
Bereits zum zweiten Mal hat Langenscheidt das Jugendwort des Jahres vor Publikum auf der Frankfurter Buchmesse verkündet: 2024 hat Aura gewonnen. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Talahon und Schere.
Die Zahl der online abgegebenen Stimmen lag auch in diesem Jahr wieder im hohen sechsstelligen Bereich. In der letzten und entscheidenden Phase der Abstimmung stieg die Zahl der Votes um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
„Das gesteigerte Engagement in diesem Jahr zeigt, wie sehr das Interesse und die aktive Mitgestaltung der jungen Menschen an ihrer eigenen Sprache zunimmt“, freut sich Patricia Kunth, Marketing Managerin bei PONS Langenscheidt und Projektleiterin der Jugendwort-Kampagne.
Für Nikolas Hoenig, Head of Marketing steht daher fest: „Es war eine richtige Entscheidung, die Wahl in die Hände der Jugendlichen zu geben.“ Seit 2008 wählt der Langenscheidt Verlag bereits das Jugendwort des Jahres, doch erst seit 2020 entscheiden allein die Jugendlichen zwischen 11 und 20 Jahren.

Aura wird auch ironisch verwendet
Der Ausdruck Aura, den viele Erwachsene eher aus dem esoterischen Sprachgebrauch kennen, wurde 2020 zum ersten Mal in einem neuen Kontext erwähnt. Die New York Times schrieb damals über den niederländischen Fußballer Virgil Van Dijk und in Anlehnung an einen bekannten Werbeslogan eines Kreditkartenunternehmens „Solutions Are Expensive. An Aura Is Priceless“. Daraufhin wurde Aura zu einem geflügelten Wort im Sport.
In der aktuellen Jugendsprache wird der Begriff häufig scherzhaft verwendet, insbesondere wenn es um die Ausstrahlung einer Person geht: „Ich dachte, es gibt keine Stufe mehr und bin gestolpert – minus 50 Aura!“
Talahon bleibt Jugendwort der Herzen und typisch für 2024
„Wir erleben erneut, wie lebendig Jugendsprache ist. Vielfältige Einflüsse, Nutzungssituationen und Deutungen regen zur Diskussion an, was wir natürlich gerne begleiten“, so Nikolas Hoenig. In diesem Jahr sorgte der Begriff Talahon im Verlauf des Votingverfahrens für Diskussionen in zahlreichen Medien.
Talahon ist aus dem Arabischen abgeleitet und bedeutet ursprünglich „Komm her“. Genutzt wird es von und für junge Männer mit stereotypen Merkmalen oder Verhaltensweisen. So gilt die gefälschte Gucci-Tasche als ein typisches Erkennungsmerkmal.
Langenscheidt hatte die Debatte vor allem in den sozialen Medien genau verfolgt und beschlossen, dass zum Zeitpunkt der Auswertung keine eindeutig negative Konnotation vorlag, da sich auch die angesprochene Gruppe selbst (junge Männer mit Migrationshintergrund) in der Regel scherzhaft gegenseitig so nannten. Der Begriff blieb im Rennen und ist nun auf dem zweiten Platz gelandet.
Talahon Mahmoud: „Man darf das nicht zu ernst nehmen.“
Möglicherweise wurde ein Sieg der migrantischen Selbstbezeichnung Talahon durch eine verstärkte Stimmabgabe von linken Aktivisten in der letzten Abstimmungsrunde knapp verhindert. Diese befürchten, dass sich der Ausdruck zu einem Schimpfwort für die von ihnen paternalistisch betreuten Migranten entwickeln könnte.
Soziologen kritisieren auch die Talahons selbst. So sei ihr vom Islam geprägtes konservatives Frauenbild rückständig und misogyn. Aussagen wie „Twerking ist die einzige Frauenbewegung, die ich respektiere“ (Farid Bang) sind allerdings oft mehr provokative Pose als Überzeugung.
Einer der bekanntesten TikTok-Talahons, Mahmoud aus Düsseldorf, beschwichtigt gegenüber dem WDR die Bedenkenträger: „Man darf das nicht zu ernst nehmen.“
Der neue, innovative, kreative und witzige Begriff füllt eine Lücke und hat sich wohl auch deshalb rasend schnell etabliert. Er hätte eine Wahl zum Jugendwort verdient und verdeutlicht auch den großen und weiter zunehmenden Einfluss der arabischen Sprache auf die Jugendkultur.
In zehn Jahren wird sich niemand mehr an Aura und Schere erinnern – sehr wohl aber an Talahon.
Schere
Schere oder die Schere heben stammt aus der Gaming-Welt und drückt ein Schuldeingeständnis oder Bekenntnis aus. Beispiel: „Gestern Fortnite gespielt, aber musste die Schere heben.“

Online-Abstimmung
An der Abstimmung teilnehmen durfte jeder, gewertet wurden jedoch nur die Einreichungen der Zielgruppe im Alter zwischen 11 und 20 Jahren gemäßt Selbstauskunft. Eine mehrfache Stimmabgabe wurde durch Cookies verhindert. Ein Gremium des Verlags PONS Langenscheidt prüfte, ob vorab definierte und bekanntgegebene Kriterien eingehalten wurden.
Ausgeschlossen wurden demnach Begriffe, die im Rahmen einer gezielten Kampagne eingereicht wurden, Wörter, die nicht repräsentativ für die Jugend in Deutschland stehen sowie Wörter mit beleidigendem Bezug jeder Art.
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Langenscheidt, rs