Der mit 10.000 Euro dotierte „Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis“ der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (Stiftung ME Saar), der Stadt Sulzbach und des Saarländischen Rundfunks (SR) würdigt das Andenken des bedeutenden Sulzbacher Übersetzers und Autors. Im Jahr 2023 geht der vom SR initiierte Preis an die in Frankreich lebende deutsche Übersetzerin Nicola Denis.
Denis übersetzt zeitgenössische Romane von Eric Vuillard, Olivier Guez oder Sylvain Tesson, Klassiker von Honoré de Balzac, Essays und Texte zur Kunst. Ihr kluger Umgang mit Texten und ihr breites Repertoire haben die Jury überzeugt.
Sie passe sich in faszinierender Weise an Zeiten, Stile und Tonalitäten an und verbinde Texttreue mit großer Eleganz. So lese sich ihre aktuelle Übertragung von Balzacs Cousine Bette so flüssig und vergnüglich, dass man nicht glaube, eine Übersetzung vor Augen zu haben.
„Große Meisterschaft“
In der Begründung der Jury heißt es:
Freilegen, Abstauben, die Syntax des Originals möglichst beibehalten, mit diesem quasi archäologischen Vokabular beschreibt Nicola Denis ihre Tätigkeit bei der Übertragung von Klassikern. Aber auch im Umgang mit aktuellen Schriftstellerinnen wie Adèle Rosenfeld beweist sie einen sensiblen Umgang mit dem französischen Original und eine große Meisterschaft.
Denis hat zur Übersetzungsgeschichte von Tartuffe promoviert
Die Preisträgerin Nicola Denis wurde 1972 in Celle geboren, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik. Bereits während des Studiums hat sie sich mit Übersetzungsfragen beschäftigt: sie verglich verschiedene deutsche Fassungen von Molières Le Misanthrope und promovierte zur Übersetzungsgeschichte von Tartuffe.
Immer wieder befasst sie sich auch mit den theoretischen Aspekten ihres Berufes und unterrichtet in Seminaren an den Universitäten Basel, Mannheim oder Göttingen. Seit 1995 lebt Nicola Denis mit ihrer Familie im französischen Département Mayenne (Pays de la Loire) und arbeitet seit über 20 Jahren hauptberuflich als Übersetzerin. Inzwischen ist sie auch Romanautorin und veröffentlichte 2022 ihr Debüt Die Tanten.
Bandbreite vom Klassiker bis zu aktuellen Werken
SR-Intendant Martin Grasmück:
Die große Bandbreite ihrer Übertragungen von den Klassikern bis hin zu aktuellen literarischen Werken beweist das außergewöhnliche Talent von Nicola Denis. Mit ihrem ausgezeichneten Verständnis für das Französische, das sie ins Deutsche in bewundernswerter Weise überträgt, leistet sie einen wichtigen Beitrag für den kulturellen Austausch über die Grenzen hinweg – eine Leistung, die wir als Saarländischer Rundfunk und Brückenbauer in die Großregion sehr gerne unterstützen und fördern. Ich gratuliere Nicola Denis sehr herzlich.
Oswald Bubel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung ME Saar:
Dass Übersetzen weit mehr ist als nur ein Übertragen von Worten in eine andere Sprache, zeigt die Preisträgerin Nicola Denis eindrücklich mit ihrer Arbeit. In ihrer Doktorarbeit Tartuffe in Deutschland analysiert sie beeindruckend, dass sich Übersetzungen nicht nur am reinen Text, sondern auch an den Rezeptionsbedingungen der jeweiligen Zeit orientieren.
Die Übersetzung nimmt somit eine gesellschaftliche Funktion ein, weil sie Denken und Empfinden nicht nur über Landes- und Gesellschaftsgrenzen, sondern auch im Kontext unterschiedlicher Zeiten hinweg erlebbar macht. Wir gratulieren Frau Denis ganz herzlich zu ihrer Auszeichnung.
Der Bürgermeister der Stadt Sulzbach, Michael Adam, betont:
Für die Stadt Sulzbach ist der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis von großer Bedeutung. Als Partner der Preisverleihung können wir die Bedeutung des Lebenswerkes von Helmlé, der in unserer Stadt beheimatet war, noch stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. In seinem „Deutsch-Französischen Jahr“ 2023 feiert Sulzbach mit vielen Veranstaltungen das 60-jährige Jubiläum des Élysée-Vertrages.
Der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ist längst Teil eines dichten Geflechts deutsch-französischer, kultureller Verbindungen unserer beiden Länder. Gerade Übersetzerinnen und Übersetzer leisten mit ihrer Arbeit hierfür einen wertvollen Beitrag und bringen uns unseren Nachbarn näher. Damit das gelingt, müssen sie tief in die Kultur des anderen eintauchen und nehmen die Leserinnen und Leser mit. Der neuen Preisträgerin Nicola Denis gratuliere ich ganz herzlich.“
Die Jury
Die Jurorinnen des Eugen-Helmlé-Übersetzerpreises 2023 waren die Berliner Journalistin Susanne von Schenck, die Literaturbeauftragte der Direction Régionale des Affaires Culturelles (DRAC) der Region Grand Est in Metz, Colette Gravier, und Tilla Fuchs, Literaturredakteurin (Saarländischer Rundfunk).
Bisherige Preisträger
Die bisherigen Preisträger waren Tobias Scheffel (2005), Claude Riehl (2006), Andrea Spingler (2007), Nicole Bary (2008), Lis Künzli (2009), Olivier Le Lay (2010), Holger Fock und Sabine Müller (2011), Alain Lance und Renate Lance-Otterbein (2012), Jürgen Ritte (2013), Cécile Wajsbrot (2014), Hinrich Schmidt-Henkel (2015), Anne Weber (2016), Simon Werle (2017), Olivier Mannoni (2018), Sonja Finck (2019) Corinna Gepner (2020), Andreas Jandl (2021) und Barbara Fontaine (2022).
Preisübergabe im September
Die Verleihung findet am Donnerstag, 7. September 2023, um 19:00 Uhr in der Aula Sulzbach statt.
SR