Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verfügt über 5.960 freiberuflich tätige Sprachmittler

Hans-Eckhard Sommer
Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verfügt in seinem „Sprachmittelnden-Pool“ über 5.960 freiberuflich für das Amt tätige Dolmetscher, die „allesamt in Präsenz zur Verfügung“ stehen. Von diesen können 5.891 auch per Video deutschlandweit für Dolmetscheinsätze zugeschaltet werden.

Das geht aus der Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.

Gemessen an der Zahl der Sprachmittler, die auf Abruf für Dolmetscheinsätze zur Verfügung stehen, betreibt damit das BAMF – und nicht die EU – den größten Dolmetschdienst der Welt.

Nachfolgend die Antwort im Wortlaut:

*

Deutscher Bundestag, 20. Wahlperiode, Drucksache 20/14207, 10.12.2024

Antwort der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Gruppe Die Linke (Drucksache – 20/13563)

Fragen zum Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Vorbemerkung der Fragesteller

Im Mittelpunkt des Asylverfahrens steht die mündliche Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Angaben, die die Asylsuchenden dort zu ihren Asylgründen machen und das darauf basierende Protokoll bilden die Grundlage dafür, wie über ihren Asylantrag entschieden wird. Da die allermeisten Asylsuchenden zum Zeitpunkt der Anhörung (noch) über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, müssen ihre Angaben übersetzt bzw. gedolmetscht werden. Die Tätigkeit der Dolmetscherinnen und Dolmetscher im BAMF ist daher von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung eines fairen und transparenten Verfahrens.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an schlechter Bezahlung, fehlenden Qualifikationen sowie Verletzungen der Neutralitätspflicht durch Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die beim BAMF eingesetzt sind (www.proasyl.de/pressemitteilung/schlecht-bezahlt-keine-fortbildung-keine-kontrolle-dolmetscher-beim-bamf/, www.sueddeutsche.de/politik/asyl-warum-2100-dolmetscher-nicht-mehr-fuer-das-bamf-arbeiten-duerfen-1.3954387). Mit dieser Kleinen Anfrage erkundigen sich die Fragestellenden nach der aktuellen (Beschäftigungs-)Situation der Dolmetscherinnen und Dolmetscher beim BAMF.

1. Wie viele Dolmetscherinnen und Dolmetscher für welche Sprachenstehen dem BAMF aktuell als Präsenzdolmetscherinnen und Präsenzdolmetscher zu Verfügung (bitte nach Sprachen sowie nach BAMF-Außenstellen aufschlüsseln)?

Der Sprachmittelnden-Pool des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) umfasst zum Stand 7. November 2024 insgesamt 5.960 freiberufliche sprachmittelnde Personen. Diese stehen allesamt als Sprachmittelnde in Präsenz zur Verfügung.

Eine Aufgliederung nach BAMF-Außenstellen kann nicht erfolgen, da die Sprachmittelnden nicht den Außenstellen zugeordnet sind und grundsätzlich Einsätze in allen Außenstellen wahrnehmen.

Im Übrigen wird auf die Tabelle in Anlage 1* verwiesen.

2. Wie viele Videodolmetscherinnen und Videodolmetscher stehen dem BAMF aktuell zur Verfügung (bitte wie zu Frage 1 aufschlüsseln), und in wie vielen Fällen wurden seit 2018 Anhörungen durchgeführt, in denen Videotechnik eingesetzt wurde (bitte nach Jahren, Sprachen und Außenstellen aufschlüsseln)?

Von der in der Antwort zu Frage 1 genannten Gesamtzahl von 5.960 Sprachmittelnden stehen 5.891 Sprachmittelnde deutschlandweit für Videosprachmittlung zur Verfügung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Die Angaben zur Gesamtzahl der Anhörungen mit Videotechnik können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Die Angaben für 2024 umfassen den Zeitraum 1. Januar 2024 bis 10. November 2024. Im Übrigen wird auf die Tabellen in Anlage 2* verwiesen.

Anzahl der Anhörungen mit Videotechnik nach Jahren Anzahl
2018 474
2019 333
2020 248
2021 930
2022 973
2023 1.356
2024 502
Summe 4.816

a) In welchen Konstellationen ist der Einsatz von Videodolmetschern vorgesehen?

Das Videoübersetzen ermöglicht den flexibleren Einsatz der Kapazitäten der Sprachmittelnden. Ein Sprachmittlungseinsatz per Videotechnik ist insbesondere dann begründet, wenn lokale Sprachmittlungsengpässe bestehen oder für Sprachen, für die dem BAMF bundesweit nur wenige Sprachmittelnde zur Verfügung stehen. In diesen Fällen wird durch das Videoübersetzen ein effizienterer Einsatz der Sprachmittelnden und dadurch eine Beschleunigung des Verfahrens erreicht.

b) Wie wird beim Einsatz von Videodolmetscherinnen und Videodolmetschern die Vertraulichkeit des Gesprächs und die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben sichergestellt?

Die Bild- und Tonübertragung erfolgt über das gesicherte Datennetz des Bundes. Die Einsätze der videoübersetzenden Personen finden ausschließlich in Räumlichkeiten von Dienststellen des BAMF statt.

3. Gibt es Sprachen, bei denen Kapazitätsprobleme bezüglich der Verdolmetschung bestehen, wenn ja, welche sind dies, und was unternimmt die Bundesregierung ggf., um diesen Problemen zu begegnen?

Für Somali, Rundi und Rwanda bestehen derzeit Kapazitätsprobleme.

Zur Erhöhung der Sprachmittlung für die gesuchten Sprachen führt das BAMF unterschiedliche Werbemaßnahmen durch. Dazu gehören u. a.

  • Interessensabfragen bei aktiven Dolmetschenden und Dolmetschbüros,
  • die Ansprache von Kultur- und sonstigen Vereinen von Personen mit Migrationshintergrund,
  • Werbung auf der BAMF-Homepage,
  • gezielte Plakatwerbung an geeigneten Bildungs- und öffentlichen Einrichtungen,
  • Fachvorträge an Bildungseinrichtungen und Hochschulen, die Sprachmittelnde ausbilden.

4. Ist es nach wie vor zutreffend, dass Dolmetscherinnen und Dolmetscher ausschließlich über freiberufliche Auftragsvergabe eingesetzt werden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8509), und wenn ja, warum werden Dolmetscherinnen und Dolmetscher nicht fest angestellt?

Die Bedarfe an Sprachmittelnden richten sich nach Anzahl und Herkunftsland der zu bearbeitenden Antragstellenden. Diese sind in zeitlicher Hinsicht und in Bezug auf das Herkunftsland schwankend. Um die hierfür erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, sind die Sprachmittelnden beim BAMF ausschließlich freiberuflich tätig.

BAMF Nürnberg
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beschäftigt zurzeit mehr Dolmetscher als alle EU-Institutionen zusammengenommen – wenn auch auf einem anderen (deutlich niedrigeren) Niveau und mit hoher Fluktuation. Das Bild zeigt den Hauptsitz in Nürnberg. – Bild: BAMF

5. Wie ist die Vergütung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher durch das BAMF geregelt, und welche näheren Angaben kann die Bundesregierung zur ungefähren Höhe des „attraktiven Stundenhonorars“ machen, von dem auf der Website des BAMF die Rede ist (www.bamf.de/DE/Karriere/Taetigkeiten/Sprachmittlung/sprachmittlung-node.html), auch im Vergleich zu den üblichen Honorarsätzen für Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetscher?

Das Honorar wird individuell und auf Initiative der freiberuflichen Sprachmittelnden hin verhandelt. Dabei wird die individuelle Qualifikation der Sprachmittelnden berücksichtigt.

6. Über welche fachlichen Voraussetzungen müssen Dolmetscherinnen und Dolmetscher beim BAMF verfügen (Studium, staatliche Prüfung, IHK-Prüfung [IHK = Industrie- und Handelskammer]), wie sind diese nachzuweisen, werden die fachlichen Voraussetzungen und die Sprachkenntnisse vor der Beauftragung bzw. vor dem ersten Einsatz überprüft, und wenn ja, wie, und wenn nein, warum nicht?

Die Sprach- und Sprachmittlungskenntnisse sind durch Vorlage von Dokumenten, nachzuweisen. Als Nachweis der Fremdsprachen- und Sprachmittlungskenntnisse werden Urkunden und Zertifikate von Universitäten und Bildungseinrichtungen, Sprach(kurs)zertifikate, Schulabschlusszeugnisse, IHK-Prüfungszeugnisse, Beeidigungs- oder Ermächtigungsurkunden sowie aussagekräftige Arbeitszeugnisse anerkannt. Ebenfalls sind Kenntnisse der deutschen Sprache auf Niveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) nachzuweisen. Als Nachweis der Deutschkenntnisse werden einschlägige Zertifikate anerkannt: Goethe-Zertifikat, telc, DSH (Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang), TestDaF, UNIcert, DSD (Deutsches Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz), ÖSD (Österreichisches Sprachdiplom Deutsch).

7. Welche sonstigen (nichtfachlichen) Voraussetzungen gibt es?

Aufgrund der besonderen Bedeutung und Sicherheitsrelevanz der Sprachmittlung im Asylverfahren ist vor Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit eine Überprüfung der Eignung und Zuverlässigkeit erforderlich. Diese muss in zweijährigem Abstand wiederholt werden.

Im Rahmen einer Bewerbung müssen darüber hinaus eine Pass- oder Ausweiskopie, für Nicht-EU-Staatsangehörige ein gültiger Aufenthaltstitel mit Vermerk „Erwerbstätigkeit gestattet“ und eine erweiterte Meldebescheinigung mit früheren Anschriften und Ein- und Auszugsdaten vorgelegt werden. Daneben ist ein polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde beizubringen. Auch hier werden im zweijährigen Turnus aktuelle Fassungen angefordert.

8. Wie werden die Dolmetscherinnen und Dolmetscher auf ihre Einsätze vorbereitet, wie ist die „Online-Einführung zum Dolmetschen im Asylverfahren“ (vgl. BAMF-Website) inhaltlich aufgebaut, wie viele Stunden umfasst sie, und ist die Teilnahme verpflichtend?

Das erfolgreiche Absolvieren der Online-Video-Sensibilisierung inklusive Bestehen des Tests ist verpflichtend für eine Tätigkeit im Bereich der Sprachmittlung beim BAMF. Die Online-Video-Sensibilisierung behandelt die Themenbereiche Flucht und Asyl (materielles Asylrecht), Grundlagen der sprachmittelnden Berufe, einschlägige Kompetenzen im Übersetzen, psychosoziale Kompetenzen im Übersetzen sowie professionelle Techniken und Strategien im Übersetzen. Für die vollständige Bearbeitung im Selbststudium einschließlich des Tests ist eine Dauer von etwa drei Stunden nötig.

9. Gibt es eine spezifische Vorbereitung auf die Arbeit mit traumatisierten Menschen, Kriegsflüchtlingen, verfolgten Minderheiten und vulnerablen Personengruppen, wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

10. Gibt es besondere Anforderungen oder Schulungen für Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die in Verfahren tätig sind, die besonders sensible Themen wie Folter, sexuelle Gewalt oder Verfolgung aufgrund von Religion oder sexueller Orientierung betreffen, und wenn ja, welche?

Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet.

In den in der Antwort zu Frage 6 genannten „Standards für das Dolmetschen im Asylverfahren“ ist festgelegt, dass beim Übersetzen für vulnerable Personengruppen besondere Handlungsweisen erforderlich sein können. In der Broschüre „Hinweise für einen erfolgreichen Dolmetscheinsatz“ wird beispielhaft auf Vorträge in Bezug auf religionsbezogene Verfolgung (z. B. Konversion), geschlechtsspezifische Verfolgung oder in Zusammenhang mit sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität hingewiesen. Zur weiteren Vorbereitung stellt das BAMF die Broschüre „BAMF-Terminologie SOGI“ in zehn Sprachen bereit. Diese ist in Zusammenarbeit mit dem Verband Queere Vielfalt e. V. (kurz LSVD⁺) entstanden.

11. Was ist der Bundesregierung über das Problem bekannt, dass homophob bzw. queerfeindlich eingestellte Dolmetscherinnen und Dolmetscher die Angaben queerer Asylsuchender in der Anhörung bewusst falsch oder unzureichend übersetzen, die Betroffenen anfeinden oder einschüchtern, was zum Beispiel in einem älteren Beitrag im Deutschlandfunk thematisiert wurde (www.deutschlandfunk.de/ausgeliefert-homophobie-in-der-asyl-anhoerung-100.html), aber nach Kenntnis der Fragestellenden auch gegenwärtig weiter vorkommt, und was unternimmt die Bundesregierung, um queeren Asylsuchenden eine (möglichst) diskriminierungsfreie und faire Anhörung zu gewähren?

Zweifel an der Neutralität und der professionellen Distanz der Sprachmittelnden können von den verfahrensbeteiligten Personen im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gemeldet werden. Das BAMF nimmt entsprechende Hinweise sehr ernst und geht ihnen nach. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen.

12. Werden die Einsätze der Dolmetscherinnen und Dolmetscher evaluiert, finden mit den Dolmetscherinnen und Dolmetschern Auswertungsgespräche statt, wird die Qualität ihrer Arbeit fortlaufend kontrolliert, und wenn nein, warum nicht?

Im Rahmen der Qualitätssicherung in der Sprachmittlung werden Stichprobenkontrollen der Sprachmittlungsleistungen von dafür qualifiziertem Personal durchgeführt und den betroffenen Sprachmittelnden Feedbackgespräche auf freiwilliger Basis angeboten.

13. Werden Rückmeldungen von den betroffenen Asylsuchenden eingeholt, um die Qualität der Dolmetschleistungen zu überprüfen?

Antragstellende können ihre Rückmeldung oder Bedenken zu Sprachmittelnden direkt an die Außenstelle oder an das Service-Center des BAMF richten. Negative Rückmeldungen werden einer Beschwerdebearbeitung zugeführt und falls erforderlich entsprechende Maßnahmen eingeleitet.

14. Welche Maßnahmen ergreift das BAMF, wenn die Dolmetschleistungen durch Asylsuchende oder andere Personen als unzureichend bewertet werden?

Alle Rückmeldungen zur Qualität der Dolmetschleistung sowie zum professionellen Verhalten der Sprachmittelnden werden durch das BAMF bearbeitet und dokumentiert. Bei weniger schwerwiegenden Mängeln werden Sprachmittelnde auf die beobachteten Mängel hingewiesen und um Behebung gebeten. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Mängeln können nach Überprüfung des Sachverhalts folgende Maßnahmen getroffen werden:

  1. Ausschluss von bestimmten Einsatzarten (z. B. Anhörung),
  2. Ausschluss von bestimmten Sprachen,
  3. Unterbrechung der Zusammenarbeit mit der Möglichkeit einer späteren Reaktivierung,
  4. Beendigung der Zusammenarbeit ohne die Möglichkeit einer Wiederaufnahme.

15. Hat das BAMF in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern aufgrund fachlicher Mängel beendet, und wenn ja, in wie vielen Fällen (bitte jährlich für den Zeitraum seit 2018 aufschlüsseln und auch nach Sprachen differenzieren)?

Eine Differenzierung nach Sprachen sowie Aufschlüsselung nach Jahren ist aufgrund der vorhandenen Datenlage nicht möglich.

Insgesamt wurde im Zeitraum Mai 2017 bis dato die Zusammenarbeit mit ca. 1 950 Sprachmittelnden aufgrund fachlicher Mängel beendet. Die hohe Zahl lässt sich vor allem mit der seit Mai 2017 geltenden Vorgabe begründen, dass alle akkreditierten Sprachmittelnden einen Nachweis von Deutschkenntnissen auf dem GERS-Niveau C1 vorzulegen haben. Im Zeitraum Mai 2017 bis März 2019 wurde im Rahmen dieser Maßnahme die Zusammenarbeit mit allen Sprachmittelnden beendet, die diesen Nachweis nicht vorgelegt haben.

16. Hat das BAMF in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern aufgrund von Verletzungen des Verhaltenskodex beendet, wenn ja, worum ging es dabei konkret, und in wie vielen Fällen geschah dies (bitte jährlich für den Zeitraum seit 2018 aufschlüsseln und auch nach Sprachen differenzieren)?

17. Hat das BAMF in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern aufgrund von Verletzungen der Neutralitätspflicht beendet, wenn ja, was lag dem konkret zugrunde, und in wie vielen Fällen geschah dies (bitte jährlich für den Zeitraum seit 2018 aufschlüsseln und auch nach Sprachen differenzieren)?

Die Fragen 16 und 17 werden gemeinsam beantwortet.

Die für das BAMF tätigen Sprachmittelnden werden im Rahmen des Verhaltenskodex, welcher Bestandteil der in der Antwort zu Frage 6 genannten „Standards für das Dolmetschen im Asylverfahren“ ist, zur Allparteilichkeit und Neutralität verpflichtet. Aus diesem Grund wird die Verletzung der Neutralitätspflicht als Verstoß gegen den Verhaltenskodex gewertet.

Im Übrigen kann die Antwort der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

Beendigung der Zusammenarbeit mit Sprachmittelnden aufgrund von Verstößen gegen den Verhaltenskodex (aktuell: „Standards für das Dolmetschen im Asylverfahren“) Angaben in Personen
Sprache 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 bisher Summe
Albanisch 1 1
Arabisch 2 2 2 2 8
Dari 1 2 3
Farsi 2 1 3
Georgisch 1 1
Hindi 1 1
Kurmandschi 1 1 2
Mandinkakan 1 1
Paschto 2 1 3
Russisch 2 1 3
Serbokroatisch 1 1
Sorani 1 2
Tigrinya 1 1
Tschetschenisch 1 1
Türkisch 1 1 2
Urdu 1 1
Summe 13 2 1 7 0 7 4 34

18. Werden bei der Einteilung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher Faktoren, wie beispielsweise Volkszugehörigkeit, welche Einfluss auf die Wahrnehmung der Neutralität der Dolmetscher aus Sicht der Asylsuchenden haben können, berücksichtigt, und wenn sie nicht berücksichtigt werden, warum nicht?

Die Volks- oder Religionszugehörigkeit der Sprachmittelnden wird durch das BAMF nicht erfasst und bei der Anhörungsplanung nicht berücksichtigt.

Bei der Buchung von Sprachmittelnden können folgende Merkmale ausgewählt werden:

  1. Geschlecht (für Vorträge zu geschlechtsspezifischer Gewalt/Verfolgungsgeschichte oder auf Anfrage von Antragstellenden),
  2. Herkunftsland (wenn Antragstellende eine spezifische regionale Varietät der Sprache sprechen).

Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 16 und 17 verwiesen.

19. Inwiefern werden bei der Einteilung der Dolmetscherinnen und Dolmetscher spezifische, regionale Dialekte berücksichtigt, und wie wird damit umgegangen, wenn für einen Dialekt keine Verdolmetschung gefunden werden kann?

Bei der Antragstellung erklären Antragstellende, welcher Sprachen sie mächtig sind und in welcher Sprache sie bevorzugt angehört werden möchten. Bei der Anhörungsplanung wird dies berücksichtigt. Bei Sprachen, die große dialektale Unterschiede aufweisen, wird bei der Buchung von Sprachmittelnden zusätzlich das Kriterium des Herkunftslands verwendet, um Personen zu finden, welche die entsprechende dialektale Variante der Sprache beherrschen.

Am Anfang sowie ggf. im Laufe der persönlichen Anhörung werden Antragstellende gefragt, ob die Verständigung mit der sprachmittelnden Person gut funktioniert. Bei jeglichen Bedenken aufgrund von dialektalen Unterschieden besteht die Möglichkeit, die Anhörung zu unterbrechen und mit einem anderen Sprachmittelnden fortzusetzen.

Nach der Anhörung unterschreiben die Antragstellenden einen Kontrollbogen, in dem sie erklären, keine Verständigungsschwierigkeiten gehabt zu haben. Die Sprachmittelnden bestätigen dies mit ihrer Unterschrift ebenfalls.

20. In wie vielen Fällen mussten seit 2018 Anhörungen aufgrund von Verständigungsproblemen zwischen den Dolmetschenden und den Asylsuchenden verschoben werden (bitte nach Jahren und Sprachen differenzieren)?

21. In wie vielen Fällen seit 2018 mussten Anhörungen in einer Zweit- oder Drittsprache der Asylsuchenden durchgeführt werden, weil keine Dolmetscherin oder kein Dolmetscher für die Erstsprache verfügbar war (bitte nach Jahren und Sprachen differenzieren)?

Die Fragen 20 und 21 werden gemeinsam beantwortet.
Daten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor.

22. Inwiefern wird der Umstand, dass die Anhörung nicht in der Erstsprache stattfand bei der Beurteilung der Aussagen und der Entscheidung über das Asylgesuch berücksichtigt?

§ 17 Absatz 1 des Asylgesetzes (AsylG) sieht vor, dass im Bedarfsfall auch eine Sprache verwendet werden kann, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden und in der sich der Antragstellende verständigen kann.
Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Antragstellenden und der Glaubhaftigkeit des Vortrags kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.

23. Bietet das BAMF den Dolmetscherinnen und Dolmetschern Unterstützung (etwa Supervision) an, insbesondere hinsichtlich der Belastungen durch ihre Tätigkeit, wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

Das BAMF bietet keine Supervision im Sinne der Fragestellung an, da die Sprachmittelnden keine Beschäftigten des BAMF sind, damit kein Arbeitsverhältnis und somit auch keine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht besteht. Durch das BAMF werden den Sprachmittelnden vor Aufnahme ihrer freiberuflichen Tätigkeit Informationen zum Übersetzen im Asylbereich zur Verfügung gestellt und die Sprachmittelnden werden zusätzlich darauf hingewiesen, dass Einsätze im Asylverfahren emotional und psychisch belastend sein können. Daher empfiehlt das BAMF ferner, sich bei anhaltenden Belastungsanzeichen um professionelle Unterstützung (z. B. Beratung oder Supervision) zu bemühen und sich in Bezug auf den Umgang mit Belastung, Stress und Trauma fortzubilden.

24. Inwiefern werden Mitarbeiter des BAMF bezüglich der Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern geschult, und welche Angebote gibt es hierzu?

Sowohl Mitarbeitende des Asylverfahrenssekretariats im Bereich der Antragsannahme als auch Entscheidende werden im Rahmen ihrer Vorbereitung auf die Tätigkeit mit unterschiedlichen Schulungs- und Sensibilisierungseinheiten zur Zusammenarbeit mit Sprachmittelnden im Asylverfahren geschult. Die Schulungen sind interaktiv gestaltet, sollen die Sprachmittlungssituation erfahrbar machen und eine Sensibilisierung für alle Rollen im Asylverfahren ermöglichen, u. a. mit Rollenspielen und Gruppendiskussionen.

25. Welche Handlungsmöglichkeiten haben Mitarbeiter des BAMF, wenn sie Bedenken bezüglich der Qualifikation oder Neutralität einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers haben?

Mitarbeitende des BAMF können über verschiedene Wege Rückmeldung zu Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen geben (Online-Feedbackbogen, telefonisch oder schriftlich). Die Mitarbeitenden des BAMF können positive und negative Eindrücke sowie auch Hinweise zur Eignung bzw. Zuverlässigkeit einzelner Sprachmittelnder mitteilen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen.

Anlage 1 zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 20/13563

Sprache Anzahl Sprachmittlungskapazitäten*
ABINE 1
AFAR 2
AFRIKAANS 1
AKAN 3
AKWAPEM 3
ALBANISCH 93
ALGERISCH-ARABISCH 12
AMHARISCH 73
ANAGO 1
ANYI 1
ARABISCH 2.085
ARAMÄISCH 30
ARMENISCH 60
ASANTE 3
ASERBAIDSCHANISCH 116
ASSYRISCH 10
AZARI 3
AZERI 14
BAHAM 1
BAJUNI 1
BAMBARA 20
BAMILEKE 6
BAMUM 1
BANGANGTE 4
BANGWA 1
BASAA 2
BELUTSCHISCH 3
BENGALI 16
BERBERISCH 29
BIBLISCH-ARAMÄISCH 2
BILIN 3
BISA 1
BISLAMA 1
BOSNISCH 88
BRASILIANISCH 1
BRONG 2
BULGARISCH 22
BULU 1
BURMESISCH 6
CEBUANO 1
CEZIRI 1
CHALDEAN 1
CHESAREJISCH 3
CHINESISCH 50
DANDA 1
DÄNISCH 2
DARI 765
DELTA 1
DENDI 1
DEUTSCH 19
DYOLA 4
DYULA 13
EDO 9
ENGLISCH 1.134
EWE 16
FANTE 5
FARSI 4
FEFE 1
FEYLI 3
FINNISCH 1
FON-GBE 4
FRANZÖSISCH 495
FULA 39
GA 3
GANDA 3
GE 2
GEBÄRDENSPRACHE 18
GEORGISCH 109
GERMIYANI 1
GHOMALA 1
GRIECHISCH 16
GUJARATI 1
GUN-GBE 1
GURANI 7
HASSANI 1
HAUSSA 9
HAWRAMI 5
HEBRÄISCH 5
HINDI 122
IGBO 28
IKWERE 2
INDONESISCH 2
INGUSCHISCH 2
ISHAN 3
ISOKO 1
ITALIENISCH 76
ITSEKIRI 1
JAPANISCH 8
KAIYE 1
KAMBODSCHANISCH 2
KANNADA 1
KANTONESISCH 2
KASACHISCH 3
KATALANISCH 4
KELHORI 4
KIKUYU 7
KIRGISISCH 3
KISI 1
KISSI 1
KONGO 3
KONO 1
KOREANISCH 7
KOTOKO 1
KREOA 4
KREOE 80
KREOF 20
KRIO 2
KROATISCH 84
KUNAMA-BITAMA 1
KUNAMA-OST 1
KURDISCH-BADINANI 299
KURDISCH-KURMANDSCHI 717
KURDISCH-SORANI 214
KURDISCH-ZAZA 10
LAADI 1
LEGBO 1
LETTISCH 3
LINGALA 30
LITAUISCH 4
LUO 1
MAGHREBINISCH 43
MAHI 1
MALAGASY 1
MALAYALAM 1
MANDARIN 21
MANDINKAKAN 36
MAROKKANISCH-ARABISCH 24
MASANA 1
MAZEDONISCH 62
MINA 8
MINGRELISCH 3
MOLDAWISCH 6
MONGOLISCH 7
MONTENEGRINISCH 28
MORE 1
MULTANI 5
NANDI 1
NEPALI 4
NIEDERLÄNDISCH 14
NK 2
NORWEGISCH 3
NSO 1
NYALA 1
NYORO 1
OROMO 7
PANJABI 87
PASCHTO 223
PASHAI 1
PERSISCH/FARSI 814
POLNISCH 24
PORTUGIESISCH 36
PULAR 6
RIFBERBERISCH 3
ROHINGYA 1
ROMANI 11
RUMÄNISCH 22
RUNDI 7
RUSSISCH 696
RWANDA 6
SAHO 3
SCHILCHISCH 4
SCHWEDISCH 3
SERBISCH 105
SERBOKROATISCH 2
SERER 2
SHUGHNI 1
SINDHI 1
SINGHALESISCH 5
SLOWAKISCH 4
SLOWENISCH 3
SOGA 1
SOMALI 75
SONGHAI 2
SONINKE 4
SPANISCH 347
SUSU 20
SWAHILI 21
TADSCHIKISCH 45
TAGALOG 1
TAMAZIGHT 8
TAMIL 39
TATARISCH 1
TATISCH 1
TELUGU 1
TEMU 5
THAILÄNDISCH 2
TIBETISCH 2
TIGRE 8
TIGRINA 88
TSCHECHISCH 9
TSCHERKESSISCH 1
TSCHETSCHENISCH 16
TUKULOR 1
TÜRKISCH 937
TURKMENISCH 22
TWI 30
UIGURISCH 8
UKRAINISCH 164
UNGARISCH 4
URDU 202
URHOBO 1
USBEKISCH 15
VIETNAMESISCH 39
WEIßRUSSISCH 9
WOLOF 35
WU-YU 1
YAMBA 2
YORUBA 23
ZAGHAWA 1
ZERMA 4
Gesamt 11.782

* Hinweis: Die Gesamtzahl der verfügbaren Sprachmittlungskapazitäten nach Sprachen ist höher als die Anzahl der sprachmittelnden Personen, da viele Personen mehrere Sprachen anbieten können.

Anlage 2 zu Frage 2 der Kleinen Anfrage 20/13563

[Die Anlage 2 besteht aus zwei Tabellen, die wir hier nicht wiedergeben, weil wir sie für irrelevant halten:]

  1. Anzahl der Anhörungen mit Videotechnik nach Sprachen (2018 – 2024)
  2. Anzahl der Anhörungen mit Videotechnik nach Außenstellen (2018 – 2024)

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