50 Jahre nach Fertigstellung des Deutschen Wörterbuchs

Das Deutsche Wörterbuch (DWB) ist das größte und umfassendste Wörterbuch aller deutschen Wörter seit dem 16. Jahrhundert mit ihren Bedeutungen und Belegstellen. Die Gebrüder Grimm stellten sich im Jahre 1838 der geradezu übermenschlichen Herausforderung, der bei weitem umfangreichsten Erfassung der deutschen Sprache. 123 Jahre nach Beginn der Arbeit und vor 50 Jahren, am 4. Januar 1961, erschien der 32. und letzte Band in Berlin.

Mithilfe des DWB sollte sich der einfache Bürger der nationalen Gemeinsamkeit in der deutschen Sprache vergewissern können. Dies verdeutlicht, dass Deutschland zu Beginn der Arbeit am Wörterbuch noch kein politisch vereinigtes Deutschland war, sondern es viele deutsche Kleinstaaten gab. Somit hatte die Bestandsaufnahme der Sprache eine patriotische Bedeutung.

Das wörterbuch ist kein sittenbuch, sondern ein wissenschaftliches, allen zwecken gerechtes unternehmen. selbst in der bibel gebricht es nicht an wörtern, die bei der feinen gesellschaft verpönt sind. wer an nackten bildseulen ein ärgernis nimmt oder an den nichts auslassenden wachspraeparaten der anatomie, gehe auch in diesem sal den misfälligen wörtern vorüber und betrachte die weit überwiegende mehrzahl der andern.
(Jacob Grimm: Vorwort 1. Band, S. XXXIV, Leipzig 1854)

Im Jahre 1854 veröffentlichten die „Gründungsväter“ der Deutschen Philologie bzw. Germanistik den ersten Band. Allerdings haben sie das ehrgeizige Arbeitsvorhaben nicht abschließen können, denn es stellte sich aufwändiger heraus als zuvor angenommen. Wilhelm Grimms Ehefrau Dorothea beschrieb die seit bereits 20 Jahren an dem Wörterbuch arbeitenden Brüder als „völlig verwörterbucht“ und sagte außerdem Folgendes: „Heraus müssen die Männer, sonst verschimmeln sie ganz, das Ackern geht vom Morgen bis in die Nacht, es ist mir oft ganz Angst dabei.“ Wilhelm Grimm, der die Beiträge zum Buchstaben D verfasste, starb im Dezember 1859. Jacob, der die Buchstaben A, B, C und E abschließen konnte, starb am 20. September 1863 bei der Bearbeitung des Artikels „Frucht“.

Sprachwissenschaftler führten nach dem Tod der Brüder Grimm das Wörterbuch fort. Anfang des vergangenen Jahrhunderts übernahm die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin die Weiterentwicklung des DWB. In Göttingen wurde eine Zentralsammelstelle zum Systematisieren der Belegstellen eingerichtet, 1930 dann eine feste Arbeitsstelle bei der Berliner Akademie. Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs wurde an dem Projekt nicht weitergearbeitet, anschließend jedoch wurde der Symbolcharakter des Wörterbuchs als nationales Kulturgut wieder deutlich. Nach insgesamt 123 Jahren kam der letzte Band heraus. Dieser umfasste 67.744 Textspalten sowie rund 320.000 Stichwörter.

Derzeit wird in Berlin und Göttingen an einer Neufassung des Deutschen Wörterbuchs gearbeitet. „Die Bedeutung des Wörterbuchs insgesamt ist beispielgebend für Europa. Es ist das erste große Nationalwörterbuch und war Vorbild für alle möglichen neuen Wörterbücher in Europa (…)“, so Christiane Unger, Leiterin der Arbeitsstelle an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Das Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften an der Universität Trier hat in Verbindung mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften die insgesamt 300 Millionen gedruckten Zeichen des Deutschen Wörterbuchs digitalisiert. Im Rahmen des Förderprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Retrospektive Digitalisierung von Bibliotheksbeständen“ wird seit dem 1. November 1998 an der Universität Trier ein Projekt zur Retrodigitalisierung des DWB gefördert. Die Universität Trier stellt eine Onlineausgabe zur Verfügung; das Online-Wörterbuch können Sie hier aufschlagen.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: dradio.de, 04.01.2011; wikipedia.de.]