Von den zahlreichen Aufsätzen Paul Kußmauls wurden für den Band Übersetzen – nicht leicht gemacht diejenigen ausgewählt, die in charakteristischer Weise seine wissenschaftliche Entwicklung aufzeigen. Die ersten beiden der in chronologischer Folge abgedruckten Aufsätze orientieren sich noch an textlinguistischen und kontrastiven Fragestellungen und behandeln vor allem Normen und Konventionen. In den darauf folgenden Aufsätzen spielt die Frage nach Ziel und Zweck (Funktion) einer Übersetzung eine zunehmend wichtige Rolle, wobei die kulturelle Einbettung ein zentraler Gesichtspunkt ist.
Durch seine Rezensionen von „Klassikern“ der Übersetzungswissenschaft lenkt Paul Kußmaul den Blick auf ähnliche Richtungen in dieser Wissenschaft. Seine Aufsätze begnügen sich nicht mit einer allgemeinen Beschreibung des funktionalen Rahmens, sondern gehen ins Detail der Übersetzungsarbeit, wobei linguistische Modelle, vor allem der Semantik, als theoretische Grundlage dienen. Besonders die kognitive Semantik ist dabei die Basis für die gegen Ende des Bandes thematisierten Verstehensprozesse, die zu kreativen Übersetzungen führen können.
Übersetzen, dies zeigt sich in allen Aufsätzen, wird nicht als mechanisierbarer Vorgang gesehen, sondern als Reflexionsprozess. Durch die Lektüre der Aufsätze wird das Übersetzen nicht leichter gemacht, aber die Chance besteht, dass es dadurch besser wird.
Aus dem Inhalt:
- Entwicklung miterlebt
- Die Bedeutung von Texttypen, Normentsprechungen und Normabweichungen für das Übersetzen
- Kommunikationskonventionen in Textsorten am Beispiel deutscher und englischer geisteswissenschaftlicher Abhandlungen. Ein Beitrag zur deutsch-englischen Übersetzungstechnik
- 1984 – endlich Kunst statt Kolportage
- Rezension Katharina Reiß / Hans J. Vermeer: Grundlegung einer allgemeinen Translationstheorie, (Linguistische Arbeiten 147), Tübingen: Max Niemeyer Verlag 1984
- Übersetzen als Entscheidungsprozess. Die Rolle der Fehleranalyse in der Übersetzungsdidaktik
- Wie viel Linguistik braucht ein Übersetzer?
- Übersetzen – aber nicht ins Blaue hinein
- Rezension Mary Snell-Hornby: Translation studies: an integrated approach, Amsterdam: John Benjamins 1988
- Die Rolle der Kultur in der Übersetzungswissenschaft und in der Übersetzerausbildung
- Empirische Grundlagen für eine Übersetzungsdidaktik: Kreativität im Übersetzungsprozess
- Zur Relevanz einiger Semantikmodelle für die Übersetzung
- Rezension Gideon Toury: Descriptive Translation Studies and beyond, Amsterdam: John Benjamins 1995
- Rezension Ulrich Kautz: Handbuch Didaktik des Übersetzens und Dolmetschens, München: Iudicium 2000
- Übersetzen, Verstehen und Kognitionslinguistik
- Rezension Don Kiraly: A Social Constructivist Approach to Translator Education: Empowerment from Theory to Practice, Manchester: St. Jerome Publishing 2000
Paul Kußmaul wurde 1939 in Stuttgart geboren. Von 1959 bis 1965 studierte er in Tübingen, Newcastle und München Anglistik und Germanistik. Er promovierte 1971 an der Universität Bristol über Bertolt Brecht und das englische Drama der Renaissance. Seitdem arbeitete er am Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft der Universität Mainz in Germersheim. Für den DAAD war er zwischen 1984 und 1997 als Dozent für Übersetzungswissenschaft an Universitäten in Jordanien, Indien, Indonesien, Thailand, China, Argentinien und in der Türkei tätig. Paul Kußmaul ist Gründungsmitglied der European Society for Translation Studies (EST) sowie Mitglied der Beiräte der im Stauffenburg-Verlag in Tübingen erscheinenden Studien zur Translation und der Zeitschrift für Translatologie – Universität Istanbul. Seit 2005 ist Paul Kußmaul pensioniert.
Paul Kußmaul (2009): Übersetzen – nicht leicht gemacht. Beiträge zur Translation. Berlin: Saxa. 174 Seiten, 31,90 Euro, ISBN 978-3-939060-23-9.
[Text: Saxa Verlag. Bild: Saxa Verlag.]