Hedde Zeijlstra erforscht Sprachlücken – Warum hat keine Sprache ein Wort für „nicht alle“?

Fragezeichen
Bild: Gerd Altmann / Pixabay

Der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Hedde Zeijlstra vom Seminar für Englische Philologie der Universität Göttingen erhält einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC). Der ERC fördert sein Projekt zu universellen paradigmatischen Lücken (Universal Paradigmatic Gaps, UNPAG) fünf Jahre lang mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.

Was sind Sprachlücken?

In vielen Sprachen fehlen Wörter für bestimmte Begriffe. So unterscheidet das Englische nicht zwischen männlichen und weiblichen Cousins und Cousinen, während andere Sprachen, wie zum Beispiel das Deutsche, dies tun.

Es gibt aber auch Begriffe, für die es in keiner Sprache der Welt ein Wort gibt. Zum Beispiel gibt es nirgendwo ein einziges Wort, das „nicht alle“ bedeutet. Das ist überraschend, denn jede Sprache hat Wörter für „einige“ und „alle“, und viele Sprachen haben auch ein Wort für „kein“. Warum fehlt dann diese „vierte Ecke“?

Das Gleiche gilt für Wörter, die „nicht und“ oder „nicht beides“ bedeuten. Auch hier gibt es in keiner Sprache der Welt ein Wort wie „nand“ oder „noth“, während „nor“ oder „neither“ im Englischen in Ordnung sind.

Solche universellen paradigmatischen Lücken sind bisher nicht systematisch untersucht worden. Da diese Lücken universell auftreten, können sie nicht auf kulturelle Eigenschaften zurückzuführen sein. Warum können dann logisch zugängliche Elemente nicht lexikalisiert werden? Letztlich wären diese Wörter nicht undenkbar.

Zeijlstra erläutert:

In unserem Projekt werden wir viele weitere solcher universellen paradigmatischen Lücken identifizieren, untersuchen und erklären, sowohl in gesprochener Sprache als auch in Gebärdensprache.

Es dürfte sich herausstellen, dass die Art und Weise, wie Sprachen über Personen oder Dinge sprechen, sich auffallend von der Art und Weise unterscheidet, wie Sprachen über Möglichkeiten, das heißt mögliche Welten, sprechen.

Diese Unterschiede liegen auch der faszinierenden und unerforschten Landschaft der fehlenden Wörter zugrunde.

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Thomas Richter (Uni Göttingen)