
Wer geglaubt hatte, Elke Heidenreichs Genderkritik („Das ist alles ein verlogener Scheißdreck.“) sei nicht mehr steigerbar, der sah sich neulich im Sat.1-Frühstücksfernsehen eines Besseren belehrt.
Zu Gast war Heino, der sein neues Album vorstellte. Auf die Frage des Moderators, was er vom Gendern halte, platzte dem 85-Jährigen der Kragen: „Denen haben sie ins Gehirn geschissen.“ Außerdem will er auch weiterhin Volks- und Kinderlieder wie „Lustig ist das Zigeunerleben“ singen, die in den Schulen schon lange aussortiert wurden. Das sei „ein Stück Kulturgut“.
In den Sozialen Medien erntete der Sänger überwiegend Zustimmung, wenn auch einige meinten, er habe sich im Ton vergriffen und hätte sich weniger vulgär ausdrücken sollen.
Cancel-Bemühungen laufen ins Leere
Aber natürlich lief auch die übliche Cancel-Routine an: Der Moderator wurde in den Sozialen Medien vorwurfsvoll gefragt, was ihm denn einfiele, solche Aussagen unwidersprochen stehen zu lassen. Und der Sender wurde gefragt, ob er wirklich weiter einen Moderator beschäftigen wolle, der so etwas unwidersprochen stehen lasse.
Da aber der Moderator offenbar derselben Ansicht wie Heino ist und der Sender als Antwort auf die Vorwürfe lediglich Salman Rushdie mit „Redefreiheit ist das Entscheidende“ zitierte, liefen diese Bemühungen ins Leere. Da es sich bei Sat.1 um einen Privatsender handelt, der weder Gebühren noch Steuergelder benötigt, gab es keine weiteren Druckmittel.
Heino selbst bekräftigte in den Tagen danach seine Haltung, nahm nichts zurück und sah keinen Anlass für eine Entschuldigung. Entgegen anders lautenden Gerüchten hat Sat.1 die Aufzeichnung des Heino-Auftritts auch nicht auf der eigenen Website gelöscht (siehe Link weiter unten).

Klar ist aber auch, dass jede Musiklehrerin oder Kita-Erzieherin, die auf ähnliche Weise im Fernsehen die Gender-Befürworter beschimpft, Titel wie „Zehn nackte Friseusen“ veröffentlicht und erklärt hätte, sie wolle auch weiterhin mit den Kindern im Unterricht „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ singen, noch am selben Tag vom Dienst freigestellt und innerhalb weniger Tage fristlos entlassen worden wäre.
Aber Heino hat schon lange ausgesorgt und muss niemandem mehr „in den Arsch kriechen“, um einmal in seiner Sprache zu bleiben. Und so wirkte der erzkonservative Sänger alten deutschen Liedguts letztendlich wie ein Punker und Rebell, der sich traut, der spießig moralisierenden Obrigkeit den Mittelfinger zu zeigen.

Weiterführender Link
- Mitschnitt des Heino-Interviews auf Sat.1 (6:23 Minuten)
Richard Schneider