wie Workshops, Konferenzen oder Sommerschulen gemeinsam mit russischen Kolleg:innen ist allerdings bis auf Weiteres abzusehen.

Das Präsidium der JGU folgt mit diesen Einschränkungen der aktuellen Richtlinie des DAAD.

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rs