Auf seiner Wirtschaftspressekonferenz im Juli 2022 hat der Börsenverein des deutschen Buchhandels auch Zahlen zur Entwicklung der Übersetzungen präsentiert.
Der Anteil der Übersetzungen an den Erstauflagen stieg gegenüber dem Vorjahr von 13,2 auf 13,6 Prozent leicht an. Über die Jahre betrachtet bleibt er damit recht konstant.
Übersetzungen ins Deutsche
Im Jahr 2021 erschienen insgesamt 8.703 Titel aus anderen Sprachen (2020: 9.164) neu auf dem deutschen Buchmarkt. Das entspricht einem Rückgang von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem die Zahl der Übersetzungen bereits um 6,5 Prozent zurückgegangen war.
Die wichtigste Herkunftssprache für Übersetzungen ins Deutsche ist Englisch (62,6 Prozent), gefolgt von Japanisch (10,8 Prozent) und Französisch (10,3 Prozent).
Lizenzverkäufe ins Ausland
Der Lizenzverkauf deutscher Verlage ins Ausland stieg nach einem leichten Knick im Jahr 2020 um 2,4 Prozent von 7.597 auf 7.777 Titel an.
Die wichtigste Warengruppe sind dabei Kinder- und Jugendbücher (40,7 Prozent der Lizenzen), gefolgt von Belletristik (19,0 Prozent). Beide Kategorien verkauften 2021 deutlich mehr Lizenzen als im Vorjahr (Kinder- und Jugendbuch: +10,8 Prozent, Belletristik: +9,9 Prozent).
Buchhandel insgesamt: Erstauflagen minus 7,5 %, Umsatz plus 3,5 %
Die Zahl der Erstauflagen der Verlage ging 2021 deutlicher zurück als in den Vorjahren. Sie sank von 69.180 im Jahr 2020 auf nun 63.992 Titel. Das entspricht einem Minus von 7,5 Prozent.
Besonders stark war der Rückgang in einigen Wissenschaftsbereichen. Überdurchschnittlich sanken außerdem die Kinder- und Jugendbücher (-9,2 Prozent), weniger stark Belletristik-Titel (-3,1 Prozent).
Die Branche erwirtschaftete 2021 einen Gesamtumsatz von insgesamt 9,63 Milliarden Euro (2020: 9,30 Milliarden Euro), was einem Zuwachs von 3,5 Prozent entspricht.
Nach Pandemie kommen Papierkrise, Druckkostenexplosion, Konsumflaute
Pandemie, Papierkrise, Konsumflaute: Der deutsche Buchmarkt bewegt sich nach wie vor in unruhigen Zeiten. Buchhandlungen und Verlage haben die Corona-Krise bisher mit großem Einsatz, Innovationsgeist und Kundennähe gemeistert. Der Gesamtumsatz der Branche stieg 2021 um 3,5 Prozent.
Die vergangenen beiden Jahre haben die Branche wirtschaftlich dennoch stark gefordert. Nun steht sie durch Beschaffungsengpässe, steigenden Kostendruck und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs vor neuen Hürden.
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins:
Die Inspiration, die Kunden auch neue, unbekannte Titel entdecken lässt, fehlte aufgrund monatelang geschlossener Buchhandlungen. Das ist beunruhigend für die große Vielfalt, die den deutschen Buchmarkt auszeichnet. In Zeiten knapper Budgets setzen auch Verlage eher auf ,sichere‘ Titel – das Abseitige, Mutige, Innovative kommt dann manchmal zu kurz.
Die Wiederkehr von Präsenzveranstaltungen wie der Frankfurter Buchmesse ist für die Branche essenziell; sie steigern die öffentliche Aufmerksamkeit für Bücher und sind für die Geschäfte und Netzwerke in der Branche unersetzbar.
Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, ergänzt:
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen erschüttern die Menschen und führen zu einer drastischen Verunsicherung und Konsumeinschränkung. Es zeichnet sich mehr und mehr ab, dass sich die allgemeine Kaufzurückhaltung auch im Buchhandel niederschlägt.
Daneben setzen steigende Kosten und Beschaffungsengpässe etwa beim Papier Verlage und Buchhandlungen unter Druck.
Konsumklima im Vorfeld der drohenden Rezession auf Allzeittief
Die GfK attestiert im Juni 2022 dem Konsumklima ein neues Allzeittief. Die Frequenz in den Innenstädten liegt aktuell noch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau.
Daneben verzeichnen die Unternehmen der Buchbranche signifikante Preisanstiege bei Energie, Rohstoffen und Personal. Laut Statistischem Bundesamt sind die Druckkosten für Bücher im Mai 2022 um 21,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Dezember 2021 waren es noch 3,8 Prozent. Der Preis für grafische Papiere und Pappen steigt ebenfalls und lag im Mai 2022 58,2 Prozent über dem Vorjahresmonat.
Reduzierung der Mehrwertsteuer für Bücher auf null Prozent?
Wenn die Buchbranche weiterhin ihren wichtigen kulturellen und gesellschaftlichen Auftrag in der Gesellschaft erfüllen soll, müsse die Politik zügig handeln, so der Börsenverein. Peter Kraus vom Cleff:
Angesichts einer Wirtschaftskrise von diesem historischen Ausmaß ist die Politik gefragt, betroffene Branchen zu unterstützen. Für die Buchbranche wäre etwa die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Bücher auf null Prozent bei vollem Vorsteuerabzug, wie sie durch die EU-Gesetzgebung jetzt möglich ist, eine große Hilfe.
Um die Vielfalt auf dem Buchmarkt aufrechtzuerhalten, sind auch strukturelle Förderungen vonnöten. Darüber hinaus brauchen wir durchdachte und finanziell gut ausgestattete Programme für die Belebung der Innenstädte, wie sie etwa der Deutsche Kulturrat zusammen mit einer Verbändeallianz aktuell fordert. Als kulturelle Anziehungspunkte und Dritte Orte par excellence können Buchhandlungen bei der Revitalisierung der Stadtzentren eine wichtige Funktion übernehmen.
Richard Schneider