Sprachenstreit im spanischen Senat

Es kommt vielen spanisch vor. Im spanischen Senat, der zweiten Kammer des Parlaments von Madrid, müssen sich die Abgeordneten nun Kopfhörer aufsetzen, um zu verstehen, was der Redner auf Katalanisch, Baskisch oder Galizisch
sagt – obwohl alle Anwesenden Spanisch sprechen können. Die Umsetzung war äußerst umstritten. Die Reaktionen vieler Personen war „Wie können es die Politiker wagen, Dolmetscher im Senat einzustellen, wenn doch alle Spanisch beherrschen?“. Die rechtsliberale Zeitung „El Mundo“ schrieb „Damit gibt Spanien in Zeiten der Krise ein denkbar schlechtes Bild ab.“ Die Sprachenvielfalt hat ihren Preis: 12.000 Euro kosten die sieben Dolmetscher – pro Sitzung. Ganz abgesehen von der Anschaffung unzähliger Kopfhörer sowie einiger Dolmetschkabinen. „So etwas gibt es in keinem normalen Land“, empört sich der PP-Parteichef und spanische Oppositionsführer Mariano Rajoy. Spanien mache sich damit in aller Welt lächerlich. Auf der anderen Seite betonte der sozialistische Justizminister Francisco Caamaño: „Die neue Regelung macht uns als Gesellschaft stärker.“ Sie sei ein Zeichen des demokratischen Zusammenlebens.

Die Abgeordneten aller Parteien mit Ausnahme der PP hatten entschieden, dass in bestimmten Plenarsitzungen, in denen Anträge gestellt, nicht aber Gesetzesvorlagen entworfen werden, der Gebrauch der regionalen Amtssprachen zulässig sei. Somit dürfen die Abgeordneten in diesen Fällen auf Katalanisch, Baskisch oder Galizisch debattieren. Gedolmetscht wird nur aus den regionalen Amtssprachen ins Spanische. Bislang war das nur in einzelnen Ausschüssen möglich. Schriftliche Mitteilung dürfen bereits seit dem Jahr 1994 in den Regionalsprachen verfasst werden.

Allerdings muss man beachten, dass die Regionalsprachen „cooficial“, d.h. „co-offiziell“ sind. Das bedeutet also, dass die Sprachen offiziell sind, aber auch, dass es weitere offizielle Sprachen gibt.
In der spanischen Verfassung Art. 3 heißt es:

(1) Kastilisch ist die offizielle Staatssprache. Alle Spanier haben die Pflicht, sie zu kennen, und das Recht, sie zu gebrauchen.
(2) Die anderen Sprachen Spaniens sind in den Autonomen Gemeinschaften und gemäß ihren jeweiligen Statuten ebenfalls Amtssprachen.
(3) Der Reichtum der unterschiedlichen sprachlichen Gegebenheiten Spaniens ist ein Kulturgut, das besonders zu achten und zu schützen ist.

Art.3 (1) ist sicherlich ein Grund, den hitzigen Sprachenstreit weiterzuführen, da alle Spanier die Pflicht haben, Spanisch zu kennen und somit auch zu sprechen. Demnach könnte man das Geld anderweitig investieren.
Dann kann man sich auch die Frage stellen, warum die Simultandolmetscher erst jetzt beschäftigt werden, wo doch die Verfassung des Königreiches Spanien seit dem 29. Dezember 1978 gilt.
Wenn man sich demgegenüber auf Art. 3 (3) stützt, kann man die Regionalsprachen im Senat damit begründen, dass sie Bestandteil kulturellen Erbes sind und unter besonderem Schutz stehen. Der Senat ist dafür wohl einer der geeignetsten Orte.

Einigen Quellen zufolge soll der eigentliche Grund dieser Maßnahme darin liegen, dass der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero für seine Minderheitsregierung insbesondere die Katalanen und Basken benötige. Das Zugeständnis für die Regionalsprachen sei neben direkten Geldzuteilungen sein bestes Überzeugungsargument.

[Text: Jessica Antosik. Quelle. www.elpais.com; www.verfassungen.eu; www.saz-aktuell.com. Bild: www.wikipedia.de.]