Bundesweite Kita-Studie zeigt: Viele Fremdsprachen, wenig Sprachfachkräfte

Kita, Kindertagesstätte, Kindergarten
Bild: Rosy Ziegler / Pixabay

„Unsere Kitas können Integrationsmotoren sein, wenn sie gut geschmiert sind. Von einem funktionierenden Kita-Betrieb sind wir allerdings weit entfernt. Mangelnde Wertschätzung, zu wenig Leitungszeit, Personalnot im Allgemeinen und fehlende Sprachkräfte im Besonderen prägen das Bild. Wer eine qualitativ hochwertige Sprachförderung in der Kita will, muss den frühkindlichen Bereich stärker aufstellen und das Personal entsprechend ausbilden.“

Das erklärte Gerhard Brand, Landesvorsitzender des VBE (Verband Bildung und Erziehung) in Baden-Württemberg, bei der Vorstellung der Ergebnisse der aktuellen DKLK-Studie (Deutscher Kitaleitungskongress).

Sprachen der Kinder und Fachkräfte in Kitas
Sprachen der Kinder und Fachkräfte. – Bild: VBE (vergrößern mit Rechtsklick)

Themenschwerpunkt Sprachbildung

Zum Themenschwerpunkt Sprachbildung lauten die Studienergebnisse:

Nahezu alle Kita-Leitungen (98 Prozent) sehen die Wichtigkeit sprachlicher Bildung in der Kita. Drei Viertel der Kita-Leitungen (77 Prozent) sagen zudem, dass sie in der eigenen Einrichtung tendenziell auch zufrieden sind mit der Qualität der sprachlichen Bildung.

Die Leiterin des VBE-Landesreferats Kita, Susanne Sargk, erklärt:

An den Kitas ist bereits eine hohe Expertise vorhanden. Mit geschultem Blick und Ohr erkennen pädagogische Fachkräfte sehr zuverlässig, ob es weiterer Förderung bedarf, um ein Kind auf das sprachliche Niveau der anderen zu bringen. Oftmals fehlt es aber an Zeit und Personal, um kontinuierlich arbeiten zu können.

Formen der in Kitas vermittelten sprachlichen Bildung
Formen der in Kitas vermittelten sprachlichen Bildung. – Bild: VBE

Viele Fremdsprachen, wenig Sprachfachkräfte

An vielen Kitas in Baden-Württemberg herrscht eine große Sprachvielfalt: Türkisch sprechen Kinder an 65 Prozent der abgefragten Kitas, gefolgt von Russisch (60 Prozent), Arabisch (58 Prozent), Englisch (48 Prozent), Rumänisch (48 Prozent), Italienisch (45 Prozent) und Ukrainisch (44 Prozent). Statistisch kommen an vier von zehn Kitas alle diese sieben Fremdsprachen auf einmal vor.

Gerhard Brand:

Kinder können nichts für ihren sprachlichen Hintergrund. Es ist die Aufgabe der Politik, die Kitas so aufzustellen und das Kita-Personal so zu qualifizieren, dass die gesellschaftliche Realität einer hohen Heterogenität und sprachlichen Vielfältigkeit der Kinder aufgefangen werden kann. Dafür braucht es vor allem mehr ausgebildete Sprachfachkräfte.

Als größte Herausforderungen für die Förderung der deutschen Sprache nennen die Kita-Leitungen den Zeit- und Personalmangel. Trotz der hohen Sprachvielfalt ist an 29 Prozent der Kitas keine pädagogische Fachkraft speziell für den Bereich der sprachlichen Bildung qualifiziert.

An weiteren 41 der Kitas sind nur 1 bis 10 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in diesem Bereich ausgebildet. Der Mangel an Sprachfachkräften hat unmittelbare Auswirkungen auf das Angebot der Sprachförderung: An knapp der Hälfte der Kitas (44 Prozent) wird ausschließlich alltagsintegrierte Sprachbildung praktiziert.

Angebote der individuellen Sprachförderung sind bisher nur an 30 Prozent der Kitas möglich, Angebote der Sprachförderung in kleinen Gruppen an 37 Prozent der Kitas.

Gerhard Brand:

Die einen Kinder lernen die deutsche Sprache alltagsintegriert, die anderen Kinder benötigen zusätzlich individuelle Sprachförderung. Wenn die politisch Verantwortlichen es als Aufgabe der Kitas ansehen, dass möglichst alle Kinder zu Schulbeginn über die deutsche Sprache verfügen, dann besteht die Verpflichtung, die Kitas dementsprechend auszustatten.

Prozentsatz der für sprachliche Bildung qualifizierten Fachkräfte
Prozentsatz der für sprachliche Bildung qualifizierten Fachkräfte. – Bild: VBE

Forderungen

Zur Behebung der Missstände schlägt der VBE folgende Maßnahmen vor:

  • Eine von Bund, Ländern und Kommunen getragene Fachkräfteoffensive
  • Fortführung des Kita-Qualitätsgesetzes mit gleicher Förderungshöhe
  • Das erfolgreiche Projekt der Sprach-Kitas muss in Baden-Württemberg allen Kitas offenstehen
  • Rücknahme des Erprobungsparagrafen: Dieser steht einer qualitativ hochwertigen Sprachbildung an den Kitas diametral entgegen. Im Zweifelsfall ist an den Randzeiten der Kitas zu kürzen, anstatt Abstriche in Bildungsqualität und Gesundheit des überlasteten Personals hinzunehmen.
  • Leichtere Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Insbesondere, wenn dadurch die sprachliche Vielfalt des Kita-Personals erweitert und dadurch die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern erleichtert werden kann.
  • Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass pädagogische Fachkräfte sprachliche Vorbilder für die Kinder sind. Das Sprachniveau B1 für ausländische Fachkräfte ist daher zwingend erforderlich.
Größte Herausforderungen beim Thema sprachliche Bildung
Größte Herausforderungen beim Thema sprachliche Bildung. – Bild: VBE

An der repräsentativen DKLK-Studie 2024 haben über 1.200 Kindertagesstätten-Leitungen in Baden-Württemberg teilgenommen. Der VBE hat die Studie gemeinsam mit Fleet Education unter wissenschaftlicher Leitung von Dr. Andy Schieler von der Hochschule Koblenz durchgeführt. Teilweise sind Zeitvergleiche zu den DKLK-Studien 2021, 2022 und 2023 möglich. Da die Studie auch bundesweit durchgeführt wurde, sind Vergleiche mit anderen Bundesländern möglich.

Mehr zum Thema

Jens Linek (VBE)