Wie geht es weiter in Sachen GDolmG? ADÜ Nord gibt Hoffnung nicht auf

Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG)
Das erstmals bundesweit einheitliche Gerichtsdolmetschergesetz ist gut gedacht, aber schlecht gemacht. Es wurde hektisch zusammengeschustert und weist zahlreiche Schwachstellen auf. - Bild: UEPO

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss, die Verfassungsbeschwerden gegen das Gerichtsdolmetschergesetz nicht zur Entscheidung anzunehmen.

Die Pressemitteilung kam für den ADÜ Nord genauso überraschend wie für die übrige Fachöffentlichkeit. Der Verband und dessen Verfahrensbevollmächtigter Rechtsanwalt Stefan von Raumer waren vom Gericht nicht vorab darüber informiert worden, dass bereits im November ein ablehnender Beschluss getroffen worden war.

Der Verband will nun nach den Feiertagen Anfang Januar in einem Newsletter ausführlicher dazu Stellung nehmen und eine weitere Online-Sitzung durchführen. „Darin sollen der Ausgang des Verfahrens und Inhalt des Nichtannahmebeschlusses erörtert und über das weitere Vorgehen gesprochen werden“, wie der Verbandsvorsitzende Jörg Schmidt in einem per E-Mail verbreiteten Rundbrief schreibt.

„Herbe Enttäuschung und Niederlage“

Jörg Schmidt
Der Hamburger Jörg Schmidt ist 1. Vorsitzender des ADÜ Nord. – Bild: ADÜ Nord

Darin heißt es:

Sicherlich ist die Nichtannahme der Beschwerde gefühlt eine herbe Enttäuschung und Niederlage. Wir wussten allerdings von Anfang an, dass die Zulässigkeitshürden für Verfassungsbeschwerden sehr hoch sind. Aus meiner Sicht war es daher kein Fehler, diesen Weg zu versuchen, im Gegenteil war allein das bisherige rechtliche Vorgehen ein starkes berufspolitisches Signal an die Beeidigungsstellen der Länder und an die sonst für das GDolmG Verantwortlichen.

Über die Verfassungskonformität des GDolmG ist durch den Nichtannahmebeschluss auch noch gar nicht entschieden worden, das heißt der Rechtsweg steht uns auf anderer Ebene weiterhin offen.

Eine Kernbotschaft des Nichtannahmebeschlusses des BVerfG lautet gerade, dass die Beeidigten bitteschön zunächst vor den Fachgerichten, den Verwaltungsgerichten, klagen mögen. Das BVerfG singt hier wie auch in anderen Fällen das Hohelied der Subsidiarität von Verfassungsbeschwerden.

Von Klageverfahren vor Verwaltungsgerichten aus kann es dann ggf. zu einer Richtervorlage des GDolmG nach Art. 100 GG an das BVerfG kommen. Das GDolmG landet also u. U. doch noch in Karlsruhe, dann allerdings auf einem anderen Weg.

„Gerichtsbeschluss als Anleitung für weiteres juristisches Vorgehen nutzen“

Trotz der „verlorenen“ Gesetzes-Verfassungsbeschwerde stehen wir keinesfalls blank da. Wir halten nicht nur die verfassungsrechtliche Argumentation insbesondere zu materiell-rechtlichen Fragen aus der Beschwerdeschrift von Herrn von Raumer in Händen, sondern wir haben nun auch den Inhalt des Nichtannahmebeschlusses. Darin finden sich viele konkrete und hilfreiche Hinweise zur Einschätzung der Rechtslage, d. h. wir können den Nichtannahmebeschluss als eine Art Anleitung für ein weiteres juristisches Vorgehen nutzen.

Sehr interessant ist zum Beispiel, dass sich das BVerfG detaillierter mit der Frage einer verfassungskonformen Auslegung des GDolmG befasst hat, die dazu führen könnte, dass in das GDolmG eine Art Bestandsschutz für Altbeeidigte hineinzulesen wäre. Allein dies ist ein sehr großer Hoffnungsschimmer. Hier sind sehr viele Detailfragen offen, die zu einer konkreten Klärung im Einzelfall mit den Beeidigungsstellen im Verwaltungsverfahren und ggf. zu einer späteren gerichtlichen Klärung vor den Verwaltungsgerichten einladen.

„Juristische Klärung fängt jetzt erst richtig an“

Auch die Frage der formellen Verfassungswidrigkeit des GDolmG wegen etwa fehlender Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und die Problematik hierdurch verursachter, nicht zu rechtfertigender Eingriffe in die Berufsfreiheit stehen weiterhin im Raum. In gewisser Weise kann also durchaus gesagt werden, dass die juristische Klärung jetzt erst richtig anfängt.

Der Verband will die Begründung des BVerfG „sorgfältig analysieren, die richtigen Schlussfolgerungen ziehen und daraus eine neue Strategie ableiten“. Schmidt zeigt sich nach wie vor optimistisch, dass letztendlich eine verfassungsgerichtliche Klärung in Bezug auf das GDolmG herbeigeführt werden kann. Zuvor seien bei Einzelklagen vor den Verwaltungsgerichten „Erfolge in individuellen Beeidigungssachen durchaus zu erzielen“.

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Richard Schneider