Chinesisch-Übersetzer Thilo Diefenbach mit Cotta-Preis 2023 geehrt

Thilo Diefenbach, Cotta-Preis
Thilo Diefenbach (links) und Svenja Leiber freuen sich über die Auszeichnung, die ihnen von Kulturamtsleiter Marc Gegenfurtner überreicht wurde. - Bild: Leif Piechowski / Stadt Stuttgart

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat den „Johann‐Friedrich‐von‐Cotta‐Literatur‐ und Übersetzungspreis der Landeshauptstadt Stuttgart“ an den Übersetzer Thilo Diefenbach und die Schriftstellerin Svenja Leiber verliehen. Das Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro wird hälftig geteilt.

Die Preisverleihung fand am 14. November 2023 mit rund 200 Gästen im Großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses statt. Kulturamtsleiter Marc Gegenfurtner begrüßte zum Festakt und beglückwünschte die Preisträger zu ihrer Auszeichnung:

Nicht erst in den gegenwärtigen Zeiten ist Literatur eine wesentliche vermittelnde und die Welt erschließende Kulturleistung. Mit den Werken von Svenja Leiber und Thilo Diefenbach werden literarische Leistungen gewürdigt, die uns helfen, den Blick gen Osten zu weiten und damit ein deutliches Stück Weltkompetenz zu vertiefen.

Diefenbach wurde für seine Anthologie Zwischen Himmel und Meer zu den Literaturen Taiwans geehrt. Anna Katharina Hahn, Jurymitglied und in Stuttgart lebende Schriftstellerin, würdigte in Vertretung von Literatur‐ und Filmkritikerin Verena Lueken Thilo Diefenbachs deutsche Übersetzungen als Pionierarbeit. Sie hob hervor:

Diefenbachs Anthologie versammelt Gedichte und Legenden, Essays, Erzählungen und Romanauszüge. Und zwar nicht nur auf Mandarin, wie die wenigen anderen deutschsprachigen Anthologien von Literatur aus Taiwan, die sich auf die Nachkriegszeit konzentrieren, sondern er übersetzt Texte aus mehreren Jahrhunderten aus dem Mandarin und klassischem Chinesisch, aus dem Taiwanischen und dem Japanischen.

Von Taiwan wissen wir vor allem, dass es sich nicht als „chinesisch“ im Sinn der Volksrepublik China identifiziert. Von Thilo Diefenbach lernen wir, was das in den Literaturen bis heute bedeutet. Sein Respekt vor der Widerständigkeit der Insel gegenüber dem Festland zeigt sich auch darin, dass er eine Umschrift benutzt, die ausdrücklich anders vorgeht als die in China favorisierte.

(Mehr zur Arbeit Diefenbachs über den unten aufgeführten Link.)

Thilo Diefenbach: Zwischen Himmel und Meer
Bild: Iudicium Verlag

Larissa Bender, Jurymitglied und Übersetzerin für arabische Literatur, würdigte als Laudatorin Svenja Leiber als „eine Autorin, die bereits durch ihre Biografie einen offenen Blick für die Welt und ein Interesse an historischen Zusammenhängen mitbringt“ und sich aufgrund von intensiven Recherchereisen „einen scharfen Blick fürs Detail und auf das große Ganze angeeignet“ hat. Leiber wurde für ihr Werk Kazimira ausgezeichnet.

Den Abend moderierte die Literaturredakteurin und Moderatorin Katharina Borchardt, die mit den beiden Preisträgern ein Gespräch über deren Werke führte und sie daraus lesen ließ. Für die musikalische Untermalung sorgte die Stuttgarter Musikerin Laima Adelaide.

Der Jury gehörten – neben den Mitgliedern des Gemeinderats Dr. Christine Lehmann, Jürgen Sauer und Dejan Perc – die Übersetzerin Larissa Bender, die Schriftstellerin Anna‐Katharina Hahn, der Lektor und Schriftsteller Martin Kordić und die Literaturkritikerin Verena Lueken sowie als Vorsitzender der Erste Bürgermeister Dr. Fabian Mayer an.

Cotta-Preis
Bild: Landeshauptstadt Stuttgart

Übersetzerpreis mit der wahrscheinlich längsten Bezeichnung der Welt

Der von der Stadt Stuttgart gestiftete Preis wurde von 1978 bis einschließlich 2002 alle zwei Jahre als „Literaturpreis der Stadt Stuttgart“ verliehen.

Seit 2005 wurde unter dem neuen Namen „Johann‐Friedrich‐von‐Cotta‐Literatur‐ und Übersetzungspreis der Landeshauptstadt Stuttgart“ auf einen Rhythmus von drei Jahren umgestellt. Mit 88 Zeichen handelt es sich um den Übersetzerpreis mit der längsten Bezeichnung im deutschsprachigen Raum, möglicherweise gar der Welt.

Namensgeber Cotta (1764 – 1832) hat mit der Cotta’schen Verlagsbuchhandlung den bedeutendsten Verlag der deutschen Klassik aufgebaut. Bei ihm wurden u. a. Goethe und Schiller sowie Hölderlin, Uhland, Fichte, Pestalozzi, Kleist, Droste-Hülshoff, Jean Paul, Hegel und Herder verlegt.

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rs